13.05.2016

Generelle Beurteilung – Beurteilungskriterien bei Anstrich- und Tapezierarbeiten

Bei der Beurteilung von Anstrich- und Tapezierarbeiten kommt die DIN 18202 nur bei der Prüfung der Vorleistung zur Anwendung. Im Einzelnen sind Schichtdicken den Herstellerangaben zu entnehmen. Einige allgemeine Anforderungen für Beschichtungsstoffe in Abstimmung auf verschiedene Untergründe können aber auch den Merkblättern der „Technischen Richtlinien für Maler- und Lackiererarbeiten“ entnommen werden.

Maßtoleranzen

Beurteilung nach relevanten DIN-Normen

Zu den Anstrich- und Tapezierarbeiten zählen die

  • Maler- und Lackierarbeiten nach ATV DIN 18363
  • und die Tapezierarbeiten nach ATV DIN 18366

aus Teil C der VOB. Weiterhin haben die Normen zur Beurteilung der Vorleistungen Relevanz. Zu nennen sind:

  • ATV DIN 18340 Trockenbauarbeiten
  • ATV DIN 18350 Putz- und Stuckarbeiten
  • DIN 18550-1:2014-12 Planung, Zubereitung und Ausführung von Innen- und Außenputzen – Teil 1: Ergänzende Festlegungen zu DIN EN 13914-1 für Außenputze
  • DIN 18550-2:2015-06 Planung, Zubereitung und Ausführung von Innen- und Außenputzen – Teil 2: Ergänzende Festlegungen zu DIN EN 13914-2 für Innenputze

Beurteilung nach DIN 18202

In der VOB/C der ATV DIN 18363 „Maler- und Lackierarbeiten“ sowie in der ATV DIN 18366 „Tapezierarbeiten“ wird nicht auf die Anwendung der DIN18202 „Toleranzen im Hochbau – Bauwerk“ verwiesen. Das ist so zu verstehen, dass die dort geforderten Toleranzen zu grob sind, also bei Anstrich- und Spachtelarbeiten deutlich geringere Toleranzen und damit eine wesentlich höhere Anforderung an die Maßhaltigkeit gefordert werden. Im Einzelnen sind Schichtdicken den Herstellerangaben zu entnehmen. Einige allgemeine Anforderungen für Beschichtungsstoffe in Abstimmung auf verschiedene Untergründe können aber auch den Merkblättern der „Technischen Richtlinien für Maler- und Lackiererarbeiten“ entnommen werden.

Anwendung findet die DIN 18202 dagegen bei der Prüfung der Vorleistung. Diese ist insbesondere bei den Anstrich- und Tapezierarbeiten gewissenhaft durchzuführen, da ein Ausgleich mit Anstrichen und Tapete von Unebenheiten kaum möglich ist. Regulär fallen hier unter die Vorleistungen die Trockenbauarbeiten, die Putz- und Stuckarbeiten und die Putze und Putzsysteme.

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Beurteilung nach technischen und sonstigen Regeln

VOB/B

Die ATV DIN 18366 enthält in Abschnitt 3.1.1 den Hinweis, dass der Auftragnehmer dem Auftraggeber seine Bedenken nach § 4 Nr. 3 VOB/B mitzuteilen hat, wenn er Unebenheiten im Untergrund feststellt. Es fehlt aber jegliche Definition der Art und des Ausmaßes der Unebenheiten, wegen der der Auftragnehmer seine Bedenken geltend machen soll.

Richtlinien und Merkblätter

Zusätzlich zu den Normen gibt es noch Richtlinien, Merkblätter u.Ä., die auch Angaben zu Toleranzen enthalten können. Diese sind aber für den Auftragnehmer nur verbindlich, wenn ihre Gültigkeit ausdrücklich vertraglich geregelt ist.

Für die Ausführung von Oberflächen bei Trockenbauarbeiten als Untergrund für die Anstrich- und Tapezierarbeiten sollte der Auftraggeber die Beachtung des Merkblatts 2 „Verspachtelung von Gipsplatten – Oberflächengüten“, herausgegeben vom Bundesverband der Gipsindustrie e.V., Industriegruppe Gipsplatten, vorschreiben. In diesem Merkblatt werden Qualitätsstufen von Q1 bis Q4 für die Ausführung von Oberflächen definiert und für diese Qualitätsstufen auch angegeben, welche nachfolgende Oberflächenbeschichtung jeweils geeignet ist.

Beschichtungsdicken

Die Toleranzen nach DIN 18202 gelten nicht. Schichtdicken sind im Einzelnen den Herstellerangaben zu entnehmen. Unterschieden werden u.a.:

  • Beschichtung auf Gasbeton
  • Beschichtung auf Plansteinmauerwerk
  • Beschichtung auf Stahlbauteilen

Zugehörige Tabellen zu den Beschichtungen finden sich in Kapitel Maßtoleranzen, 4.9.1.

Brandschutzbekleidung für Bauteile aus Stahl

Die Wirkungsweise des Beschichtungssystems als Brandschutzbekleidung beruht auf einer dämmenden Wirkung für das Stahlbauteil gegen die Einwirkung der Hitze im Brandfall. Daher dürfen die beschichteten Bauteile keine weitere Bekleidung oder sonstige Ummantelung erhalten, die den Dämmschichtbildner daran hindern, aufzuschäumen (Mindestabstand 4 cm).

Bei der Ausführung von Maler- und Tapezierarbeiten ist im Hinblick auf Maßtoleranzen für den Brandschutz zu berücksichtigen, dass für die Brandschutzbeschichtung die Angaben der bauaufsichtlichen Zulassung verbindlich sind. Dabei dürfen dämmschichtbildende Beschichtungen für Holz und Stahl nur angewendet werden, wenn an der Verarbeitungsstätte eine gültige Zulassung (Prüfbescheid) als Durchschrift oder Kopie vorliegt.

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In der allgemeinen bauaufsichtlichen Zulassung Z-PA-III oder im Prüfbescheid PA-III (mit befristeter Geltungsdauer) werden u.a. folgende Hinweise gegeben (beispielhaft für Holz angegeben):

  • Holz und Holzwerkstoffe > 12 mm Dicke
  • Mindestauftragsmenge (z.B. 300 g/m2)

Weiter ist bei der Ausführung von Beschichtungen auf geeignete Kantenausbildungen des Untergrunds zu achten. Die Anzahl der aufzutragenden Beschichtungen ist aus den Merkblättern der Hersteller zu entnehmen. Die Angabe zur Schichtdicke der Beschichtung ist häufig indirekt aus der Angabe der zu verarbeitenden Stoffmenge pro Quadratmeter abzuleiten. Die Beschichtung darf zum Schutz gegen Witterungseinflüsse (z.B. Feuchte- und Korrosionsschutz, UV-Schutz) keine Fehlstellen aufweisen.

Beschichtung auf Holzbauteilen

Für die Auswahl von Anstrichstoffen bei Holzbauteilen gibt es keine bindenden Vorschriften. Es gelten hier die anerkannten Regeln des Handwerks. Nachfolgend soll auf wichtige Planungs- und Ausführungspunkte bei Holzanstrichen eingegangen werden.

Kantenausbildung

Bei der Beschichtung von Holzbauteilen kommt es neben der Schichtdicke auch besonders auf die Kantenausbildung des Holzuntergrunds an, denn der Beschichtungsstoff zieht sich vor dem Austrocknen von der Kante zurück. Deshalb kann es an scharfen Kanten zu Rissen in der Beschichtung und zu Haftstörungen in der Beschichtung kommen. Alle Außenkanten müssen gerundet sein (Rundungsradius ≥ 2 mm), damit durch ausreichende Schichtdicke ein guter Kantenschutz ermöglicht wird. Noch wichtiger als der Rundungsradius ist die Ausbildung der Rundung, indem die Enden der Rundung in die angrenzenden Flächen einlaufen.

Einteilung von Beschichtungsqualitäten in Anstrichgruppen

Die Einteilung von Beschichtungsqualitäten in Anstrichgruppen soll es der Lackindustrie erleichtern, gezielt für den konkreten Bedarf Anstrichspezialitäten wie Grundierungen, Zwischen- und Schlusslacke bzw. -lasuren bereitzustellen. Es sollten dabei die Fragen gestellt werden:

  • Welche Belastungen muss das zu beschichtende Bauteil aushalten?
  • Ist das Grundierungsmaterial, das normalerweise eingesetzt wird, noch das geeignete?

Voraussetzung für eine ordnungsgemäße Beschichtung ist, dass die behandelten Bauteile nach den anerkannten Regeln des Handwerks hergestellt und für den Anstrich vorbereitet worden sind.

Faktoren für die Einteilung zu den Anstrichgruppen

Zusammengefasst werden hier die Faktoren für die Einteilung zu den Anstrichgruppen aus dem Außenraumklima und der Holzart. Differenziert wird zwischen der indirekten Bewitterung (relative Feuchte und Temperatur, ohne Sonnenbestrahlung) und direkten Bewitterung, bei der zusätzlich zur Sonnenstrahlung noch Regen hinzukommen kann.

Aber auch bei innen liegenden Bauteilen können direkte Sonnenstrahlen besonders bei teilbeschienen oder teils bedeckten Flächen Farbveränderungen hervorrufen. Hierzu muss der Planer ebenfalls Überlegungen anstellen, inwieweit dies eine optische Beeinträchtigung sein kann.

Das ift – Institut für Fenstertechnik – in Rosenheim unterteilt den Faktor Holzarten in drei Gruppen:

  • Holzart I: Nadelhölzer wie z.B. Kiefer, Oregon-Pine, Pitch-Pine, Lärche
  • Holzart II: harzarme Nadelhölzer wie z.B. Fichte, Redwood, Red Cedar
  • Holzart III: Laubhölzer wie z.B. Sipo, Swietenia, Dark Red Meranti, Teak, Afzelia/Doussié, Kambala/Iroko, Cedrela, Merbau, Eiche

Beschichtung auf Sichtbetonoberflächen

Sichtbetonoberflächen, die für einen anschließenden Anstrich vorgesehen sind, sollten mit einem vergleichsweise geringen Porenanteil an der Oberfläche hergestellt werden. Gleichwohl ist aber zu berücksichtigen, dass die Ebenheitstoleranzen, selbst bei der Vereinbarung erhöhter Anforderungen, lediglich in einem Rahmen nach DIN 18202, Tabelle 3, Zeile 7 liegen. Demnach können trotz Einhaltung der Ebenheitstoleranzen Spachtelarbeiten für das Erreichen des gewünschten Eindrucks der Oberfläche erforderlich werden.

Tapeten/Mustertapeten

Bei der Maßhaltigkeit von Tapeten kommt es z.B. auf die Länge, die Breite, den Ansatz und den Rapport des Musters an, um eine optisch einwandfreie Leistung herstellen zu können.

Bei Mustertapeten kann zur Überprüfung der Maßhaltigkeit im Tapetenmuster z.B. ein ca. 1 m langer Steifen abgetrennt werden. Anschließend werden beide Längsseiten der Tapete nach vorne umgeklappt, sodass sie mit der gemusterten Tapetenseite aneinanderstoßen. Die beiden Längsseiten müssen dann in ihrem Muster genau aneinanderpassen.

Wie oben bereits erwähnt, muss der Untergrund bei Mustertapeten eine gewisse Maßhaltigkeit einhalten, sonst kommt es zu vertikalen Abweichungen, die an dem Muster der Tapete zu erkennen sind und die damit einen optischen Mangel an der Werkleistung darstellen. Hier ist, Erfahrungen zufolge, eine Ebenheit im Untergrund empfehlenswert, die mindestens eine Halbierung der zulässigen Stichmaße der DIN 18202 in vertikaler Richtung erreicht.

Inhärente Toleranzen

Inhärente Toleranzen spielen bei Beschichtungen insbesondere im Außenbereich oder an stark von der Sonne beschienenen Bauteilen eine Rolle. Hier kann es aufgrund von unterschiedlichen Oberflächenbeschichtungen zu erheblichen Temperaturschwankungen kommen. Die Temperaturschwankungen können je nach Baustoff Längenänderungen im Untergrund hervorrufen, die von der Beschichtung aufgenommen werden müssen. Andernfalls kommt es zu Rissen in der Beschichtung mit der Zerstörung des Witterungsschutzes als Folge. In den beiden nachfolgenden Tabellen werden beispielhaft Temperaturerhöhungen für Beschichtungen auf Holzwerkstoffen aufgeführt.

Der Farbton einer Oberflächenbeschichtung hat wesentlichen Einfluss auf die Haltbarkeit des Farbfilms. Nicht zuletzt bestimmt er den Grad der Aufheizung. Die nachstehenden Tabellen dienen als Anhalt für die zu erwartenden Oberflächentemperaturen. Geringe Temperaturunterschiede ergeben sich zwischen hochglänzenden und seidenglänzenden Lacken. Hochglänzende Lacke spiegeln die auftreffenden Sonnenstrahlen stärker zurück.

Tab. 1: Oberflächentemperaturen für lasierende Beschichtungen nach BFS-Merkblatt Nr. 18

Lasurfarbe °C Tönung
Natur (farblos)/Hellbraun/Eiche 50–60 hell getönt
Mittelrot/Mittelbraun/Teak 60–70 mittel getönt
Nuss/Dunkelbraun/Anthrazit 70–80 dunkel getönt

Tab. 2: Oberflächentemperaturen für deckende Beschichtungen nach BFS-Merkblatt Nr. 18

RAL-TON HBW °C Tönung
9001 Cremeweiß 78 40–50 hell getönt

HBW 100–50

1004 Goldgelb 42
1015 Hellelfenbein 67
2002 Blutorange 16 50–65 mittel getönt

HBW 40–30

3000 Feuerrot 12
3003 Rubinrot 8 65–80 dunkel getönt

HBW 30–0

5007 Brillantblau 15
5010 Enzianblau 9
6011 Resedagrün 20
7001 Silbergrau 31
7011 Eisengrau 12
7031 Blaugrau 16
8003 Lehmbraun 12
9005 Tiefschwarz 4
HBW = Hellbezugswert

Die oben aufgeführten Oberflächentemperaturen bei Sonneneinstrahlung können z.B. bei Stahlbauteilen im Untergrund um ein Vielfaches übertroffen werden.

Unabhängig von der Farbe der Oberflächenbeschichtung sind Temperaturschwankungen durch den Wärmeleitfähigkeitskoeffizienten des beschichteten Baustoffs beeinflusst. Je größer die Wärmeleitfähigkeit des Baustoffs ist, umso größer sind die zu erwartenden Temperaturschwankungen im Untergrund.

Zudem hängt die Erwärmung auch von anderen Faktoren wie z.B. von der Tages- und Jahreszeit sowie von der geografischen Lage des Bauwerks ab. Die in den Tabellen angegebenen Werte können nicht absolut, sondern nur als relative Anhaltswerte angesehen werden.

Beurteilung nach optischen Kriterien

Wenn an das optische und gestalterische Erscheinungsbild von Flächen, Kanten u.Ä. besondere Anforderungen gestellt werden sollen, muss der Planer hierzu eigene Überlegungen anstellen und diese bereits in seinen Leistungsbeschreibungen der Vorgewerke angeben. Hierbei wird er von den Normen nicht unterstützt. Hilfestellung finden kann er aber z.B. in den Merkblättern der einschlägigen Verbände und Hersteller. Nur bei augenfälligen Mängeln werden Unebenheiten auch ohne vorherige Vorgabe von zulässigen Toleranzen in der Leistungsbeschreibung objektiv als Mangel angesehen werden können. Das wird immer dann der Fall sein, wenn es sich um Verstöße gegen die allgemeinen handwerklichen Regeln, die gewerbliche Sitte, handelt.

Autor*in: Philipp Heinze