25.05.2020

Gefährdungsbeurteilung nach TRGS 527 erstellen: So gehen Sie vor

Die TRGS 527 verlangt, dass beim Umgang mit Nanomaterialien eine Gefährdungsbeurteilung erstellt und entsprechende Schutzmaßnahmen ergriffen werden. Neben Anwendungsbereich und Begriffsbestimmungen beschreibt die TRGS, wie Gefährdungen ermittelt (Abschnitt 3) und beurteilt (Abschnitt 4) sowie welche Schutzmaßnahmen festgelegt (Abschnitt 5) werden und wie deren Wirksamkeit (Abschnitt 6) geprüft wird. Lesen Sie, wie Sie Schritt für Schritt vorgehen, um zu einer soliden Gefährdungsbeurteilung nach TRGS 527 zu kommen.

Die TRGS 527 regelt, was Arbeitsschützer beim Umgang mit Nanomaterial wie dem hier abgebildeten Graphen beachten müssen.

Die TRGS 527 ergänzt die TRGS 400 „Gefährdungsbeurteilung für Tätigkeiten mit Gefahrstoffen“. Entsprechend gilt deshalb die in der TRGS 400 dargestellte Vorgehensweise. Dabei wird untersucht, wie das Gefährdungspotenzial von Gefahrstoffen, die durchgeführten Tätigkeiten, die genutzten Arbeitsmittel und die vorhandenen Schutzeinrichtungen zusammenwirken.

Hinweis zum Anwendungsbereich der TRGS 527

Mit der Neufassung der TRGS 527 im Februar 2020 wurde deren Anwendungsbereich an die Verordnung (EU) 2018/1881 angepasst. Die TRGS 527 gilt somit nicht für natürliche Nanomaterialien, sofern keine Tätigkeiten mit ihnen ausgeführt werden, und nicht für prozessbedingt entstehende Nanomaterialien.

Finden Sie heraus, ob Nanomaterialien vorliegen …

Ob ein Stoff oder Gemisch Nanomaterialien enthält oder nicht, ergibt sich aus den Angaben 3 bis 9 eines Sicherheitsdatenblatts. Häufig enthalten auch Verpackungsmaterialien und technische Merkblätter Angaben zum Thema Nanomaterialien.

… und ob sie Gefahrstoffe sind

Ist ein Stoff oder ein Gemisch, das aus Nanomaterialien besteht oder diese enthält, als gefährlicher Stoff oder gefährliches Gemisch gemäß CLP-Verordnung eingestuft? Die Antwort hängt von den stoffspezifischen Informationen ab, die bei der ECHA abgerufen werden können.

Stellen Sie fest, unter welche Gruppe „Ihre“ Nanomaterialien fallen

Für die Gefährdungsbeurteilung werden Nanomaterialien in folgende vier Gruppen eingeteilt:

  • Gruppe 1: Lösliche Nanomaterialien verlieren nach dem Einatmen ihre Partikeleigenschaften. Die Gefährdungsbeurteilung wird entsprechend der stoffspezifischen Toxizität auf der Basis der Grundsätze der TRGS 400 vorgenommen.
  • Gruppe 2: Biobeständige Nanomaterialien mit stoffspezifischer Toxizität werden gemäß ihrer chemischen Zusammensetzung bewertet.
  • Gruppe 3: Biobeständige Nanomaterialien ohne stoffspezifische Toxizität sind zwar an sich nicht toxisch, aber durch die Partikelwirkung für die Lunge schädlich.
  • Gruppe 4: Biobeständige faserförmige Nanomaterialien entfalten unter Umständen eine asbestartige Wirkung. Bei der Gefährdungsbeurteilung muss bis zum Beweis des Gegenteils von dieser Annahme ausgegangen werden.

Prüfen Sie genau: Wer ist wo und wie den Stoffen ausgesetzt?

Kritisch bei den Expositionen sind vor allem die Schnittstellen zwischen offenen und geschlossenen Verfahrensschritten (Abfüllen, Entnahmen, Reinigungsarbeiten und Wartungsarbeiten). Auch die Exposition bei möglichen Betriebsstörungen muss berücksichtigt werden.

Bei flüssigen Verfahren ist die Freisetzungswahrscheinlichkeit gegenüber gasförmigen Verfahren geringer – vorausgesetzt, dass keine Aerosol- oder Tröpfchenbildung erfolgt.

Die Freisetzung fester Stoffe, z.B. beim Einwiegen von Pulvern, Granulaten oder Flocken, hängt vom Staubungsverhalten und von der Art der Tätigkeit ab.

Gering ist die Gefahr einer Exposition bei der Bearbeitung oder Weiterverarbeitung von Erzeugnissen mit Nanomaterialien. Allerdings ist beim abtragenden Bearbeiten von biobeständigen faserförmigen Nanomaterialien präventiv von einer Exposition auszugehen.

Diese Punkte müssen in Ihrer Gefährdungsbeurteilung nach TRGS 527 enthalten sein

Denken Sie bei der Erstellung Ihrer Gefährdungsbeurteilung nach TRGS 527 daran, vor allem die folgenden Szenarien zu berücksichtigen:

  • Gefährdung durch Einatmen: Diese Gefährdung wird gemäß TRGS 402 eingeschätzt und hängt ab von der CLP-Einstufung, der Lösungsgeschwindigkeit, der Form und Struktur und der Dauer der Exposition. Die Höhe der inhalativen Exposition wird von der Form, der Verwendung, dem Staubungsverhalten, der Freisetzung, den räumlichen und den Arbeitsbedingungen sowie der Wirksamkeit von Schutzmaßnahmen bestimmt. Für die Bewertung maßgebend sind Arbeitsplatzgrenzwerte (TRGS 900) bzw. Akzeptanz- und Toleranzkonzentrationen (TRGS 910).
  • Aufnahme über Haut und Mund: nur geringe Gefährdung, soweit keine Verletzungen der Haut vorliegen. Schutzmaßnahmen auf der Basis der Stoffeigenschaften, Wirkflächen und Wirkdauer nach TRGS 401.
  • Brände und Explosionen: Hier ist insbesondere auf explosionsfähige Staub-Luft-Gemische zu achten. Diese bilden sich ab einer Partikelgröße von weniger als 500 μm.

So planen Sie  Ihre Schutzmaßnahmen nach dem STOP-Prinzip

Hier gelten die allseits bekannten Regeln und Grundpflichten nach dem STOP-Prinzip: S wie Substitution, T wie technische Schutzmaßnahmen, O wie organisatorische Schutzmaßnahmen und P wie persönliche Schutzmaßnahmen. Bei Nanopartikeln kann dies etwa folgendes bedeuten:

  • Substitution: z.B. die Bindung der Nanomaterialien in Flüssigkeiten oder festen Stoffen sowie die Ersetzung durch Granulate oder Pasten.
  • Technische Schutzmaßnahmen: z.B. Nanomaterialien grundsätzlich in geschlossenen Systemen verwenden
  • Organisatorische Schutzmaßnahmen: z.B. Unterrichtung der Mitarbeiter, Beschränkung des Zugangs zu Arbeitsbereichen mit erhöhter Gefährdung
  • Persönliche Schutzmaßnahmen: z.B. Atemschutz durch partikelfiltrierende Masken, Körperschutz durch staubdichten Schutzanzug, Schutzhandschuhe

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Autor*in: Markus Horn