15.10.2021

Sterbefall in anderer Gemeinde: Wie ist zu verfahren?

Der VGH München (Urteil vom 05.08.2021, Az. 4 BV 20.3110) legte genau dar, wie zu verfahren ist, wenn der Sterbeort nicht der Wohnort ist und der Bestattungspflichtige nicht für die Bestattung sorgt.

Was tun, bei einem Sterbefall in anderer Gemeinde, wenn Angehörige nicht für die Bestattung sorgen?

Überführung des Leichnams an den Wohnort der Verstorbenen

Die Mutter des Bestattungspflichtigen verstarb in einem Krankenhaus außerhalb ihres Wohnortes. Die beiden Söhne, von denen einer im Ausland lebt, teilten der Ordnungsbehörde des Wohnorts auf Nachfrage mit, dass sie ihre Mutter nicht bestatten würden; sie hätten zu ihr seit Langem keinen Kontakt mehr unterhalten.

Die Ordnungsbehörde des Sterbeorts veranlasste die Überführung der Verstorbenen an den Wohnort durch ein Bestattungsinstitut. Die Ordnungsbehörde des Wohnorts gab die Bestattung in Auftrag und machte die ihr dadurch entstandenen Kosten gegenüber den im Land lebenden Sohn geltend. Dieser klagte gegen die Heranziehung zu den Bestattungskosten. In diesen waren auch Kosten für die Überführung des Leichnams enthalten, die er anzweifelte.

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Sohn konnte sich der Bestattungspflicht nicht entziehen

Nach den Vorschriften der Bestattungsgesetze der Bundesländer (hier Art. 14 Abs. 2 Satz 2 BestG Bayern) kann die Gemeinde von einem Pflichtigen Ersatz der notwendigen Kosten verlangen, die ihr dadurch entstehen, dass sie selbst oder durch vertraglich Beauftragte für die Erfüllung der im Bestattungsrecht vorgesehenen Verpflichtungen sorgt.

Der Sohn war nach den Vorschriften der Bestattungsgesetze der Bundesländer (hier: Art. 15 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BestG Bayern, § 15 Satz 1, § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Buchst. b BestV Bayern) bestattungspflichtig. Er berief sich zwar auf das Fehlen jeder persönlichen Beziehung zu seiner Mutter, konnte sich dieser öffentlich-rechtlichen Verpflichtung aber dennoch nicht entziehen.

Welche Gemeinde ist für die Bestattung zuständig?

Welche der in Betracht kommenden Gebietskörperschaften als „Gemeinde“ i.S. des Bestattungsrechts (hier Art. 14 Abs. 2 BestG Bayern) anzusehen ist, wenn wie hier der Sterbeort nicht mit dem (letzten) Wohnort übereinstimmt, geht aus den Bestattungsgesetzen nicht unmittelbar hervor.

Nach § 3 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a VwVfG ist in Angelegenheiten, die eine natürliche Person betreffen, die Behörde örtlich zuständig, in deren Bezirk die Person ihren gewöhnlichen Aufenthalt, also in der Regel ihren Hauptwohnsitz, entweder noch hat oder „zuletzt hatte“. Der letzte gewöhnliche Aufenthalt ist auch maßgeblich, wenn die betreffende Person inzwischen gestorben ist.

Sterbeortgemeinde ist für die Überführung zuständig, …

Das Bestattungsrecht ist auf einen zügigen und unkomplizierten Vollzug angelegt. Daher muss zunächst die für den Sterbeort zuständige Gemeinde, solange sich der Leichnam auf ihrem Gemeindegebiet befindet, für die Erfüllung der aus dem Todesfall folgenden gesetzlichen Pflichten Sorge tragen. Sie ist nach § 28 PStG verpflichtet, dem Standesamt, in dessen Zuständigkeitsbereich der Mensch gestorben ist, den Sterbefall anzuzeigen, falls ein sonstiger Anzeigepflichtiger nicht vorhanden bzw. nicht ermittelbar ist (§ 30 Abs. 2 PStG).

Auch die den Gemeinden übertragene Aufgabe, die Einhaltung der bestattungsrechtlichen Vorschriften zu überwachen und zu gewährleisten, kann im ersten Zugriff unter dem Gesichtspunkt der Ortsnähe nur von der Sterbeortgemeinde mit der gebotenen Effizienz wahrgenommen werden (hier Art. 14 Abs. 1 BestG Bayern).

… die Wohnortgemeinde für die Bestattung

Fehlen konkrete Anhaltspunkte dafür, dass der Sterbeort zugleich der gewünschte Bestattungsort ist, so kann regelmäßig angenommen werden, dass es dem Willen der verstorbenen Person entspricht, am letzten Wohnort bestattet zu werden, wo dies nach dem Bestattungsrecht (hier Art. 8 Abs. 3 Satz 1 BestG) in jedem Fall sichergestellt ist.

Bedarf es hiernach der Überführung in eine andere Gemeinde, so muss diese, auch wenn sie in einem anderen Bundesland liegt, umgehend informiert werden. Allerdings kann die Überführung in die Obhut der letzten Wohnsitzgemeinde nach den Vorschriften des Bestattungsrechts (hier §§ 8 ff. BestV Bayern) sinnvollerweise nur von der Sterbeortgemeinde organisiert werden. Es bestand hier also eine (ungeschriebene) bestattungsrechtliche Zuständigkeit der Sterbeortgemeinde, die Überführung des Leichnams in das Gebiet der Wohnortgemeinde zu veranlassen. Mangels anderslautender Willensäußerungen konnte davon ausgegangen werden, dass die Verstorbene in einem dort gelegenen Friedhof bestattet werden wollte.

Überführungskosten erstattungspflichtig

Die mit der Überführung des Leichnams vom Sterbeort zum letzten Wohnort verbundenen Kosten durften daher von dem bestattungspflichtigen Sohn zurückgefordert werden (hier nach Art. 14 Abs. 2 Satz 2 BestG Bayern).

Ergebnis

Die Klage des bestattungspflichtigen Sohnes wurde vom VGH München abgewiesen.

Autor*in: Uwe Schmidt (Uwe Schmidt unterrichtete Ordnungsrecht, Verwaltungsrecht und Informationstechnik.)