05.03.2021

Tödlicher Beißvorfall: Artgerechte Verteidigung von Hunden?

Nach einem tödlichen Beißvorfall stufte eine Ordnungsbehörde den beißenden Hund als gefährlich ein. Der Halter wehrte sich juristisch vor dem Oberverwaltungsgericht Koblenz (Beschluss vom 25.01.2021, Az. 7 B 11527/20.OVG).

Beißvorfall artgerechte Verteidigung

Plötzlicher Beißvorfall

Der Hund „A.“ einer Halterin hatte einen Yorkshireterrier mit dem Namen „Z.“ gebissen und hierdurch tödlich verletzt. Der Geschehensablauf bis zum tödlichen Biss blieb aber unklar. Die Zeugin B. gab in ihrer Sachverhaltsschilderung gegenüber der Ordnungsbehörde an: Nachdem sich der Klettverschluss des Haltegeschirrs von „Z.“ gelöst habe, sei dieser kläffend in Richtung des mit einem Maschendrahtzaun versehenen Grundstücks der Halterin gerannt, auf dem sich „A.“ aufgehalten habe. Dieser habe daraufhin einen Satz nach vorne gemacht, seine Schnauze durch eine große Zaunmasche geschoben, „Z.“ ergriffen, ihn zubeißend auf das Grundstück der Halterin gezogen und tödlich verletzt. Die Halterin von „A.“ hingegen gab an, der Yorkshireterrier „Z.“ habe ihren Hund provoziert und dieser hätte sich nur verteidigt.

Die Ordnungsbehörde stufte „A.“ als gefährlich ein. Die Halterin von „A.“ klagte sich durch die Instanzen.

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Was sagt das LHundeG?

Nach den Landeshundegesetzen (hier § 1 Abs. 1 Nr. 1 LHundeG Rheinland-Pfalz) gilt ein Hund als gefährlich, wenn er sich als bissig erwiesen hat. Dies ist grundsätzlich bereits dann anzunehmen, wenn der Hund eine Person oder ein Tier durch einen Biss verletzt und es sich hierbei nicht ausschließlich um eine Reaktion auf einen Angriff oder ein bewusst herausgefordertes Verhalten handelt. Bei der Beurteilung des Beißvorfalls ist der gesamte Geschehensablauf einschließlich der Begleitumstände zu würdigen.

Einstufung als „gefährlich“ erfolgte zu Recht

Unabhängig von der unklaren Sachlage hat die Ordnungsbehörde den Hund „A.“ zu Recht aufgrund des Beißvorfalls als gefährlich eingestuft, entschied das Oberverwaltungsgericht. Selbst wenn man davon ausgeht, dass sich „Z.“ Zugang zum Grundstück der Halterin verschafft und „A.“ in die Schnauze gebissen habe, kann der tödliche Biss durch „A.“ nicht mehr als artgerechtes Verteidigungs- oder Abwehrverhalten angesehen werden. Die Tötung des Hundes „Z.“ durch „A.“ ist als deutlich überzogene Reaktion einzustufen.

Ist der Ordnungsbehörde ein Ermessensfehler unterlaufen?

Das LHundeG (hier § 1 Abs. 1 Nr. 1) räumt der Behörde bei der Feststellung der Gefährlichkeit eines Hundes kein Ermessen sein. Dieses Ergebnis ändert sich auch nicht wegen der Befugnis der Ordnungsbehörde, die notwendigen Anordnungen zu treffen, um eine im Einzelfall bestehende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung abzuwehren (hier § 7 Abs. 1 Satz 1 LHundeG). Diese Befugnis knüpft für die Anordnung konkreter Maßnahmen im Einzelfall nicht zwingend an eine vorausgehende ausdrückliche Feststellung der Gefährlichkeit eines Hundes an, aber sie ermöglicht der zuständigen Behörde gleichwohl eine solche.

Ergebnis

Das Oberverwaltungsgericht bestätigte die Entscheidung der Ordnungsbehörde.

Der Beschluss können Sie hier abrufen.

Autor*in: Uwe Schmidt (Uwe Schmidt unterrichtete Ordnungsrecht, Verwaltungsrecht und Informationstechnik.)