16.09.2015

Plastinate: KÖRPERWELTEN–Ausstellung ist genehmigungsfrei

Die KÖRPERWELTEN-Ausstellungen von Gunther von Hagen sind bekannt. Sie zeigen präparierte Körper von Verstorbenen, sogenannte „Plastinate“, in verschiedensten Posen und eröffnen den Blick aufs Körperinnere. Die Ausstellungen beschäftigen auch Verwaltungspraxis und -gerichtsbarkeit, da Tote normalerweise pietätvoll in Würde bestattet werden sollen. Außerdem gib es im Berliner Bestattungsgesetz ein Verbot, Leichen auszustellen. Unlängst entschied das VG Berlin jedoch, die Plastinate seien gar keine bestattungsfähigen Leichname. Ihre Ausstellung verstieße daher nicht gegen bestattungsrechtliche Normen.

Rechtsprechung

Ausgangspunkt des Rechtsstreits war die bevorstehende Eröffnung des ersten „Menschen Museums“ im Gebäude des Fernsehturms am Berliner Alexanderplatz.

Nachdem die KÖRPERWELTEN-Ausstellungsserie von 1995 bis heute über 40 Millionen Besucher in über 90 Städten in Europa, Amerika, Afrika und Asien angelockt hatten, sollte nun das erste Museum mit einer Dauerausstellung von plastinierten menschlichen Körpern und Körperteilen entstehen.

Durch die Plastination, einem Konservierungsverfahren, bei dem Wasser und Fett durch Kunststoff ersetzt wird, verwesen die Leichname nicht und sind dauerhaft haltbar. Bei aller Faszination vergisst man schnell, dass die anatomischen Präparaten verstorbene Menschen sind, die noch zu Lebzeiten erklärt haben, dass sie ihre sterblichen Überreste nach ihrem Tod als „Körperspende“ zur Verfügung stellen, um so Ärzten und Laien wichtige Erkenntnisse zu liefern.

Die Ausstellungsinitiatoren gingen davon aus, dass für die dauerhafte Ausstellung der Plastinate keine behördliche Genehmigung nach dem Berliner Bestattungs- oder dem Berliner Sektionsgesetz erforderlich sei. Das Berliner Bezirksamt Mitte vertrat dagegen die Ansicht, die öffentliche Ausstellung von Leichen sei nach dem Berliner Bestattungsgesetz grundsätzlich verboten und schickte den Initiatoren einen entsprechenden Bescheid. Diese zogen vor das VG Berlin und erhielten Recht. Zwar handele es sich bei den Plastinaten um Leichen im Sinne des Berliner Bestattungsgesetzes, aber die Vorschrift über das Verbot, Leichen öffentlich auszustellen, sei abweichend vom Wortlaut dahingehend einschränkend auszulegen, dass sie anatomische Dauerpräparate und damit Plastinate der KÖRPERWELTEN-Ausstellung nicht erfasse.

Die KÖRPERWELTEN-Ausstellung bedarf daher keiner vorherigen Genehmigung nach dem Berliner Bestattungsgesetz und unterliegt nur dem allgemeinen Ordnungsrecht. Einen Verstoß gegen die öffentliche Ordnung haben andere Gerichte nur bei einzelnen Ausstellungsstücken wie etwa dem Objekt „Schwebender Akt“ angenommen.

Das Menschen Museum wurde inzwischen eröffnet.

Details zum Urteil finden Sie im Werk Friedhofs- und Bestattungswesen.

Autor*in: Astrid Hedrich (Rechtsanwältin und Dozentin in Augsburg. Beschäftigt sich mit Wirtschaftsrecht.)