28.09.2016

Verbietet die VOB E-Mails? Das sollten Sie beim Schriftverkehr beachten

In Zeiten der Digitalisierung läuft ein wesentlicher Teil der Kommunikation der Baubeteiligten per E-Mail. Trotzdem besteht im Hinblick auf den Versand und den Empfang von E-Mails noch erhebliche Rechtsunsicherheit.

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So ist in letzter Zeit vor allem die Frage erörtert worden, ob eine E-Mail die vertraglich oder gesetzlich vorgesehene Schriftform einhält. Diese ist beispielsweise in § 13 Abs. 5 Nr. 1 Satz 1 VOB/B für die Mängelanzeige vorgeschrieben.
Daneben stellt sich die Frage, ob und ggf. wie der Zugang einer E-Mail bewiesen werden kann. Das kann etwa problematisch sein, wenn der Auftragnehmer behauptet, gegen ein Planungsdetail des Auftraggebers Bedenken per E-Mail angemeldet zu haben (§ 4 Abs. 3 VOB/B), der Auftraggeber aber bestreitet, die E-Mail erhalten zu haben.

 

Erfüllt eine E-Mail die Schriftform?

Nach einem Beschluss des OLG Frankfurt aus dem Jahr 2012 soll eine E-Mail nicht das vereinbarte Schriftformerfordernis erfüllen (OLG Frankfurt, 30.04.2012, 4 U 269/11). Diesen Standpunkt hat auch das LG Frankfurt/Main in seinem Urteil vom 08.01.2015 (LG Frankfurt/Main, 08.01.2015, 2-20 O 229/13) vertreten.

Ob das richtig ist, erscheint angesichts der Regelung des § 127 Abs. 2 BGB zweifelhaft. Danach genügt auch die telekommunikative Übermittlung (also auch die Versendung per E-Mail), wenn die Parteien Schriftform vereinbart haben. Das hat – völlig zu Recht – auch das OLG Hamm in seinem Urteil vom 29.04.2011 (OLG Hamm, 29.04.2011, 12 U 144/10) so entschieden.

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Die unterschiedliche Rechtsprechung der Gerichte führt zu erheblicher Rechtsunsicherheit. Allerdings hat nunmehr das OLG Frankfurt selbst einen Weg aufgezeigt, der die Unsicherheit beseitigt: So ist das Schriftformerfordernis auch nach Meinung des OLG Frankfurt/Main dann eingehalten, wenn der Absender ein Schriftstück mit Unterschrift an eine E-Mail anhängt. Die Schriftform wird also bei folgendem Vorgehen gewahrt: Es wird zunächst ein Schriftstück

  • auf Papier ausgedruckt,
  • sodann unterzeichnet,
  • danach eingescannt und
  • einer E-Mai als Anlage beigefügt.

Bei einem solchen Vorgehen ist die Schriftform eingehalten (OLG Frankfurt, 16.03.2015, 4 U 265/14).

Zu beachten ist allerdings, dass E-Mails generell dann nicht ausreichend sind, wenn die Schriftform nicht nur vereinbart wurde, sondern gesetzlich vorgeschrieben ist (so z.B. bei der arbeitsrechtlichen Kündigung, § 623 BGB, oder bei der Bürgschaft, § 766 BGB).

Richtig ist also, dass E-Mails ausreichend sind, wenn die Schriftform nur vereinbart wurde und nicht gesetzlich vorgeschrieben ist. Deshalb genügt eine E-Mail, soweit die VOB/B Schriftform fordert. Die VOB/B ist kein Gesetz.

 

Zugangsbeweis bei E-Mails

Eine E-Mail geht dem Empfänger dann zu, wenn sie abrufbereit in seinem bzw. im Postfach seines Providers eingegangen ist. Wie bei jedem Schreiben liegt die Beweislast für den Zugang beim Absender, wenn der Empfänger den Zugang bestreitet. Es genügt dann nicht, dass der Absender allein das Verschicken der E-Mail beweisen kann. Er muss vielmehr auch den Beweis des Zugangs beim Empfänger führen.

Dazu bieten nahezu sämtliche E-Mail-Programme die Möglichkeit, den Empfänger um eine sog. Lesebestätigung zu bitten. Erhält der Empfänger diese Lesebestätigung, so spricht ein Anscheinsbeweis dafür, dass die Mail zugegangen ist. Das Gleiche gilt für eine Empfangsbestätigung. Das entspricht der Meinung der meisten Juristen und wurde von der Vergabekammer des Bundes mittlerweile auch so entschieden (VK Bund, 18.08.2015, VK 2-43/15).

Autor*in: Markus Fiedler (Rechtsanwalt Markus Fiedler. Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht. Partner der Sozietät Dieckert.Tätigkeitsschwerpunkte: Gestaltung von Ingenieur- und Bauverträgen, baubegleitende Rechtsberatung, Vertretung vor Gericht. Referent von baurechtlichen Schulungen tätig. Herausgeber der Werke "BGB und VOB für Handwerker und Bauunternehmer" und "Praxishandbuch Bauleitung und Objektüberwachung".)