01.07.2020

Verwaltungsgerichte in Niedersachsen uneins zur Frage der Öffnung von Kinos

Während das VG Osnabrück (Beschl. vom 12.06.2020, Az. 3 B 43/20) Eilanträgen auf Öffnung von Kinos stattgab, wies das VG Braunschweig (Beschl. vom 12.06.2020, Az. 4 B 209/20) einen entsprechenden Antrag zurück.

Kino-Corona

Kinobetrieb mit Infektionsrisiken verbunden?

Die Betreiber mehrerer Kinos verlangten die Öffnung ihrer Kinos und legten hierzu ein Hygienekonzept vor. Das Land argumentierte, mit dem Betrieb sei anders als bei Zügen des ÖPNV oder Gaststätten ein erhöhtes Infektionsrisiko verbunden. Zudem sei es wegen der abgedunkelten Säle nicht zu kontrollieren, ob die Hygieneregeln eingehalten werden.

Verordnungsgeber muss Rechtseingriff fortlaufend prüfen

Das VG entschied, schränke der Verordnungsgeber die Grundrechte derart massiv ein, so hat er ständig zu prüfen, ob dies weiter erforderlich ist. Und: Eine ursprünglich zulässige Maßnahme kann durch Zeitablauf und tatsächliche Entwicklungen rechtswidrig werden, wenn der Verordnungsgeber dies unterlässt.

Kein sachlicher Grund für das ausnahmslose Verbot des Kinobetriebs

Zwischenzeitlich haben sich weite Teile des öffentlichen Lebens wieder der Normalität angenähert, weil Verkaufsstellen, Gaststätten, der ÖPNV und Fitnessstudios wieder geöffnet sind, fuhr das VG fort. Für solche Einrichtungen ist ein signifikant geringeres Infektionsrisiko als in Kinos weder ersichtlich noch belegt. Es fehlt daher ein sachlicher Grund für das ausnahmslose Verbot des Kinobetriebs. Das gilt zumindest dann, wenn ein Hygienekonzept vorhanden und eingehalten wird und der Zugang beschränkt wird. Die Kinos, so das VG Osnabrück, dürfen unter diesen Voraussetzungen öffnen und ein Drittel der Sitze belegen.

Anders das VG Braunschweig

Das VG Braunschweig kam zu einem gänzlich anderen Ergebnis. Die Betreiberin eines Kinos hatte einen Hygieneplan vorgelegt, der u.a. Maßnahmen zum Trennen von Besuchern, regelmäßige Reinigungen, Verringern der Anzahl der Sitzplätze und das fortlaufende Belüften der Säle vorsieht. Die Tickets sollten nur online verkauft werden und die Besucher eine Mund-Nasen-Bedeckung tragen.

Beim Öffnen von Kinos, so das VG, besteht auch unter Beachten von Hygieneplänen weiterhin die Gefahr der Verbreitung des Coronavirus. In den Kinosälen würde der Mindestabstand zwischen den Besuchern regelmäßig unterschritten, wenn diese die engen Durchgänge zwischen den Sitzreihen passieren. Gegenüber Verkaufsstellen, Gaststätten, dem ÖPNV und Fitnessstudios besteht daher keine Ungleichbehandlung.

Das Gericht wies die Anträge der Kinobetreiberin zurück und entschied, das Verbot des Betriebs von Kinos sei zum Schutz vor dem Coronavirus erforderlich.

Noch nicht rechtskräftig

Gegen beide Entscheidung ist das Rechtsmittel der Beschwerde beim OVG in Lüneburg zulässig.

Autor*in: Uwe Schmidt (Uwe Schmidt unterrichtete Ordnungsrecht, Verwaltungsrecht und Informationstechnik.)