03.02.2022

BAG stellt klar: „Kurzarbeit Null“ rechtfertigt Urlaubskürzung

Wegen Corona meldeten viele Betriebe Kurzarbeit an. In der Folge stellte sich die Frage, ob wegen Kurzarbeit ausgefallene Arbeitstage Auswirkungen auf den Urlaubsanspruch haben. Das BAG entschied, dass eine anteilige Kürzung des Jahresurlaubes rechtens sei, wenn wegen Kurzarbeit einzelne Arbeitstage vollständig ausgefallen seien.

Kurzarbeit Betriebsrat

Worum geht es?

Arbeitsrecht. Eine Arbeitnehmerin ist drei Tage die Woche als Verkaufshilfe tätig. Bei einer Sechstagewoche hätte ihr laut Arbeitsvertrag ein jährlicher Erholungsurlaub von 28 Werktagen zugestanden. Bei einer vereinbarten Dreitagewoche bedeutet dies einen Urlaubsanspruch von 14 Arbeitstagen. Da es im Zuge der Coronavirus-Pandemie zu Arbeitsausfall im Unternehmen kam, führte der Arbeitgeber Kurzarbeit ein. Zu diesem Zweck kam es zu einer Kurzarbeitsvereinbarung zwischen der Arbeitnehmerin und dem Arbeitgeber. Auf dieser Grundlage war die Arbeitnehmerin in den Monaten April, Mai und Oktober 2020 vollständig von der Arbeitspflicht befreit. In den Monaten November und Dezember 2020 arbeitete sie an insgesamt fünf Tagen. Anlässlich der kurzarbeitsbedingten Arbeitsausfälle nahm der Arbeitgeber eine Neuberechnung des Urlaubes vor. Er bezifferte den Jahresurlaub der Arbeitnehmerin für das Jahr 2020 auf 11,5 Arbeitstage. Dagegen klagte die Arbeitnehmerin. Sie argumentierte, dass kurzarbeitsbedingt ausgefallene Arbeitstage urlaubsrechtlich wie Arbeitstage zu werten seien. Der Arbeitgeber sei deshalb nicht berechtigt gewesen, den Urlaub zu kürzen. Für das Jahr 2020 stünden ihr weitere 2,5 Urlaubstage zu.

Das sagt das Gericht

Das Gericht war anderer Meinung und wies die Klage ab. Der kurzarbeitsbedingte Ausfall ganzer Arbeitstage rechtfertige eine unterjährige Neuberechnung des Urlaubsanspruches. Aufgrund einzelvertraglich vereinbarter Kurzarbeit ausgefallene Arbeitstage seien weder nach nationalem Recht noch nach Unionsrecht Zeiten mit Arbeitspflicht gleichzustellen. Der Urlaubsanspruch der Arbeitnehmerin aus dem Kalenderjahr 2020 übersteige deshalb nicht die vom Arbeitgeber berechneten 11,5 Arbeitstage. Allein bei Zugrundelegung der drei Monate, in denen die Arbeit vollständig ausgefallen sei, hätte die Arbeitnehmerin lediglich einen Anspruch auf 10,5 Arbeitstage gehabt (28 Werktage x 117 Tage mit Arbeitspflicht geteilt durch 312 Werktage). BAG, Urteil vom 30.11.2021, Az.: 9 AZR 225/21

Das bedeutet für Sie

§ 3 Abs. 1 BUrlG (Bundesurlaubsgesetz) sieht bei einer Sechstagewoche einen Urlaubsanspruch im Umfang von 24 Tagen vor. Wird an weniger als sechs Tagen pro Woche gearbeitet, reduziert sich der Urlaubsanspruch entsprechend. Daraus folgt der in der Praxis übliche Urlaubsanspruch von 20 Tagen bei einer Fünftagewoche. Nach dem Willen des Gesetzgebers sollen Beschäftigte nur für diejenigen Tage einen Urlaubsanspruch erhalten, an denen sie auch tatsächlich Arbeit leisten. Bei Kurzarbeit Null arbeiten die Beschäftigten an den festgelegten Tagen gar nicht, sodass für diese Zeit auch kein Urlaubsanspruch entstehen kann. Für jeden Monat, in dem sich ein Arbeitnehmer in Kurzarbeit Null befindet, kann der Arbeitgeber den Urlaubsanspruch um 1/12 kürzen. In Betrieben, in denen sich eine Kurzarbeit abzeichnet, ist den Beschäftigten anzuraten, den Erholungsurlaub möglichst frühzeitig zu beantragen und dann auch zeitnah in Anspruch zu nehmen.

Hinweis

Eine Urlaubskürzung aufgrund Kurzarbeit Null setzt eine wirksame Einführung der Kurzarbeit voraus. Eine entsprechende Vereinbarung muss zu ihrer Wirksamkeit insbesondere die zeitliche Dauer sowie Regelungen zum Umfang der Kurzarbeit enthalten. Als Rechtsgrundlage kommen eine einzelvertragliche Vereinbarung, eine Kurzarbeitsklausel im Arbeitsvertrag, eine Betriebsvereinbarung oder eine tarifvertragliche Regelung in Betracht.

Autor*in: Daniel Roth (ist Chefredakteur des Beratungsbriefs Urteils-Ticker Betriebsrat.)