05.01.2022

Freistellung von der Anwendung der Vorschriften

Unter welchen Bedingungen gefährliche Güter auf der Straße bzw. Schiene transportiert werden dürfen, legt das ADR bzw. RID fest. Für einige Beförderungen sind die Vorschriften nur teilweise oder gar nicht anzuwenden. Unter welchen Bedingungen dies möglich ist, auch das wird durch das ADR/RID geregelt. Darüber hinaus können multilaterale Vereinbarungen oder – für Transporte innerhalb Deutschlands – die Gefahrgutausnahmeverordnung (GGAV) Befreiungen von der Anwendung der Vorschriften enthalten.

Bestellung Gefahrgutbeauftragter

Was ist unter Freistellung nach ADR zu verstehen?

Das ADR verzichtet zu Freistellungen auf eine Definition in Kapitel 1.2, da der Begriff als eindeutig angesehen wird. Konkretisierend wäre hinzuzufügen, dass die Freistellungen sich auf den gesamten Vorschriftenkomplex der Anlagen A und B ADR beziehen können, also total wirksam sind, oder nur von der Einhaltung einzelner Vorschriften befreien, also partiell bezogen sind. Es versteht sich von selbst, wenn in Kapitel 3.2 Tabelle A zu bestimmten UN-Nummern (z.B. für UN 0020 und 0021 Varianten giftiger Munition) der Hinweis „Beförderung verboten“ angegeben ist, dass eine Freistellung irrelevant ist.

Der Begriff „Freistellung“ subsumiert auch nicht UN-Nummern, für die in Tabelle A der Hinweis „Unterliegt nicht den Vorschriften des ADR“ angegeben ist. Der Beweggrund für die Aufnahme derartiger UN-Nummern – sie sind Bestandteil der für alle Verkehrsträger vorgegebenen UN-Modellvorschriften für die Beförderung gefährlicher Güter – in das ADR liegt in dem notwendigen Hinweis an exportorientierte Versender, dass für Beförderungen derart qualifizierter Güter durch andere Verkehrsträger, z.B. nach dem straßenseitigen Vorlauf zu See- oder Flughäfen, durchaus entsprechende Gefahrgutvorschriften zu beachten sein müssen. Das trifft beispielsweise auf UN 1372 – Fasern tierischen Ursprungs oder Fasern pflanzlichen Ursprungs, gebrannt, nass oder feucht – zu, die wegen der vom Landverkehr abweichenden Bedingungen einer Beförderung auf hoher See dem IMDG-Code unterstellt sind.

Sofern Freistellungsregelungen an Begrenzungen der Mengen gefährlicher Güter je Beförderungseinheit bzw. an höchstzulässige Gesamtmengen je Beförderungseinheit (z.B. nach Unterabschn. 1.1.3.6) gebunden sind, ist im Fall von Zuladungen gefährlicher Güter während der Beförderung von A nach B anhand der Beförderungspapiere zu prüfen, inwieweit diese Mengenbegrenzungen auch dann noch eingehalten sind. Falls also diese Bedingungen für die Freistellung nicht mehr gegeben sind, müssen vor Fortsetzung der Fahrt die zutreffenden Vorschriften nach Anlagen A und B ADR angewendet werden.

Allgemein sei darauf verwiesen, dass durch die Freistellungsregelungen nach ADR der Geltungsbereich anderer Vorschriften, in denen Begrenzungen oder Verbote für den Umgang oder die Beförderung gefährlicher Stoffe/Güter geregelt werden, nicht berührt werden.

Wo sind Freistellungen im ADR geregelt?

Kapitel 1.1.3 erläutert die Beförderungen, die ganz oder teilweise von der Anwendung der Vorschriften befreit sind. Darüber hinaus finden sich in Kapitel 3.2 Tabelle A Hinweise – bezogen auf die jeweilige UN-Nummer –, die sich auf

  • Sondervorschriften (SV) des Kapitels 3.3 (Spalte 6),
  • die Beförderung in begrenzten Mengen verpackter gefährlicher Güter des Kapitels 3.4 oder in freigestellten Mengen verpackte gefährliche Güter des Kapitels 3.5 (Spalten 7a, 7b),
  • Verpackungsanweisungen und Sondervorschriften für Verpackungen des Abschnitts 4.1.4 (Spalten 8 und 9a),
  • Sondervorschriften für ortsbewegliche Tanks des Kapitels 4.2 (Spalte 11),
  • Sondervorschriften für Tanks des Kapitels 4.3 (Spalte 13),
  • zusätzliche Vorschriften für Be- und Entladung, Handhabung des Abschnitts 7.5.11 (Spalte 18) und
  • zusätzliche Vorschriften für besondere Klassen oder Güter des Kapitels 8.5 (Spalte 19)
beziehen.
Autor*in: Beate Schleicher