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Haftet die Gemeinde für Baumschäden?

Unter der Grasnarbe suchte das OVG Münster (Beschl. vom 17.02.2025, Az. 11 A 827/22) die Antwort auf die Frage, ob die Gemeinde für das Anheben des Bodenbelags durch Baumwurzeln verantwortlich ist.

Angehobene Betonplatten

Die Eigentümerin eines Grundstücks klagte gegen die Gemeinde, weil die Rasenfläche vor ihrem Haus durch die Wurzeln eines Straßenbaums beschädigt wurde und die Platten im Eingangsbereich sowie in der Garagenauffahrt durch diese hochgehoben und teilweise gebrochen seien. Sie verlangte Schadensersatz.

Die Gemeinde bestritt einen Kausalzusammenhang zwischen den Wurzeln des Baums und den Schäden.

Folgenbeseitigungsanspruch

Das OVG Münster prüfte, ob die Voraussetzungen des öffentlich-rechtlichen Abwehr- und Folgenbeseitigungsanspruchs vorliegen. Dieser erfasst, so das Gericht, auch die Folgen schlicht hoheitlichen Handelns. Die Gemeinde ist daher grundsätzlich für einen auf einem Straßengrundstück gepflanzten Baum schadensersatzpflichtig. Es muss aber ein hoheitlicher Eingriff vorliegen, der ein subjektives Recht des Betroffenen verletzt. Für ihn muss dadurch ein rechtswidriger Zustand entstanden sein, der noch andauert und den er nicht dulden muss.

Duldungspflicht von Pflanzungen …

Die Duldungspflicht für Pflanzungen an Straßen ergibt sich aus den Straßengesetzen der Bundesländer (hier § 32 Abs. 3 Satz 1 StrWG NRW), führte das OVG weiter aus. Danach haben die Eigentümer und Besitzer von Grundstücken an öffentlichen Straßen die Einwirkungen von Pflanzungen im Bereich des Straßenkörpers und der Nebenanlagen und die Maßnahmen zu ihrer Erhaltung und Ergänzung zu dulden.

… aus der Sozialbindung des Eigentumsrechts

Die Richter zogen sich nun grüne Roben an und erläuterten, Bepflanzungen spielen unbestreitbar eine wesentliche Rolle für den Kampf gegen den Klimawandel und das Verbessern des Wohnumfelds. Aus Art. 14 Abs. 2 Satz 2 GG ergibt sich für die Kommunen das Gebot, nicht nur die Interessen der betroffenen Anlieger, sondern auch die der Allgemeinheit wahrzunehmen. Der Erhalt von Straßenbäumen ist wichtig, weil Bäume beim Wachstum Kohlendioxid binden, dem Klimawandel entgegenwirken und durch ihre Beschattung die Lufttemperatur senken und Oberflächen kühlen.

Sind sie kausal für die Schäden?

Um die Frage der Kausalität beantworten zu können, beauftragte das OVG einen Sachverständigen. Dieser öffnete den Plattenbelag und fand dort eine etwa kinderarmdicke Wurzel, die von der Straße in Richtung Garage verlief, sowie eine weitere ähnlich dicke Wurzel entlang des Randsteins. Der vorgefundene Unterbau der Platten sei völlig unzureichend, befand danach der Gutachter. Der Bodenbelag sei rund 45 bis 46 Jahre alt und altersbedingt verschlissen.

Daraus zog der Sachverständige den Schluss, die erheblichen Aufwölbungen und das Auseinandergehen der Fugen haben ihre Ursachen in dem Zusammenwirken von unzureichender Bauausführung, Wurzelwerk und Verschleiß.

Ergebnis

Die Pflicht zum Dulden der Einwirkungen von Straßenbäumen endet erst in besonderen Ausnahmesituationen. Dies ist der Fall, wenn die Bepflanzung im Laufe der Zeit aufgrund natürlichen Wuchses einen Umfang erreicht hat, der entweder zu ernsthaften, nicht anderweitig behebbaren Schäden an privaten Nachbargrundstücken führt oder die Nutzung dieser Grundstücke in einem unter keinem vernünftigen Gesichtspunkt mehr zumutbaren Maße beeinträchtigt.

Diese Grenzen sah das OVG als nicht überschritten an, weil die Schäden nicht allein auf die Baumwurzeln, sondern auch auf Umstände zurückzuführen sind, die von der Eigentümerin zu vertreten sind. Die Klage wurde daher abgewiesen.

Autor*in: Uwe Schmidt (Uwe Schmidt unterrichtete Ordnungsrecht, Verwaltungsrecht und Informationstechnik.)

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