09.08.2022

Urlaub: Die wichtigsten Fragen an den Betriebsrat

Über das Thema Urlaub wird in den Betrieben erfahrungsgemäß sehr ausgiebig und emotional diskutiert. Das ist auch nicht weiter verwunderlich. Schließlich will beim Urlaub niemand zu kurz kommen. Welche Fragen den Beschäftigten dabei besonders unter den Nägeln brennen, erfahren Sie hier in den „FAQs Urlaub“.

FAQ Urlaub

Kein gesetzlicher Anspruch auf Urlaubsgeld

„Ein guter Bekannter hat mir erzählt, dass ihm sein Arbeitgeber für die 30 Tage Urlaub im Jahr neben seinem Lohn ein Urlaubsgeld bezahlt. Hat eigentlich jeder Arbeitnehmer einen Anspruch auf ein zusätzliches Urlaubsgeld?“

Nein. Das Gesetz kennt keinen Anspruch auf ein zusätzliches Urlaubsgeld. Ein solcher Anspruch kann aber individuell im Arbeitsvertrag oder kollektiv in einer Betriebsvereinbarung oder in einem Tarifvertrag geregelt sein.

Beschäftigte haben keinen Anspruch auf wunschgemäße Urlaubserteilung

„Ist mein Arbeitgeber verpflichtet, mir in dem von mir gewünschten und beantragten Zeitraum Urlaub zu geben?“

Nein. Jeder Arbeitnehmer hat zwar einen gesetzlichen Anspruch auf Urlaub. Es besteht aber kein Anspruch gegen den Arbeitgeber auf Urlaubsgewährung zu einem konkreten Termin. Das Bundesurlaubsgesetz sagt hierzu in § 7 BUrlG, dass bei der zeitlichen Festlegung des Urlaubs „die Urlaubswünsche des Arbeitnehmers zu berücksichtigen“ sind. Das gilt aber nur, wenn diesen Wünschen nicht entweder „dringende betriebliche Belange oder Urlaubswünsche anderer Arbeitnehmer, die unter sozialen Gesichtspunkten den Vorrang verdienen, entgegenstehen“.

Dringende betriebliche Belange lassen Urlaubsträume zerplatzen

„Mein Chef hat meinen Urlaubswunsch mit der Begründung abgelehnt, dass dringende betriebliche Belange meine Anwesenheit im Betrieb erfordern würden. Was sind eigentlich dringende betriebliche Belange?“

Dringende betriebliche Belange ermöglichen es dem Arbeitgeber gemäß § 7 Abs. 1 BetrVG, den Urlaubswunsch eines Arbeitnehmers abzulehnen, weil seine Freistellung zu der von ihm gewünschten Zeit zu nicht unerheblichen Beeinträchtigungen im Betriebsablauf führen würde. Dringende betriebliche Belange sind z. B. ein unerwartet eingegangener Großauftrag, Abschluss- und Inventurarbeiten, Unterbesetzung aufgrund Krankheit, „Hochsaison“ in bestimmten Branchen, Schlussverkauf oder die Einhaltung festgelegter Betriebsferien. Die Anforderungen für den Arbeitgeber sind dabei streng. Er muss das Vorliegen des Ablehnungsgrundes darlegen und beweisen.

Hürden für Urlaubswiderruf sind hoch

„Darf der Arbeitgeber einen bereits genehmigten Urlaub nachträglich wieder streichen?“

Grundsätzlich nicht. Ist der Urlaub für einen bestimmten Zeitraum genehmigt, sind sowohl der Arbeitgeber als auch der Arbeitnehmer daran gebunden. Um einen bereits genehmigten Urlaub zu widerrufen, muss der Arbeitgeber hohe Hürden überwinden. Bloße organisatorische Probleme reichen hierfür nicht aus. Es muss sich schon um existenzbedrohende Schwierigkeiten handeln.

Rückruf aus dem Urlaub kann nur in absoluten Notfällen gerechtfertigt sein

„Kann mich mein Chef aus dem Urlaub an den Arbeitsplatz zurückbeordern?“

In aller Regel nicht. Die Beschäftigten sollen im Urlaub nicht ständig befürchten müssen, vom Arbeitgeber zurückgerufen zu werden. Schließlich dient der Urlaub der Erholung. Eine sogenannte Rückrufvereinbarung ist unzulässig. Nach der Rechtsprechung muss das Unternehmen bildlich gesprochen kurz vor dem Zusammenbruch stehen, bevor der Arbeitgeber einen Beschäftigten aus dem bereits angetretenen Urlaub zurückrufen darf (BAG, Urteil vom 20.06.2000, Az.: 9 AZR 405/99).

Hinweis: Abbruch des Urlaubs nur bei Katastrophen

Nur bei Naturkatastrophen (z. B. Überschwemmung des Betriebsgeländes, Brand eines Gebäudes) oder einer existenzbedrohenden Krise des Unternehmens kann ein Arbeitnehmer aus dem Urlaub zurückgerufen werden.

Arbeitnehmer im Urlaub müssen nicht erreichbar sein

„Als ich mich von meinem Chef in den Urlaub verabschiedet habe, wünschte der mir gute Erholung und gab mir augenzwinkernd mit auf den Weg, ich solle mein Smartphone immer parat haben, man könne ja schließlich nie wissen. Muss ich für meinen Arbeitgeber im Urlaub überhaupt erreichbar sein?“

Nein. Arbeitnehmer haben ein Recht auf Ruhe im Urlaub und müssen deshalb nicht für ihren Arbeitgeber erreichbar sein. Laut Bundesurlaubsgesetz müssen Beschäftigte an ihren freien Tagen vollständig von jeglichen Arbeitspflichten entbunden sein. Das heißt: Arbeitnehmer müssen nicht ans Telefon gehen, wenn der Chef im Urlaub anruft. Auch E-Mails und SMS müssen nicht beantwortet werden. Nur in besonderen Ausnahmesituationen ist es dem Arbeitgeber gestattet, Beschäftigte während des Urlaubs anzurufen. Das ist z. B. der Fall, wenn nur der sich im Urlaub befindliche Arbeitnehmer ein bestimmtes Passwort kennt, das im Betrieb dringend benötigt wird.

Bei Krankheit gehen keine Urlaubstage verloren

„Was ist, wenn ich im Urlaub krank werde? Gehen die Urlaubstage dann verloren?“

Nein. Erkrankt ein Beschäftigter im Urlaub, kann der Urlaubsanspruch nicht erfüllt werden. Denn der Zweck des Urlaubsanspruchs ist die Erholung. Durch eine Erkrankung ist die Erholungswirkung des Urlaubs jedoch beeinträchtigt. Der Beschäftigte kann deshalb für die Zeit seiner Krankheit erneut Urlaub beanspruchen. Er ist jedoch nach § 9 BUrlG verpflichtet, dem Arbeitgeber die Erkrankung durch die Vorlage eines ärztlichen Attestes nachzuweisen.

Erlaubte Privatnutzung: Mit dem Firmenwagen in den Urlaub

„Darf ich mit meinem Dienstwagen in den Urlaub fahren?“

Es kommt darauf an. Hat der Arbeitgeber dem Beschäftigten den Dienstwagen auch zur privaten Nutzung überlassen, stellt die Nutzungsmöglichkeit einen sogenannten sachwerten Vorteil dar. D. h. der Dienstwagen gilt als (zu versteuernder) Teil der Vergütung. In diesem Fall hat der Beschäftigte deshalb auch einen Anspruch darauf, den Firmenwagen stets privat zu nutzen, soweit er einen Vergütungsanspruch hat – also auch während des bezahlten Urlaubs.

Hinweis: Dienstwagenregelung nur im Arbeitsvertrag

Es bleibt dem Arbeitgeber überlassen, im Arbeitsvertrag eine andere Regelung zu treffen. Eine einseitige Weisung des Arbeitgebers oder eine nachträglich von ihm erlassene Dienstwagenordnung genügt in aller Regel nicht, um das Nutzungsrecht z. B. für die Zeit des Urlaubs einzuschränken.

Nicht jede Nebentätigkeit im Urlaub ist verboten

„Ich möchte für meine Familie ein Haus kaufen. Von einer Vollfinanzierung halte ich nichts. 30 % des Kaufpreises will ich aus der eigenen Tasche bezahlen. Dazu fehlen noch rund 3.000 €. Ich habe mich jetzt dazu entschieden, meinen vierwöchigen Sommerurlaub zu opfern, um in einem anderen Betrieb Geld zu verdienen. Jetzt meinte ein Kollege von mir, ich dürfe in meinem Urlaub nicht arbeiten – schon gar nicht für einen anderen Arbeitgeber. Das ist doch Quatsch, oder? Ich dachte immer, im Urlaub darf ich machen, was ich will!“

Nein, das ist kein Quatsch. Urlaub soll der Erholung dienen. Deshalb dürfen Beschäftigte gemäß § 8 BUrlG während des Urlaubs „keine dem Urlaubszweck widersprechende Erwerbstätigkeit leisten“. Diese Voraussetzung ist erfüllt, wenn eine Erwerbstätigkeit in einem ähnlichen zeitlichen Umfang wie die eigentliche Arbeit ausgeübt wird. Merken Sie sich in diesem Zusammenhang: Je ähnlicher die Nebentätigkeit während des Urlaubs dem Hauptjob ist und je umfangreicher diese ausgeübt wird, desto eher wird sie dem Urlaubszweck widersprechen.

Beispiel: erlaubte Nebentätigkeit im Urlaub

Auch hier gilt: Keine Regel ohne Ausnahme. Arbeitet ein Sachbearbeiter während seines dreiwöchigen Sommerurlaubs gegen Bezahlung als Strandkorbwächter, so handelt es sich dabei ohne Zweifel um eine Erwerbstätigkeit im Sinne des § 8 BUrlG. Es stellt sich aber die Frage, ob diese Tätigkeit dem Erholungszweck entgegensteht. Denn es handelt sich nicht um eine Tätigkeit, die den Sachbearbeiter in gleicher Weise in Anspruch nimmt, wie sein Hauptjob. In einem solchen Fall kann eine entgeltliche Nebentätigkeit während des Erholungsurlaubs also erlaubt sein.

Praxistipp

Wer im Urlaub arbeitet und somit gegen § 8 BUrlG verstößt, kann für die Nebentätigkeit dennoch den vereinbarten Lohn verlangen, weil die mit dieser Erwerbstätigkeit verbundene Vergütungsvereinbarung wirksam ist. Denn das in § 8 BUrlG enthaltene Verbot betrifft das Verhältnis von Arbeitnehmer und Arbeitgeber. Deshalb kann eine dem Erholungszweck zuwiderlaufende Erwerbstätigkeit als Verletzung arbeitsvertraglicher Pflichten angesehen und abgemahnt werden. Im Wiederholungsfall droht dem Arbeitnehmer gar die Kündigung.

Kein gesetzlicher Anspruch auf Urlaubsgeld

„Ein guter Bekannter hat mir erzählt, dass ihm sein Arbeitgeber für die 30 Tage Urlaub im Jahr neben seinem Lohn ein Urlaubsgeld bezahlt. Hat eigentlich jeder Arbeitnehmer einen Anspruch auf ein zusätzliches Urlaubsgeld?“

Nein. Das Gesetz kennt keinen Anspruch auf ein zusätzliches Urlaubsgeld. Ein solcher Anspruch kann aber individuell im Arbeitsvertrag oder kollektiv in einer Betriebsvereinbarung oder in einem Tarifvertrag geregelt sein.

Alle Vertragsparteien haben insbesondere den Gleichbehandlungsgrundsatz zu beachten. Das bedeutet, dass Urlaubsgeld entweder allen oder eben keinem Arbeitnehmer gewährt werden kann. Eine sachliche Unterscheidung ist hier nur schwer möglich.

Die Vertragsparteien sind sowohl hinsichtlich des „Ob“ als auch hinsichtlich der Ausgestaltung des Urlaubsgeldes im Rahmen der verbindlichen Regeln frei. Die Arbeitsvertragsparteien sind allerdings an etwaige für sie geltende Tarifregelungen gebunden und müssen etwaige betriebliche Übungen berücksichtigen.

In einem Unternehmen unterliegt die Gewährleistung des Urlaubsgeldes nicht der zwingenden Mitbestimmung durch den Betriebsrat. Sofern kein Tarifvertrag über die Gewährung des Urlaubsgeldes besteht, sollten Sie daher eine freiwillige Betriebsvereinbarung nach § 77 Abs. 3 BetrVG abschließen. So kann der Betriesrat dennoch Einfluss nehmen.

Wie wird das Urlaubsentgelt korrekt berechnet?

Die Hauptflicht aus dem Arbeitsvertrag aufseiten der Beschäftigten ist das Erbringen der Arbeitsleistung. Im Gegenzug ist der Arbeitgeber verpflichtet, diese vertragsgemäß zu vergüten. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz stellt der bezahlte Erholungsurlaub dar: Abgesehen vom Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) werden die Rahmenbedingungen in Tarifverträgen, Betriebsvereinbarungen oder auch in den einzelnen Arbeitsverträgen geregelt. Nach § 11 BUrlG ist der Arbeitgeber dazu verpflichtet, das Grundgehalt sowie bestimmte zusätzliche Vergütungsbestandteile auch während des Urlaubs zu zahlen. Dabei richtet sich das Urlaubsentgelt nach dem durchschnittlichen Verdienst. Gibt es also ein feststehendes Monatsgehalt, ist der Arbeitgeber verpflichtet, dieses auch während der urlaubsbedingten Abwesenheit zu zahlen.

Hinweis: Vergütung auf Stundenbasis

Bei Vergütung auf Stundenbasis wird nach § 11 Abs. 1 Satz 1 BUrlG der Durchschnittsverdienst aus den letzten 13 Wochen vor dem Urlaubsbeginn zugrunde gelegt. Dazu zählen neben dem Grundgehalt auch arbeitsbezogene Zuschläge, wie Gefahren- oder Schichtzulagen, Provisionen, Sachbezüge oder Umsatzbeteiligungen. Dagegen werden Überstundenvergütungen oder einmalige Zahlungen, wie z. B. Tantiemen oder Urlaubsgeld, nicht berücksichtigt. Das gilt auch für Reisekosten oder Spesen, die als Aufwendungsersatz nicht zum eigentlichen Arbeitsentgelt gezählt werden.

Gehaltserhöhungen müssen berücksichtigt werden

Sofern eine Gehaltserhöhung in den Berechnungszeitraum fällt, ist der Arbeitgeber nach § 11 Abs. 1 Satz 2 BUrlG verpflichtet, das Urlaubsentgelt auf der Basis des erhöhten Gehalts zu berechnen. Dagegen bleiben Lohnsenkungen unberücksichtigt, zumindest soweit den Beschäftigten keine Schuld an der Lohnsenkung trifft. Das bezieht sich insbesondere auf Lohnausfälle infolge von betrieblich bedingter Kurzarbeit oder auch auf Produktionspausen infolge unvorhersehbarer Reparaturen an den Produktionsanlagen.

Autor*innen: Silke Rohde (ist Rechtsanwältin & Journalistin sowie Chefredakteurin des Fachmagazins Betriebsrat KOMPAKT.), Redaktion Mitbestimmung