27.01.2015

Ich fühle mit Ihnen!

Als Bürgermeister muss man nicht nur Stärke, Durchsetzungsfähigkeit und Geradlinigkeit an den Tag legen. Die Menschen erwarten keine Polit-Roboter, sondern mitfühlende, empathische Politiker. Das ist nicht immer leicht, denn es kann durchaus vorkommen, dass man aufgrund des vollen Terminkalenders von „Einweihung eines Kindergartens“ umschalten muss auf „Trauerrede für einen verstorbenen Ehrenbürger“. Wie kann man das schaffen, ohne zum oberflächlichen Schauspieler zu werden?

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Zeigen Sie Gefühl, ohne gefühlsduselig zu werden

Die Menschen wollen zu ihrem Bürgermeister aufsehen. Wir sind Vorbilder, sowohl im beruflichen als auch im privaten Leben, dessen müssen wir uns stets bewusst sein. Das macht nicht immer Spaß, gehört aber zur Bürde des Amtes dazu. Belohnt werden wir im Gegenzug mit einem enormen Maß an Vertrauen, das uns entgegengebracht wird. Landen „Politiker“ bei entsprechenden Umfragen in Sachen Glaubwürdigkeit und Vertrauenswürdigkeit irgendwo zwischen Gebrauchtwagenverkäufer und Versicherungsvertreter, sind wir Bürgermeister in den gleichen Umfragen stets in Spitzenpositionen zu finden. Umso gewichtiger ist es für viele Menschen, wenn sie in schwierigen persönlichen Situationen Trost von uns zugesprochen bekommen. Von einem Pfarrer erwartet man entsprechende Worte, meist bibel-basiert und oft etwas weltfremd. (Die Geistlichen mögen mir das verzeihen.) Aber was erwartet man von uns? Mitgefühl, Empathie und Worte des Trostes, jedoch mit der gebührenden Würde und ohne selbst gefühlsduselig zu werden. Das ist nicht immer leicht, wie ich selbst schon, mit wegbleibender, zitternder Stimme und Tränen in den Augen bei einer Trauerrede für einen verstorbenen Mitarbeiter erleben musste. Einen heulenden Bürgermeister, der sich selbst nicht im Griff hat, will meiner Meinung nach aber auch niemand sehen. Menschlichkeit zeigen, ohne zu viel Schwäche zu offenbaren – manchmal wären wir wohl besser Zauberer geworden als Bürgermeister.

Versetzen Sie sich in die Köpfe Ihrer Gegenüber

Es gibt aber auch Situationen, da ist es genau umgekehrt: Hier kostet es uns keine Mühe, uns zu beherrschen, sondern vielmehr, uns überhaupt in die entsprechende Stimmung zu versetzen und aufrichtig Mitgefühl zu zeigen. Der Abwechslungsreichtum unseres Jobs ist hier eben auch eine Herausforderung: Das ständige Umschalten zwischen Themen mag noch leicht zu verdauen sein. Das Umschalten zwischen angemessenen Gefühls- und Stimmungslagen hingegen ist nur schwer zu meistern. Hier hilft es, wie in vielen anderen Situationen auch, einen Moment innezuhalten und sich bewusst in den anderen hineinzuversetzen. Hilfreich ist es auch, sich an eine Situation zu erinnern, in der man selber in einer ähnlichen Gefühlslage war wie die Person, der man sein Mitgefühl aussprechen möchte.

Verbiegen Sie sich nicht

Ein Rat, den ich kaum noch hören kann, ist „Seien Sie authentisch!“. Eine abgedroschene Phrase, die zwar wahr ist, aber als Ratschlag in schwierigen Situationen kaum hilft. Ich brauche doch einen Rat, gerade weil es mir schwer fällt, in dieser Situation einfach ich selbst zu sein. Daher wandele ich es etwas ab und empfehle Ihnen: Ihre Reaktion muss zu Ihnen passen! Wenn Sie als Feingeist und Intellektueller bekannt sind, dann schreiben Sie ruhig entsprechende Zitate in Ihre Reden oder Beileidsbekundungen. Wenn Sie jedoch als bodenständiger Bürgermeister bekannt sind, dann wählen Sie einfache und verständliche Worte. Sprechen Sie Mitgefühl so aus, dass man es versteht und dass es zu Ihnen passt. Manchmal sind die einfachsten Worte in schwierigen Situationen die besten Helfer.

© Minerva-Studio/Fotolia

Autor*in: Rouven Kötter (Rouven Kötter ist Autor des WEKA-Newsletters "Bürgermeister aktuell".)