08.06.2020

Keine Haftung: BAG konkretisiert Hinweispflichten des Arbeitgebers

Für fehlerhafte Hinweise, die einen finanziellen Schaden bei Beschäftigten bewirken, haftet der Arbeitgeber grundsätzlich, auch wenn es sich um eine freiwillige Auskunft gehandelt hat. Unlängst hat das BAG eine Schadenersatzpflicht aufgrund einer vermeintlich unterlassenen Aufklärung abgelehnt.

Haftung Arbeitgeber

Worum geht es?

Geschäftsführung Betriebsrat. Ein Arbeitgeber hatte im Rahmen einer Betriebsversammlung im April 2003 seine Beschäftigten durch einen Fachberater der örtlichen Sparkasse über Chancen und Möglichkeiten der Entgeltumwandlung über eine Pensionskasse informiert. Ein entsprechender Tarifvertrag war Anfang 2003 in Kraft getreten. Ein Beschäftigter schloss daraufhin im September 2003 eine Entgeltumwandlungsvereinbarung mit sogenanntem Kapitalwahlrecht (statt Rentenzahlung) ab. Anfang 2015 ging er in den Ruhestand und ließ sich seine Pensionskassenrente als Einmalkapitalbetrag auszahlen, für den seit einer Gesetzesänderung im Jahr 2003 Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung zu entrichten sind. Davon wusste der Beschäftigte nichts. Er war davon ausgegangen, die Beiträge nicht zahlen zu müssen. Er verklagte deshalb den Arbeitgeber auf Schadenersatz in Höhe der anfallenden Sozialversicherungsbeiträge. Er begründete seine Klage damit, dass der Arbeitgeber es unterlassen habe, ihn vor Abschluss der Entgeltumwandlungsvereinbarung über das laufende Gesetzgebungsverfahren zur Einführung der Beitragspflicht für Einmalkapitalleistungen zu informieren. Wäre er darüber informiert worden, hätte er eine andere Form der Altersvorsorge gewählt.

Das sagt das Gericht

Das BAG wies die Klage ab. Eine besondere Aufklärungspflicht des Arbeitgebers im Falle der Entgeltumwandlung sei nicht anzunehmen. Weder im Rahmen der Informationsveranstaltung des Arbeitgebers zur Entgeltumwandlung noch vor dem nachfolgenden Abschluss einer Entgeltumwandlungsvereinbarung mit dem Kläger seien Hinweise des Arbeitgebers zur Gesetzesänderung geschuldet gewesen. Nur dann, wenn der Arbeitgeber in besonderem Maße Auskunft zur sozialversicherungsrechtlichen Behandlung der Entgeltumwandlung gegeben hätte, wäre eine spätere Aufklärungspflicht zur Gesetzesänderung denkbar gewesen. Dies sei hier jedoch nicht der Fall gewesen. Denn auf der Betriebsversammlung seien die Beitragspflichten zur Sozialversicherung nicht thematisiert worden. BAG, Urteil vom 18.02.2020, Az.: 3 AZR 206/18

Das bedeutet für Sie als Betriebsrat

Merken Sie sich Folgendes: Es besteht keine generelle Pflicht des Arbeitgebers, die Vermögensinteressen der Beschäftigten zu wahren. Erteilt der Arbeitgeber dennoch eine Auskunft an einen Beschäftigten, ohne hierzu verpflichtet zu sein, so muss diese richtig, eindeutig und vollständig sein. Für Schäden, die einem Arbeitnehmer aufgrund einer falschen Auskunft des Arbeitgebers entstehen, haftet das Unternehmen. Eine Haftung scheidet jedoch aus, wenn – wie im Eingangsfall – der den Schaden verursachende Sachverhalt vonseiten des Arbeitgebers gar nicht thematisiert wurde.

Übersicht: Grundsätze des BAG zu den Hinweispflichten des Arbeitgebers

  • Arbeitgeber ist nicht für die Vermögensinteressen seiner Beschäftigten verantwortlich.
  • Arbeitgeber schuldet keine Beratung zur Betriebsrente und somit auch keine Aufklärung zur Beitragspflicht.
  • Erteilt der Arbeitgeber freiwillig Auskünfte, müssen diese richtig, eindeutig und vollständig sein.
  • Sind Auskünfte des Arbeitgebers fehlerhaft und führen zu einem finanziellen Schaden, macht er sich schadenersatzpflichtig.
Autor*in: Daniel Roth (ist Chefredakteur des Beratungsbriefs Urteils-Ticker Betriebsrat.)