„Staatsdiener“ auch im privaten Umfeld
Beamte sind nicht nur im Rahmen ihrer beruflichen Tätigkeit, sondern auch als Privatpersonen an ihren Verhaltenskodex gebunden. Wenn Beamte beispielsweise in ihrer Freizeit Handlungen oder Verhaltensweisen zeigen, die eine rechtsextreme und verfassungsfeindliche Gesinnung belegen, so kann dies die Suspendierung zur Folge haben.
Zuletzt aktualisiert am: 21. Juli 2025

In einem konkreten Fall hat das Verwaltungsgericht Hamburg das vorläufige Verbot der Dienstgeschäfte einer Beamtin bestätigt. Eine Steueranwärterin im Beamtenverhältnis auf Widerruf, die eine Ausbildung zur Finanzwirtin absolvierte, veröffentlichte Videos auf der Social-Media-Plattform TikTok, die ihr Dienstherr als „rechtsextrem“ einstufte. Am 31. Januar 2025 wurde ihr daher vorläufig die Führung von Dienstgeschäften verboten. In der Begründung hieß es, dass das Verhalten in diesen Videos zeige, dass sich die Beamtenanwärterin nicht mit der Idee des Staates und der freiheitlich demokratischen rechts- und sozialstaatlichen Ordnung identifiziere. Der Dienstherr hatte die sofortige Vollziehung dieses Verbots angeordnet, wogegen sich die Betroffene zur Wehr setzte. Sie ersuchte am 11. Februar 2025 um Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes und legte Widerspruch gegen den Bescheid vom 31. Januar 2025 ein.
Der Vorwurf
In den veröffentlichten Videos mit rechtsextremen Inhalten tanzt die Beamtenanwärterin unter anderem zu der Melodie eines Liedes einer Rechtsrock-Band. Mit der Veröffentlichung dieser Videos zeige sie eine Abkehr von ihrer Treuepflicht. Durch ihr zustimmendes Verhalten und der fehlenden Distanzierung zu dem rechtsextremen Lied(text) erwecke sie unter anderem mindestens den Anschein einer verfassungsfeindlichen Gesinnung. Damit liefere sie genügende Anhaltspunkte für eine Gefährdung des Vertrauens der Allgemeinheit in den ordnungsgemäßen und verfassungstreuen Dienstbetrieb. Die Ausübung der Dienstgeschäfte durch die Antragstellerin erscheine nicht mehr vertretbar.
Berufung auf Meinungsfreiheit
Auf den Vorwurf hin erklärte die Anwärterin, dass die Annahme der charakterlichen Ungeeignetheit von sachfremden Erwägungen ausgehe: In Social-Media-Foren wie TikTok finde regelmäßig „ein auf kurzfristige Lacher und Provokationen angelegter Überbietungswettbewerb“ statt, bei dem eben keine politischen Ansichten geteilt würden. Zudem sei ihr Verhalten vom Grundrecht auf Meinungsfreiheit gedeckt. Einem Beamten könne in seinem privaten Bereich nicht vorgehalten werden, von dem Grundrecht auf Meinungsfreiheit Gebrauch zu machen. Das Verwaltungsgericht Hamburg hat den Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes abgelehnt und ist nach eingehender Prüfung davon überzeugt, dass das vorläufige Verbot der Ausübung der Dienstpflicht rechtmäßig ist.
Belastung der innerbehördlichen Zusammenarbeit
Das Gericht begründet dies unter anderem mit der Selbstdarstellung der Beamtenanwärterin auf TikTok. Der daraus entstehende Eindruck belaste die innerbehördliche Zusammenarbeit erheblich. Andere Beschäftigte könnten eine Zusammenarbeit mit der Betroffenen ablehnen, was eine Kollegin bereits getan hat. Hinzu komme, dass die Beamtenanwärterin nicht mehr uneingeschränkt einsetzbar sei, da das Risiko bestehe, dass sie gegenüber Menschen mit Migrationshintergrund nicht die notwendige Neutralität entgegenbringen würde.
Die Berufung der Beamtenanwärterin auf Meinungsfreiheit überzeugte das Gericht nicht. Denn das Grundrecht der freien Meinungsäußerung müsse bei Beamten im Zusammenhang mit dem Pflichtenkreis aus Art. 33 Abs. 5 GG betrachtet werden, dürfe also nicht auf eine fehlende Verfassungstreue hinweisen. Das bedeutet, dass Verhaltensweisen, die auf eine verfassungsfeindliche Gesinnung hindeuten, von der Meinungsfreiheit gedeckt seien, aber gleichzeitig der für Beamte erforderlichen Verfassungstreue nach Art. 33 Abs. 5 GG widersprechen.
Außerdem dürfte die Antragstellerin ihre außerdienstliche Wohlverhaltenspflicht verletzt haben, § 34 Abs. 1 Satz 3 BeamtStG, wie die Verwaltungsrichter weiterhin argumentierten. Zwar sei es nicht erforderlich, dass sich Beamte die Ziele oder eine bestimmte Politik der jeweiligen Regierung zu eigen machten. Beamte müssten sich jedoch mit der freiheitlich-demokratischen, rechts- und sozialstaatlichen Ordnung dieses Staates identifizieren und für sie eintreten. Das gelte auch für das Verhalten außerhalb des dienstlichen Rahmens im privaten Umfeld. Die aktenkundigen Erkenntnisse liefern laut Verwaltungsgericht jedoch Anhaltspunkte, dass die Antragstellerin sich nicht zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung bekenne, sondern dem Rechtsextremismus nahestehe. Daher sei ihr Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz gegen die Freistellung von der Dienstpflicht abzulehnen (VG Hamburg 22.04.2025 – Aktenzeichen 14 E 775/25).