31.08.2016

Wann ist eine Mauer verfahrensfrei?

Ein Bauherr errichtet ohne Baugenehmigung auf der Grenze seines tiefer als die Umgebung gelegenen Grundstücks eine Mauer, die nach innen zwischen 2,00 m und 2,40 m hoch ist, straßenseitig dagegen nur 1,60 m bis 1,80 m hoch. In diesem Zusammenhang erging am 14.01.2016 ein richterlicher Beschluss. Entscheidend dabei ist, ob die Mauer „verfahrensfrei“ gestellt ist.

Wann ist eine Mauer verfahrensfrei?

Leitsatz

  1. Die maßgebliche Höhe einer Mauer ist von der Geländeoberfläche bis zur Oberkante der Mauer zu messen.
  2. Bei unterschiedlichen Höhenlagen zwischen Bau- und Nachbargrundstück kommt es für die Einordnung als verfahrensfreies Vorhaben darauf an, dass die Mauer an keiner Stelle die Höhenbegrenzung überschreitet.

(VGH Bayern, Beschluss vom 14.01.2016 – 1 ZB 12.788)

Kommentar des Autors

Von einer Baugenehmigung kann man nur absehen, wenn das Bauvorhaben nach der Landesbauordnung „verfahrensfrei“ gestellt ist. Stellt der Gesetzgeber pauschalierend auf Größenangaben wie Flächen, Rauminhalte oder Höhen ab, um unbedeutende Bauvorhaben von verfahrenspflichtigen Vorhaben abzugrenzen, so müssen diese Größenangaben stets und nach jeder Betrachtungsweise eingehalten sein.

Die maßgebliche Höhe ist – wie im Bauaufsichtsrecht üblich – von der Geländeoberfläche bis zur Oberkante der Mauer zu messen. Dabei kommt es nach Auffassung des Senats für die Einordnung als verfahrensfreies Vorhaben darauf an, dass die Mauer an keiner Stelle die Höhenbegrenzung überschreitet.

Damit stellt sich der Senat gegen die in der Literatur vertretene Auffassung, wonach bei unterschiedlichen Höhenlagen zwischen Bau- und Nachbargrundstück die Höhe ausschließlich vom Baugrundstück aus zu messen ist. Im konkreten Fall ist die Mauer auf dem Baugrundstück allerdings höher als 2,00 m und hätte auch dann einer Genehmigung bedurft.

Die Mauer ist wegen ihrer Höhe von über 2,00 m folglich nicht nach Art. 57 Abs. 1 Nr. 7 Buchst. a BayBO verfahrensfrei. Das Fehlen einer Baugenehmigung führt in diesem Fall zur Baueinstellung. Nach Art. 75 Abs. 1 Satz 1 BayBO kann die Bauaufsichtsbehörde die Arbeiten einstellen, wenn Anlagen im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften errichtet, geändert oder beseitigt werden.

Autor*in: Ronald Kunze (Ronald Kunze, Dr.-Ing., Assessor für Städtebau, Stadtplaner IfR/SRL, Fachautor für Städtebau und Planungsrecht, war Lehrbeauftragter, leitete die Ortsplanungsstelle Leipzig und arbeitet heute als freischaffender Stadtplaner und Fachredakteur. Büro für Städtebau und Kommunalberatung, Langenhagen. Mitherausgeber „Das Praxishandbuch der Bauleitplanung und des Städtebaurechts“ (WEKA))