13.02.2015

Falsche Beratung über mögliche Fördermittel – muss der beratende Architekt für Vermögensschäden haften?

Grundsätzlich zur Schadensberechnung bei fehlerhafter oder unterbliebener Beratung über Fördermittel bei energiesparenden Baumaßnahmen

Falsche Beratung über mögliche Fördermittel

Urteil des OLG Celle, 27.02.2014, Aktenzeichen 16 182/13

Sachverhalt

Der Kläger verlangt Schadensersatz von einem Architekten aufgrund dessen fehlerhafter Beratung. Der Beratung liegt ein Vertrag über die Beratung der nötigen energetischen Sanierungsarbeiten zum Erhalt von staatlichen Bau-Fördermitteln in einem vom Kläger erworbenen Mehrfamilienhaus zugrunde.

Der klagende Bauherr macht gegenüber dem Architekten einen Schaden in Höhe von ca. 120.000 € geltend. Das zuvor angerufene Landgericht Hannover hatte einen Beratungsfehler des Architekten angenommen und die Schadenshöhe mit ca. 51.000 € als begründet angesehen. Der Schaden des Bauherrn liege lediglich in dem entgangenen Zuschuss von 20 % der Baukosten. Die weitergehende Klage hatte das Landgericht abgewiesen.

Gegen dieses Urteil des Landgerichts haben sowohl der Bauherr als auch der Architekt Berufung beim Oberlandesgericht in Celle eingelegt.

Architekt:

Auch der vom Landgericht Hannover angenommene Mindestschaden des Bauherrn in Höhe der entgangenen Förderung von der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) bestehe nicht. Der Bauherr könne nur verlangen, so gestellt zu werden, als hätte der Architekt ihn richtig beraten. Aber auch unter diesem Aspekt hätte der Bauherr den Zuschuss in Höhe von ca. 51.000 € nicht erhalten können.

Das Vermögen des Bauherrn, so der Architekt, sei durch die Sanierung nicht geschmälert worden, denn er habe durch die mit den Bauleistungen Beauftragten auch einen entsprechenden Gegenwert in der erbauten Immobilie erhalten.

Der Architekt bestreitet auch ausdrücklich, dass der Bauherr Aufwendungen in Höhe von ca. 281.000 € für den Erhalt des KfW-Standards 85 hatte und dass die Wertsteigerung der Immobilie demgegenüber nur 155.000 € beträgt. (Die Differenz in Höhe von ca. 145.000 € macht der Bauherr gegenüber dem Architekten in diesem Rechtsstreit als Schadensersatz geltend.)

Im Übrigen fehle es überwiegend an der Kausalität der Beratung für den tatsächlich eingetretenen Schaden.

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Bauherr:

Den Gesamtaufwand für die Sanierung des streitgegenständlichen Hauses einschließlich dessen Erwerbs beziffert der Bauherr mit ca. 860.000 € und stellt dies dem behaupteten Verkehrswert von 985.000 € gegenüber, sodass er daraus einen Vermögenszuwachs in Höhe von rund 128.000 € errechnet.

Diesem sogenannten Ist-Vermögen sei das Soll-Vermögen infolge ordnungsgemäßer Aufklärung durch den Architekten gegenüberzustellen, nämlich wenn der Bauherr den Mehraufwand für den KfW-Standard 85 nicht betrieben hätte. Dann hätte der Bauherr nämlich nur rund 425.000 € für die Sanierung aufgewendet, zuzüglich der Erwerbskosten von 150.000 €. Der Verkehrswert des Gebäudes hätte sich dann nur auf 830.000 € belaufen, sodass sich in der Differenz ein Soll-Vermögen in Höhe von 253.000 € ergebe. Die Differenz von rund 145.000 € betrage damit mehr als die Klageforderung.

Entscheidung:

Das Oberlandesgericht Celle hält die Berufung nur des Architekten für begründet, die Berufung des Bauherrn hingegen nicht.

Der Bauherr hat keinen Anspruch auf Ersatz eines durch die fehlerhafte Beratung verursachten Schadens.

Dabei ist zwischen den Parteien nicht streitig, dass der Architekt dem Grunde nach aufgrund seines Beratungsfehlers dem Bauherrn zum Schadensersatz verpflichtet ist. Der Architekt hatte nämlich mit Vertrag vom 15. Februar 2010 unter anderen Beratungsleistungen für die energetische Sanierung eines Mehrfamilienhauses übernommen, darunter auch die Fördermittelberatung und die Hilfestellung bei der Beantragung möglicher Fördermittel.

Beratungsvertrag

Die erfolgte Beratung durch den Architekten war nicht durch diesen selbst, sondern durch einen seiner Mitarbeiter erfolgt und hatte übersehen, dass ein Zuschuss der KfW für die vorgesehene und dann auch vom Architekten durchgeführte Sanierung nach dem KfW-Standard 85, den der Architekt in dem von ihm erstellten Wirtschaftlichkeitsvergleich mit rund 51.000 € angegeben hatte, nicht gewährt werden konnte. Hier erklärt das OLG Celle aber, dass der Architekt den Erfolg der Beratung, nämlich die Förderung, nicht schuldet, denn bei dem zugrunde liegenden Beratungsvertrag handelt es sich nicht um einen Werkvertrag, sondern um einen reinen Dienstvertrag.

Der Architekt hatte es nämlich übernommen, den Bauherrn unter anderem über die Möglichkeiten der energetischen Modernisierung des Objekts zu beraten, hierfür Wirtschaftlichkeitsberechnungen anzustellen und die Fördermittelberatung sowie Hilfestellung bei der Beantragung möglicher Fördermittel zu erbringen.

Damit war für den Senat letztlich in Bezug auf die Fördermittelberatung kein Erfolg geschuldet, sondern nur eine fachliche Beratung dahingehend, welche vorgeschlagenen und auch berechneten Maßnahmen die Voraussetzungen der vom Beklagten angegebenen Förderung erfüllen konnte.

Eine Erfolgsschuld über Werkvertrag oder eine Garantie zur Erlangung der angegebenen Fördermittel in diesem Sinne hat der Architekt hingegen nicht geschuldet und auch in dem Vertrag nicht übernommen.

Diese Wertung des Vertrags als Dienstvertrag zieht die Rechtsfolge nach sich, dass dem geschädigten Bauherrn nur das sogenannte negative Interesse als Schadensersatz zu gewähren ist. Der Bauherr ist mithin so zu stellen, wie er bei richtiger Auskunft durch den Architekten gestanden hätte.

Schadensberechnung

Daraus folgt, dass der Architekt dem Bauherrn entgegen der Auffassung des Landgerichts nicht zum Ersatz des Mindestschadens in Höhe der entgangenen Förderung in Höhe von rund 51.000 € verpflichtet ist.

Denn das wäre das sogenannte positive Interesse, auf dass der Kläger aber keinen Anspruch hat.

In diesem Zusammenhang gilt der Grundsatz der Naturalrestitution gemäß § 249 BGB. Der Bauherr ist hinsichtlich seines Schadensersatzanspruchs so zu stellen, wie er stehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand, das heißt die Beratungspflichtverletzung, nicht eingetreten wäre. Der Bauherr ist dazu der Ansicht, er habe mit der hochwertigen und dem KfW-Standard 85 entsprechenden energetischen Sanierung letztlich einen unnötigen Aufwand getrieben und dadurch einen Schaden erlitten, weil sich dieser Mehraufwand nicht in einem gestiegenen Verkehrswert des Gebäudes in gleicher Weise niedergeschlagen habe.

Das OLG Celle folgt insofern der Argumentation des Bauherrn nicht.

Schon im Ansatz sei verfehlt, etwa einen Vergleich mit den Verkehrswerten der Immobilie mit und ohne die Maßnahmen zur energetischen Modernisierung vorzunehmen.

Für den Senat liegt es auf der Hand, dass sich der finanzielle Aufwand für die Modernisierung nicht im Verhältnis 1 : 1 in einer gleichartigen Steigerung des Verkehrswerts der Immobilie niederschlagen muss.

Der Verkehrswert und damit der Marktwert einer Immobilie setzt sich nämlich aus unterschiedlichen Faktoren zusammen, wobei dem Herstellungswert oder den Sanierungskosten nur eine gewisse Bedeutung neben anderen Faktoren zukommt.

So spielen gerade die Lage und die allgemeine Vermietbarkeit sowie der Zuschnitt der Räume ebenfalls eine entscheidende Rolle, sodass für den im Rahmen einer fehlerhaften Förderleistung anzustellenden Vermögensvergleich im Sinne einer sogenannten Differenzhypothese jedenfalls der Verkehrswert keine Rolle spielen kann.

Dasselbe gilt für den Ankauf des Gebäudes, der hier außer Betracht zu bleiben hat, denn es kann für den Vermögensvergleich nicht darauf ankommen, wie viel der Bauherr für den Ankauf ausgeben musste sowie ob und in welcher Weise sich dies später im Verkehrswert ausdrückt oder wiederfindet. Entscheidend für den Senat ist hingegen, dass der Bauherr für die von ihm vorgenommenen energetischen Maßnahmen mit einem höheren finanziellen Aufwand auch den entsprechenden Mehrwert in Form des entsprechenden Einbaus in das Gebäude erhalten hat.

Dabei ist für den Senat im Grundsatz davon auszugehen, dass die in Auftrag gegebenen Arbeiten auch wertmäßig dem entsprechen, was der Bauherr dafür hat ausgeben müssen.

Das bedeutet für den Senat: In dem so aufwendig sanierten Gebäude findet sich auch der entsprechende Gegenwert für die Modernisierungsmaßnahmen. Das gilt – so der Senat – auch dann, wenn sich dies im Verkehrswert nicht in gleicher Weise widerspiegelt.

Bei dieser vorgenommenen Schadensberechnung hat sich das Vermögen des Bauherrn lediglich von Barvermögen in die Wertanlage der Immobilie hinein verlagert. Das ist für den Senat kein entstandener Schaden.

Autor*in: Frank Thiele (Selbständiger Rechtsanwalt, Zusatzausbildung im Steuerrecht. L eitender Justiziar bei dem Herbert Hillebrand Konzern (Bau und Immobilen) und bei der Deutschen Industrieholdung (DIH). Lehrbeauftragter an der Fachhochschule Köln, viele Vorträge und Seminare. Umfangreichte Tätigkeit als Fachautor.)