17.06.2015

Grabsteine aus Kinderhand

Laut Misereor verdienen Erwachsene 1,50 € pro Tag für 10 Stunden Arbeit in indischen Steinbrüchen. Da müssen auch die Kinder mitverdienen. Kinder, die eigentlich die Grundschule besuchen sollten. Sie klopfen Steine, bearbeiten mit Presslufthämmern Steinwände oder bringen im Stein Sprengpulver an. Durch die eingeatmeten Stäube entstehen Lungenkrankheiten und die gefürchtete Silikose (Quarzstaublunge).

Steinbruch

Kommunen ändern Friedhofssatzungen

Einige Kommunen wollten Grabsteine aus Kinderhand auf ihren Friedhöfen verbieten. Sie änderten daraufhin ihre Friedhofssatzungen und fügten jeweils einen Passus ein, dass nur noch Grabsteine aufgestellt werden dürfen, bei denen Kinderarbeit ausgeschlossen werden kann.

Rechtsprechung sagt „Nein“

Nach Urteilen des Bundesverwaltungsgerichts (z.B. BVerwG 8 CN 1.12 vom 16.10.2013) und mehrerer anderer Verwaltungsgerichte dürfen diese Bestimmungen jedoch nicht umgesetzt werden, solange es noch keine Herkunftsnachweise für Natursteine gibt. Verlässliche Zertifizierungssysteme und Gütesiegel unabhängiger Organisationen seien bisher nicht bekannt. Aus diesem Grund hat am 09.06.2015 auch der VGH Baden-Württemberg eine Stuttgarter Regelung für unwirksam erklärt. Die Entscheidung ist zwar noch nicht rechtskräftig, die Chancen für die Kommune sind jedoch schlecht.

Vorreiter Nordrhein-Westfalen

Nordrhein-Westfalen verbietet jetzt in § 4a seines neuen Bestattungsgesetzes (BestG NRW), Grabsteine aus Kinderarbeit aufzustellen. Grabmale und Grabbefestigungen aus Ländern mit Kinderarbeit – also nicht aus Deutschland und Europa – benötigen entsprechende Siegel. Diese sollen anerkannte Zertifizierungsstellen ausstellen.

Das neue BestG NRW enthält Regelungen über das Verfahren zur Anerkennung der Zertifizierungsstellen. Die Anerkennung wird in Nordrhein-Westfalen vom landeseigenen Büro „newtrade nrw“ übernommen. Wie § 4a BestG NRW umgesetzt wird, erfahren Sie im nächsten Beitrag.

Autor*in: Astrid Hedrich (Rechtsanwältin und Dozentin in Augsburg. Beschäftigt sich mit Wirtschaftsrecht.)