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Kunststofffolien: Das steht in der neuen DGUV Regel 113-607

Ganz neu hat jetzt die Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung (DGUV) ihre Regel 113-607 „Herstellung und Konfektionierung von Kunststofffolien“ herausgebracht. Sie ist der zweite Teil des Regelwerks zur Kunststoffindustrie, dessen erster Teil bereits seit März 2022 vorliegt. Lesen Sie hier schon einmal zusammengefasst, welche Gefahren von der DGUV bei der industriellen Herstellung von Kunststofffolien identifiziert und welche konkreten Schutzmaßnahmen in der neuen Regel vorgestellt und empfohlen werden.

DGUV-Regel

In der neuen DGUV Regel 113-607 werden die Gefahren und Gefährdungen unterteilt in:

  • mechanische Gefährdungen
  • Berührung mit heißen Oberflächen
  • Gefährdungen durch Absturz
  • gefährliche Arbeiten

Mechanische Gefährdungen und wie Beschäftigte geschützt werden können

Beispiele für solche mechanischen Gefährdungen sind:

  • Hände und Arme werden von rotierenden Walzen und Rollen eingezogen
  • Schnittverletzungen bei manuellen Arbeiten an automatischen Wickelmaschinen
  • unkontrollierte Bewegungen bei der Entnahme der fertigen Folienrollen mit Kran oder Gabelstapler
  • Quetschungen bei der Einrichtung von Multilayeranlagen während des Verfahrens der Extruder
  • Schnittverletzungen an scharfkantigen Oberflächen und an Schneidvorrichtungen sowie direkt an den laufenden Folien und beim Messerwechsel
  • Gefährdungen durch die Verwendung ungeeigneter Cuttermesser

Wie immer sollten Ihre Maßnahmen zur Reduzierung bzw. Beseitigung mechanischer Gefährdungen im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung nach dem bekannten TOP-Prinzip (technisch – organisatorisch – persönlich) geplant und umgesetzt werden:

  • technisch: Sicherheitseinrichtungen und ihre Einstellung sind so zu wählen, dass Eingriffe in den Gefahrenbereich nicht möglich sind bzw. die gefahrbringenden Bewegungen unmittelbar gestoppt werden. Um Pendelbewegungen und Wegrollen zu verhindern, müssen bei der Entnahme der Folienrollen geeignete Anschlagmittel und Transporteinrichtungen verwendet werden. Müssen Verdeckungen entfernt werden, sind alternative Schutzeinrichtungen einzusetzen, die dasselbe Schutzniveau erreichen.
  • organisatorisch: Organisieren Sie Notfallübungen zur Befreiung eingezogener Personen und vermeiden Sie im Rahmen der Arbeitsorganisation Alleinarbeit, damit in Notfällen stets eine Person für schnelle Hilfe sorgen kann.
  • persönliche Schutzausrüstung: Bei drehenden Teilen sind Schutzhandschuhe verboten. (Schutz-)Kleidung muss eng anliegend gewählt werden.

Berührung mit heißen Oberflächen und welche Maßnahmen davor bewahren können

Zu gefährlichem Kontakt mit dem heißen Kunststoffmedium selbst bzw. mit heißen Oberflächen der Maschine kann es insbesondere beim Austritt heißer Kunststoffschmelze in den Düsenbereichen, im Bereich der Siebwechsler und an den Entgasungsöffnungen kommen, und zwar vor allem im Einricht- und Reinigungsbetrieb sowie bei der Störungsbeseitigung. Je nach Gefährdungsbeurteilung bieten sich folgende Schutzmaßnahmen an:

  • Treten Kunststoffschmelze oder andere heiße Medien aus, müssen diese auskühlen und anschließend mit Haken oder Zangen aufgehoben und abtransportiert werden.
  • Nach Möglichkeit sind heiße Maschinenteile wie Heißwalzen oder Schmelzleitungen zu isolieren.
  • Schmelzefladen sind in Metallbehältern zu sammeln.
  • Piktogramme oder andere Hinweise warnen vor heißen Maschinenteilen.
  • Verdeckungen und Isolierungen sind vorschriftsmäßig anzubringen.
  • In Arbeitsbereichen nicht isolierter Maschinenteile muss mit wärmeisolierenden Schutzhandschuhen und langärmliger Arbeitskleidung sowie langen Hosen gearbeitet werden.
  • Bei Störungsbeseitigungen sowie im Einricht- und Reinigungsbetrieb muss PSA in Form von Visieren, Hitzehandschuhen, Schürzen und Unterarmschutz getragen werden.

Gefährdungen durch Absturz und wie sich die Gefahr vermindern lässt

Zu Kontrollzwecken, zum Einrichten, zum Justieren und zur Störungsbeseitigung müssen Beschäftigte höher gelegene Bereiche der Maschinen betreten, um beispielsweise im Verlauf der Streckung und Kühlung in den Prozess einzugreifen. Dabei können sie abstürzen und sich möglicherweise schwer verletzen. Gegen diese potenzielle Gefährdung empfiehlt die DGUV folgende Schutz- und Gegenmaßnahmen:

  • Bereits bei der Beschaffung von Maschinen und Anlagen ist darauf zu achten, dass alle erforderlichen Aufstiegshilfen vorhanden sind und es keine falschen Anreize für riskantes Steigverhalten aufgrund fehlender Aufstiegshilfen gibt.
  • Prüfen Sie, ob an bestehenden Maschinen Nachrüstungsbedarf bei den Aufstiegshilfen besteht.
  • Stellen Sie Podeste bereit, über die das Umstecken von Material- bzw. Förderschläuchen vom Hallenboden aus möglich ist.
  • Prüfen Sie, ob es zur Vermeidung von Aufstiegen auf Baugruppen technische Lösungen gibt, z.B. Automatikhaken, die sich beim Aufsetzen und Abheben von Lasten automatisch öffnen und schließen.
  • Nach Möglichkeit sollen keine Leitern verwendet werden. Sind Aufstiege nicht zu vermeiden, ist zu prüfen, ob eine Höhensicherung erforderlich ist.

Gefährliche Arbeiten in der Gefährdungsbeurteilung

In Betrieben, in denen Kunststofffolien hergestellt werden, kommen solche „gefährlichen Arbeiten“ im Sinne des Arbeitsschutzes vor allem im Rahmen der Störungsbeseitigung, beim Rüsten von Extrusionsanlagen sowie bei Reparaturen und Instandhaltungstätigkeiten vor. Auf diese Arbeiten muss bei der Gefährdungsbeurteilung und beim Erstellen von Arbeits- und Betriebsanweisungen ganz besonders geachtet werden.

Autor*in: Markus Horn

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