Maschinen überwachen, kontrollieren und steuern
Automatisierung und mit ihr die Entlastung von schwerer, schmutziger, eintöniger Arbeit war schon immer der Traum vieler Generationen von Arbeitenden. Allerdings zeigt sich jetzt, dass auch und gerade Tätigkeiten, bei denen „doch nur“ Maschinen überwacht, kontrolliert und gesteuert werden müssen, überaus anstrengend und belastend sein können.
Zuletzt aktualisiert am: 15. September 2025

Aufgabe eines Arbeits- und Gesundheitsschutzes auf der Höhe unserer Zeit muss es daher sein, durch intelligente Gestaltung der Arbeitsbedingungen die unvermeidlichen Belastungen zu minimieren und die Überwachungs- und Kontrollaufgaben für die Beschäftigten interessant und positiv herausfordernd zu halten.
Was heißt eigentlich überwachen, kontrollieren, steuern in der Praxis?
Prägend für solche Tätigkeiten sind eine räumliche Bindung an Maschinen und Anlagen sowie häufig auch eine enge Bindung an die Taktung der Prozesse. Die Abläufe sind meist stark standardisiert.
Sind Beschäftigte zur Überwachung eines Prozesses oder einer Maschine eingesetzt, müssen sie fortwährend den Istzustand und Merkmale wie Qualität und Quantität erfassen, mit einem Sollzustand abgleichen und das Ergebnis bewerten.
Beispiel dafür ist das Beobachten von Oberflächen oder Formen im Rahmen des Qualitätsmanagements. Liegt das Ergebnis außerhalb von Toleranzwerten, sind korrigierende oder steuernde Maßnahmen erforderlich (z.B. Justierung einer Maschine im laufenden Betrieb oder Stillsetzung der Maschine, um Ursachen für Abweichungen untersuchen zu können).
Eine Herausforderung für die Beschäftigten ist es auch, mögliche Arbeitsverläufe vorwegzunehmen und einzugreifen, bevor überhaupt Probleme entstehen. Dieses Antizipieren von Ereignissen und das gezielte Eingreifen erfordern ein hohes Maß an Konzentration sowie fundierte Qualifikationen, um schnell und zielführend mit Arbeitsmitteln wie Kranen und Maschinen, aber auch mit Leitständen und anderen Möglichkeiten zur Steuerung umgehen zu können.
Wie sehen die Schnittstellen aus und wie sollten sie aussehen?
Ob Interaktionen zwischen den Beschäftigten und den Prozessen bzw. Maschinen sicher und gesund verlaufen, hängt in hohem Maß von der Gestaltung der Interaktionsschnittstellen ab. Meist wird bei der Auswahl und der Anordnung von Stell- und Bedienteilen auf Schnelligkeit geachtet.
Doch sollten diese Teile vor allem auch die Beschäftigten zielführend bei der Erfüllung ihrer Aufgaben unterstützen und zuverlässig funktionieren. Anforderungen an Interaktionsschnittstellen sind insbesondere:
- Auswahlmöglichkeiten: Den Beschäftigten sollten für die Beherrschung einer Aufgabenstellung nur die Standardauswahlmöglichkeiten angezeigt werden, die sie dafür benötigen. Irreführende Auswahlmöglichkeiten sind auszublenden.
- Selbsterklärung: Schnittstellen sind selbsterklärend zu gestalten. Anzeigen und Stellteile müssen mühelos zu verstehen sein. Auch sollten die Beschäftigten jederzeit erkennen können, an welcher Stelle im Prozess sie sich befinden.
- Steuerbarkeit: Die Taktung von Arbeitsmitteln, Maschinen und Prozessen darf die Tätigkeit der Beschäftigten nicht vollständig beherrschen. Vielmehr sollten sie die Möglichkeit bekommen, die Steuerung zu übernehmen und Prozesse zu verlangsamen oder zu beschleunigen bzw. zu unterbrechen.
- Schutz vor Überforderung: Die Modi der Interaktionsschnittstellen sollten Beschäftigte gemäß ihrer Qualifikation und Leistungsfähigkeit einstellen können. So kann die Aufgabe z.B. auf die reine Kontrolle des Outputs beschränkt werden, während für Steuerungsmaßnahmen der Prozess unterbrochen wird, bis eine qualifizierte Person eingreifen kann.
- Stressresistenz: In Stresssituationen nutzen Beschäftigte Maschinen und Anlagen häufig ohne langes Nachdenken gemäß verinnerlichten Annahmen über ihre Funktionsweise. Dies kann besonders dann gefährlich werden, wenn die Prozesse sich verändern oder die Bedienung von Stellteilen nicht untereinander konsistent ist (weil z.B. intuitiv mit einem ähnlichen Schalter falsche Fahr- oder Hebebewegungen ausgelöst werden).
- Individualisierbarkeit: Beschäftigte sollten die Möglichkeit haben, Interaktionsschnittstellen wie Bedienmöglichkeiten oder digitale Anzeigen auf ihre persönlichen Bedürfnisse einzustellen.
- Fehlertoleranz: Bedienelemente sind so auszulegen, dass sie entweder Fehler verhindern (z.B. durch Blockieren schädlicher Eingriffe in bestimmten Prozessphasen) oder automatisch Fehler korrigieren.
Keinesfalls zu unterschätzen: die körperlichen Belastungen von Überwachungsarbeit
Auch wenn zweifellos automatisierte Abläufe von vielen körperlich anstrengenden Arbeitsschritten entlasten, gibt es auch bei Kontroll- und Überwachungsaufgaben immer noch bzw. neu hinzutretende körperliche Belastungen – etwa durch Körperzwangshaltungen oder durch visuelle Wahrnehmungsaufgaben. Dazu gehören:
- Knien und vorgebeugtes Arbeiten
- Tätigkeiten über Schulterniveau
- anhaltendes Stehen
- Haltearbeiten (z.B. von mobilen Handsteuerungen oder Tablets)
- enges Sitzen
Grundsätzlich soll das Arbeiten in ergonomisch günstiger Körperhaltung möglich sein. Dazu sind die Stellteile und Anzeigen im Greifraum der Beschäftigten anzuordnen. Informationselemente wie Anzeigen, die häufig fixiert werden und eine hohe Aufmerksamkeit erfordern, sollten im zentralen Blickfeld (ca. 15 Grad nach rechts und links von der Blicklinie) angeordnet werden. Die Beschäftigten sollten die Informationen in ergonomisch günstiger Körperhaltung erfassen können. Müssen mobile Steuergeräte länger gehalten werden, sollte es Ablageflächen, Taschen oder Haltegurte geben.
Ganz besonders gefordert: die Augen und das schnelle visuelle Erfassen
Der größte Teil der Überwachungsarbeiten findet über digitale Anzeigen auf Bildschirmen oder über direkte Sehbeobachtung statt. Die Augen müssen dabei schnell auf visuelle Reize reagieren und mit unterschiedlichen Helligkeiten und Farben zurechtkommen. Zudem müssen im Wechsel laufend unterschiedliche Bereiche fokussiert werden. Direkte Beobachtung von (Teil-)Prozessen (beispielsweise Kontrolltätigkeiten im Bereich des Qualitätsmanagements) erfordern einen sehr hohen Konzentrationsaufwand, der zu psychischer und körperlicher Ermüdung und in der Folge zu Handlungsfehlern führen kann. Generell ist davon auszugehen, dass Beschäftigte nicht mehr als vier Anzeigeeinheiten gleichzeitig überwachen und bedienen können.
Vibrationen an Anzeigegeräten können zusätzlich zu Ermüdung und darüber hinaus zu Ablesefehlern führen. Die Geräte sind deshalb vibrationsfrei aufzustellen bzw. anzubringen.