22.03.2023

Fehlerschutz – Schutz bei indirektem Berühren

Fehlerschutz nach DIN EN 60204-1:2019-06 (VDE 0113-1)

Fehlerschutz ist ein wichtiger Bestandteil der allgemeinen Elektrosicherheit. Im Folgenden wird erläutert, welche Maßnahmen zum Fehlerschutz nach DIN EN 60204-1:2019-06 „Sicherheit von Maschinen – Elektrische Ausrüstung von Maschinen – Teil 1: Allgemeine Anforderungen“ zu treffen sind.

Nach der Norm muss für jeden Stromkreis oder jedes Teil der elektrischen Ausrüstung mindestens eine dieser beiden Maßnahmen zum Fehlerschutz angewendet werden:

  1. Maßnahmen, die das Auftreten einer Berührungsspannung verhindern (Unterabschnitt 6.3.2 der Norm)
  2. Schutz durch automatische Abschaltung der Stromversorgung, bevor die Berührungszeit mit einer Berührungsspannung gefährlich werden kann (Unterabschnitt 6.3.3 der Norm)

a. Fehlerschutz durch Verhindern einer Berührungsspannung

Zunächst enthalten Maßnahmen, die das Auftreten einer Berührungsspannung verhindern, Folgendes:

  1. Verwendung von Geräten der Schutzklasse II oder mit gleichwertiger Isolierung
  2. Schutztrennung

Die Maßnahme unter 1. zielt laut Norm darauf ab, das Auftreten von Berührungsspannungen an den zugänglichen Teilen durch einen Fehler in der Basisisolierung zu verhindern. Dieser Fehlerschutz kann durch eine oder mehrere Varianten realisiert werden:

  • Geräte oder Vorrichtungen der Schutzklasse II: doppelte Isolierung, verstärkte Isolierung oder gleichwertige Isolierung nach DIN EN 61140 (VDE 0140-1):2016-11 „Schutz gegen elektrischen Schlag – Gemeinsame Anforderungen für Anlagen oder Betriebsmittel“
  • schutzisolierte Schaltgeräte oder Schaltgerätekombinationen nach DIN EN IEC 61439-1 VDE 0660-600-1:2021-10 „Niederspannungs-Schaltgerätekombinationen – Teil 1: Allgemeine Festlegungen“
  • zusätzliche oder verstärkte Isolierung nach DIN EN 61140 (VDE 0140-1):2016-11 „Schutz gegen elektrischen Schlag – Gemeinsame Anforderungen für Anlagen oder Betriebsmittel“

b. Fehlerschutz durch automatische Abschaltung der Stromversorgung

Die automatische Abschaltung der Stromversorgung eines beliebigen Stromkreises infolge eines Isolationsfehlers ist laut Abschnitt 6.3.3 der DIN EN 60204-1 dazu bestimmt, einen gefahrbringenden Zustand durch eine Berührungsspannung zu verhindern.

Die Maßnahme besteht aus der Unterbrechung eines Außenleiters oder mehrerer Außenleiter durch die automatische Abschaltung mit einer Schutzeinrichtung im Fehlerfall. Eine solche Unterbrechung muss innerhalb einer ausreichend kurzen Zeit erfolgen, um die Dauer einer Berührungsspannung auf eine Zeit innerhalb der Grenzen entsprechend des Anhangs A für TN- und TT-Systeme zu begrenzen.

Eine Abschaltzeit, die 5 Sekunden nicht überschreitet, wird für Maschinen, die weder in der Hand gehalten noch bewegt werden können, laut Anhang A als ausreichend angesehen.

Die Unterbrechung durch automatisches Abschalten erfordert eine Koordination zwischen

  1. der Art des Stromversorgungssystems, der Impedanz der Stromversorgung und dem Erdungssystem,
  2. den Impedanzwerten der verschiedenen Teile des Stromkreises und des zugehörigen Fehlerstrompfads über das Schutzleitersystem und
  3. den Charakteristika der Schutzeinrichtungen, welche den (die) Isolationsfehler erkennen.

Tipp der Redaktion: Prüfprotokoll für Prüfung nach DIN EN 60204-1:2019-06

Prüfprotokoll für Elektroprüfungen nach DIN EN 60204-1Für die Durchführung und Dokumentation der elektrotechnischen Prüfungen empfehlen wir Ihnen das Fachbuch „Prüfprotokolle für die Elektrofachkraft“.

Zunächst werden die wichtigen Normen DIN VDE 0100-600, DIN VDE 0105-100, DIN EN 50678 (VDE 0701), DIN EN 50699 (VDE 0702) und DIN EN 60204-1 sowie die DGUV Vorschrift 3 erläutert. Dann erhalten Sie ganz praktische Unterstützung mit Prüfprotokollen zu jeder dieser Normen und zur DGUV Vorschrift 3: Maßgeschneiderte Prüfprotokolle zum Downloaden und direkt Einsetzen.

Hier erhalten Sie mehr Informationen und die Möglichkeit zur Bestellung: Prüfprotokolle für die Elektrofachkraft.

Schutzpotenzialausgleich

Die Schutzmaßnahme umfasst einen Schutzpotenzialausgleich der Körper und eine der folgenden Bedingungen:

  • In TN-Systemen dürfen als Schutzgerät Überstrom-Schutzeinrichtungen oder Fehlerstrom-Schutzeinrichtungen (RCDs) in Kombination mit Überstrom-Schutzeinrichtungen verwendet werden.
  • In TT-Systemen dürfen Fehlerstrom-Schutzeinrichtungen (RCDs) in Kombination mit Überstrom-Schutzeinrichtungen – um die automatische Abschaltung der Stromversorgung einzuleiten – bei Erkennung eines Isolationsfehlers von einem aktiven Teil zu Körpern oder zur Erde verwendet werden. Überstrom-Schutzeinrichtungen können verwendet werden, wenn ein ausreichend niedriger Wert der Fehlerschleifenimpedanz Zs dauerhaft und zuverlässig sichergestellt ist.
  • Für IT-Systeme gelten die relevanten Anforderungen der DIN VDE 0100-410:2018-10 „Errichten von Niederspannungsanlagen – Teil 4-41: Schutzmaßnahmen – Schutz gegen elektrischen Schlag“. Während eines Isolationsfehlers muss ein akustisches und optisches Signal dauerhaft anstehen; das akustische Signal darf erst nach einer Meldung manuell abgeschaltet werden. Gegebenenfalls ist es bei Isolationsüberwachungseinrichtungen und/oder Einrichtungen zur Isolationsfehlersuche notwendig, eine entsprechende Vereinbarung zwischen Lieferant und Betreiber abzuschließen.

Die Normverfasser weisen zu Recht darauf hin, dass bei großen Maschinen eine Einrichtung zur Isolationsfehlersuche (IFLS) gemäß DIN EN 61557-9 (VDE 0413-9):2015-10 „Elektrische Sicherheit in Niederspannungsnetzten bis AC 1000 V und DC 1500 V – Geräte zum Prüfen, Messen oder Überwachen von Schutzmaßnahmen“ die Wartung erheblich erleichtern kann.

Achtung bei Leistungsantriebssystem

Wird ein Leistungsantriebssystem (PDS) verwendet, muss laut Norm ein Fehlerschutz für die Stromkreise vorgesehen werden, die vom Umrichter versorgt werden. Kann dieser Schutz nicht durch den Umrichter sichergestellt werden, müssen die notwendigen Schutzmaßnahmen gemäß den Herstellerangaben des Umrichters vorgesehen werden.

Fehlerschutz durch PELV

Die Anwendung von PELV (Schutzkleinspannung) dient laut Unterabschnitt 6.4.1 „Allgemeines“ dem Schutz von Personen gegen elektrischen Schlag beim indirekten Kontakt und direkten Kontakt mit begrenzter Fläche.

PELV-Stromkreise müssen gemäß der DIN EN 60204-1 alle folgenden Bedingungen erfüllen:

  • Die Nennspannung darf nicht größer sein als 25 V effektive Wechselspannung oder 60 V oberschwingungsfreie Gleichspannung, wenn die Ausrüstung üblicherweise in trockenen Räumen verwendet wird und wenn nicht
    damit zu rechnen ist, dass der menschliche Körper großflächig mit aktiven Teilen in Berührung kommt. In allen anderen Fällen darf sie nicht mehr als 6 V effektive Wechselspannung oder 15 V oberschwingungsfreie Gleichspannung betragen.
  • Eine Seite des Stromkreises oder ein Punkt der Energiequelle dieses Stromkreises muss an das Schutzleitersystem angeschlossen sein.
  • Aktive Teile von PELV-Stromkreisen müssen von anderen aktiven Stromkreisen elektrisch getrennt werden. Die Trennung darf nicht geringer sein, als es für einen Sicherheitstrenntransformator zwischen der Primär- und Sekundärwicklung gefordert ist (siehe DIN EN IEC 61558-1 VDE 0570-1:2019-12 „Sicherheit von Transformatoren, Netzgeräten, Drosseln und entsprechenden Kombinationen – Teil 1: Allgemeine Anforderungen und Prüfungen“ und DIN EN 61558-2-6 VDE 0570-2-6:2010-04 „Sicherheit von Transformatoren, Drosseln, Netzgeräten und dergleichen für Versorgungsspannungen bis 1100 V – Teil 2-6: Besondere Anforderungen und Prüfungen an Sicherheitstransformatoren und Netzgeräte, die Sicherheitstransformatoren enthalten“).
  • Die Leiter jedes PELV-Stromkreises müssen räumlich von allen anderen Stromkreisen getrennt werden.
  • Bei Steckern und Steckdosen für PELV-Stromkreise muss gewährleistet sein, dass die Stecker nicht in Steckdosen anderer Spannungssysteme eingesteckt werden und Steckdosen die Stecker anderer Spannungssysteme nicht aufnehmen können.

Hinweis aus der Redaktion

Im Fachbuch „DIN EN 60204-1:2019-06 (VDE 0113-1) – Elektrische Ausrüstung von Maschinen und Anlagen“ schreibt der Autor Ernst Schneider: „Manche Elektrofachkräfte haben großen Respekt vor einer Überprüfung nach DIN EN 60204-1, da sie fürchten, ggf. Maschinenteile durch die vorgeschriebenen Prüfungen zu zerstören und hohe Sachschäden zu verursachen.“

Mit seinem Fachbuch möchte der Autor dazu beitragen, Ihnen die umfangreiche Norm verständlich zu machen, die Anforderungen zu erläutern und Sie gleichzeitig über die wichtigsten Änderungen der 2019er-Fassung zu informieren.

Hier erhalten Sie mehr Informationen zum Inhalt des Fachbuchs DIN EN 60204-1:2019-06 (VDE 0113-1).

Weiterführende Beiträge zum Fehlerschutz

Autor*in: Ernst Schneider

Sie sehen nur einen Ausschnitt aus dem Produkt „DIN EN 60204-1:2019-06 (VDE 0113-1)“. Den vollständigen Beitrag und weitere interessante Artikel zu diesem Thema finden Sie im Produkt.

Zum Produkt "DIN EN 60204-1:2019-06 (VDE 0113-1)"