07.02.2020

Erteilte Gestattungen für Gaststättenbetrieb rechtswidrig

Das BVerwG hat entschieden, dass die Gestattungen des Betriebs einer Gaststätte in Berlin im Jahr 2014 rechtswidrig waren (BVerwG, Urteil vom 12.12.2019, Az. 8 C 3.19).

Gestattungen Gaststättenbetrieb rechtswidrig

Nachbar klagt gegen Schankstand

Die zuständige Behörde gestattete Gastwirten auf einem bestimmten Platz als Schankstand den Flaschenverkauf ohne Ruhetage von Mai bis September 2014 von 15:00 Uhr bis 22:00 Uhr. Eine Lärmprognose des Beklagten ging von 400 Gästen auf dem Platz und 200 weiteren Gästen aus, die am Schankstand erworbene Getränke im gärtnerisch gestalteten mittleren Teil des Platzes konsumierten. Die Widersprüche des in der Nachbarschaft wohnenden Klägers wurden zurückgewiesen oder blieben unbeschieden.

Vorinstanzen geben Klage nicht statt

Seine Klage auf Feststellung, dass die inzwischen abgelaufenen Gestattungen für den Gaststättenbetrieb rechtswidrig gewesen seien, hatten in erster und zweiter Instanz keinen Erfolg. Das OVG hatte die Klage für teilweise unzulässig und im Übrigen für unbegründet gehalten. Der Betrieb lasse bis zur täglichen Schließzeit um 22:00 Uhr keine für den Kläger unzumutbare Lärmbelastung erwarten. Lärm von Gästen, die anschließend auf dem Mittelteil des Platzes verblieben oder sich um 22:00 Uhr dorthin begäben, sei dem Betrieb nicht zuzurechnen.

Revision des Klägers beim BVerwG erfolgreich: Gaststättenbetrieb war rechtswidrig

Nach Auffassung des BVerwG ist die Feststellungsklage insgesamt zulässig und begründet. Das Berufungsgericht habe die Gestattungen zu Unrecht für rechtmäßig gehalten. Es hätte sich nicht darauf beschränken dürfen, die Lärmprognose zu kontrollieren, sondern hätte die Rechtsgrundlage der Gestattungen vollständig prüfen müssen. Danach hätte der Gaststättenbetrieb nicht ohne besonderen, über die Bewirtung hinausgehenden Anlass und nicht über mehrere Monate gestattet werden dürfen.

OVG-Entscheidung hinsichtlich Lärmbeeinträchtigungen auch fehlerhaft

Außerdem habe das OVG die Gefahr unzumutbarer Lärmbeeinträchtigung fehlerhaft verneint. Zwar habe es die vom Beklagten zur Lärmprognose verwendete Methode ohne Rechtsverstoß für geeignet gehalten. Es habe deren Ergebnis jedoch nicht aufgrund eigener, der Methode widersprechender Annahmen und durch Abzug von Einzelpositionen korrigieren dürfen. Außerdem habe es Geräusche, die nach Betriebsschluss der Gaststätte um 22:00 Uhr noch von deren im mittleren Teil des Platzes verbleibenden Gästen ausgehen, zu Unrecht nicht dem Betrieb der Gaststätte zugerechnet. Diese Lärmbelastung sei – wie schon die Nutzung des Mittelteils des Platzes durch Gäste zur Tagzeit – absehbare Folge des Verkaufs von Weinflaschen zum Konsum an Ort und Stelle. Die Herkömmlichkeit des Ausschanks hätte das Berufungsgericht nicht ohne Rücksicht auf die zunehmende zeitliche Ausdehnung und den vorgetragenen jährlichen Anstieg der Gästezahl bejahen dürfen. In die Gesamtabwägung hätte es neben den für die Zumutbarkeit der Lärmbelastung sprechenden Gesichtspunkten auch gegenteilige einstellen müssen, darunter insbesondere den monatelangen Dauerbetrieb.

Vorinstanzen

Quelle: Pressemitteilung des BVerwG

Autor*in: Georg Huttner (Oberamtsrat a.D. Georg Huttner ist Autor für die Titel Ordnungsamts- und Gewerbeamtspraxis.)