08.03.2010

Gericht bleibt hart: Erzwingungshaft auch bei Zahlungsunfähigkeit des Fahrers

Ein Autofahrer sollte eine restliche Geldbuße in Höhe von 37,98 € zahlen. Dies tat er nicht, daher wurde Erzwingungshaft angeordnet. Daraufhin sandte der Autofahrer eine E-Mail an die Behörde und berief sich auf Zahlungsunfähigkeit. Doch das Gericht blieb hart und schickte den Autofahrer für einen Tag in Haft (LG Lüneburg, Beschluss vom 05.06.2009, Az. 26 Qs 112/09).

Bilder Akten

Der Autofahrer wandte sich per E-Mail gegen einen Beschluss des Amtsgerichts wegen Zahlung einer restlichen Geldbuße (37,98 €). Darin war aufgrund einer Verkehrsordnungswidrigkeit eine Erzwingungshaft von einem Tag angeordnet worden. Er begründete dies mit Zahlungsunfähigkeit.

Das Amtsgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen, da ein wirksames, unterschriebenes Rechtsmittel nicht eingegangen sei. So sah es auch das Landgericht.

Entscheidungsgründe

  • Die Beschwerde ist zulässig. Eine vorgeschriebene Schriftform setzt nicht voraus, dass diese eigenhändig geschrieben und unterschrieben ist, solange der Urheber der Erklärung und sein Wille, sofortige Beschwerde einzulegen, zweifelsfrei feststehen.
  • Die Beschwerde hat jedoch keinen Erfolg. Das Gericht kann auf Antrag der Vollstreckungsbehörde (häufig auch die Gemeinde-/Stadtkassen) im Fall der Nichtbezahlung einer rechtskräftig verhängten Geldbuße gegen den zuvor belehrten Betroffenen die Erzwingungshaft anordnen, wenn dieser seine Zahlungsunfähigkeit nicht dargetan hat.
  • Nach § 96 Abs. 1 Nr. 2 und 4, Abs. 2 OWiG ist zwar im Rahmen der Anordnung von Erzwingungshaft die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Betroffenen zu überprüfen.
  • Zahlungsunfähigkeit liegt jedoch in diesem Sinne erst dann vor, wenn der Betroffene auch bei Ausschöpfung aller zumutbaren Möglichkeiten nicht in der Lage ist, die Geldbuße zu bezahlen. Also gilt auch bei Sozialbedürftigkeit/Arbeitslosengeld diese Grundlage.
  • Das Beziehen von Sozialhilfe und/oder die Tatsache, dass kein pfändbares Einkommen zur Verfügung steht, bewirken/bewirkt keinen generellen Schutz gegenüber der Vollstreckung einer Maßnahme im Wege der Erzwingungshaft. Dies sind keine Gründe der Zahlungsunfähigkeit. Sozialhilfebedürftigkeit und die Schuldnerschutzvorschriften der ZPO sind nicht ohne Weiteres mit Zahlungsunfähigkeit im Sinne des OWiG gleichzusetzen.
  • Widrigenfalls wäre diesem Personenkreis die sanktionslose Begehung von Ordnungswidrigkeiten möglich, was geltendem Recht widerspräche. Dies würde auch für den Fall gelten, dass der Betroffene die eidesstattliche Versicherung abgegeben hätte (so auch LG Arnsberg, LG Münster).
  • Diese Maßstäbe gelten umso mehr, wenn es sich um eine Zahlungsunfähigkeit augrund von geringen Beträgen handelt.

Hinweise

Diese Maßstäbe gelten umso mehr, wenn z.B. der (arme) Betroffene einen Internetzugang hat oder Eigentümer eines Fahrzeugs ist. Dann muss eben der Betroffene seinen Lebensstandard einschränken. Ein Internetzugang ist nicht unbedingt erforderlich, ein Kraftfahrzeug ist nur unter nachgewiesenen Erfordernissen bei derartigen Verhältnissen erforderlich.

Es wäre auch praktisch nicht einsehbar, dass ein Bedürftiger nach dem SGB z.B. ein Auto fährt, aber ohne „Bestrafung“ jeglicher Bestrafung entgeht. Hier empfiehlt es sich sogar, wenn der Betroffene ein Fahrzeug besitzt, die entsprechenden Träger zu informieren.

Es ist sehr schön, dass die Rechtsprechung zu diesem Thema sehr restriktiv ist.

Autor*in: WEKA Redaktion