10.07.2023

DAK-Gesundheitsreport: Personalmangel macht krank

Der Fachkräftemangel ist längst ein genereller Arbeitskräftemangel: Es gelingt in vielen Branchen über alle Qualifikationsniveaus hinweg nicht mehr, ausreichend Personal zu finden. Die Autoren des DAK-Gesundheitsreports 2023 haben gefragt, was das hinsichtlich der Belastungen der Beschäftigten bedeutet. Die Ergebnisse der Befragung zeigen, dass der Personalmangel sich durch fast alle Branchen zieht und nicht nur für die Gesundheit der Beschäftigten problematisch ist, sondern auch für einen hohen Krankenstand in den Unternehmen – und damit für eine weitere Verschärfung der Personalknappheit – sorgt.

Personalmangel

Der Arbeitskräftemangel sorgt nicht nur für geschlossene Restaurants und Wartezeiten bei bestellten Waren. Vielmehr ist jede Arbeitskraft, die in den Unternehmen fehlt, eine zusätzliche Belastung für die Beschäftigten, die fehlende Kollegen ersetzen müssen. Die Autoren des DAK-Gesundheitsreports 2023 haben in den Betrieben nachgefragt, was für sie konkret der Arbeitskräftemangel bedeutet und welche Auswirkungen er auf die Gesundheit der Beschäftigten hat. Die wichtigsten Ergebnisse:

  • Verbreitung: Der Arbeitskräftemangel ist ein Phänomen, das in fast allen Branchen und Berufen zu finden ist. Insgesamt gaben 72 % der von der DAK etwa 7.000 Befragten an, dass in ihrem Betrieb Personalmangel besteht.
  • Branchen: Besonders großer Personalmangel herrscht in den Branchen Verkehr und Lagerei, dem Gastgewerbe sowie der Energie-, der Gesundheits- und der Baubranche.
  • Berufsbilder: Besonders Berufe in der Alten- und Krankenpflege sowie im Erziehungswesen und in der Kinderbetreuung sind vom Personalmangel in besonderem Ausmaß betroffen.
  • Auswirkungen: Bei Betrieben mit regelmäßigem Personalmangel ist der Krankenstand um 5,5 % höher als bei Betrieben, die keine Probleme mit der Personalbeschaffung haben. Zudem reagieren die Beschäftigten mit der Reduzierung ihrer Arbeitszeit.

Bei der Befragung wurden die Teilnehmer auch nach den konkreten Auswirkungen des Personalmangels auf ihre betriebliche und gesundheitliche Situation befragt. Sie berichteten in hohem Maße (mehr als zwei Drittel) von starkem Termin- und Leistungsdruck sowie von Pausen, die nicht genommen werden können (40 %). Das Fehlen der Kollegen führt auch dazu, dass etwa ein Drittel der Befragten unter Ängsten leidet, das vorgeschriebene Arbeitspensum nicht zu schaffen. Weitere häufig genannte Symptome sind Schmerzen, Schlafstörungen und Erschöpfungszustände. Dass diese Probleme vom Personalmangel verursacht werden, zeigt ein Vergleich mit Beschäftigten, die in Betrieben mit vollständiger Belegschaft arbeiten. Sie berichten z.B. nur zu etwa 10 % von ständigem Termin- und Leistungsdruck.

Handlungsempfehlungen für Unternehmen mit Personalmangel

Gerade für Unternehmen, die bereits unter Personalmangel leiden, besteht die Gefahr eines sich verstetigenden und sich selbst verstärkenden Prozesses: Beschäftigte sind häufiger erkrankt und müssen durch die höheren Belastungen in einem jüngeren Alter aus dem Arbeitsprozess ausscheiden, als dies bei normaler Arbeitsbelastung der Fall wäre. Zudem reagieren bereits Beschäftigte in besonders belasteten Berufen (z.B. der Alten- und Krankenpflege) auf die starke Belastung damit, die Arbeitszeit zu reduzieren. Gegen diese Verschärfung des Personalmangels geben die Autoren der DAK-Befragung die Empfehlung, gerade die Arbeitskraft von älteren Beschäftigten durch die Vermeidung von dauerhaften Überbelastungen zu erhalten. Hier sind vor allem technische Möglichkeiten wie Hebehilfen oder die auf Gesundheit ausgerichtete Organisation der Arbeitsprozesse wichtige Punkte. Für ältere wie für jüngere Beschäftigte kann eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf hilfreich sein, um Teilzeittätige zu einer Beibehaltung bzw. sogar Ausweitung ihrer Arbeitszeit zu bewegen. Ebenso empfehlen die Autoren der DAK-Befragung Aus- und Weiterbildungsangebote, z.B. für gesunde Arbeit sowie zur Erhaltung der Gesundheit auch im Privatleben.

Checkliste: So erhalten Sie trotz Personalmangel die Arbeitskraft der Beschäftigten

  • Die Vermeidung dauerhafter Überbelastungen durch erhöhten Arbeits- und Termindruck sowie ständiger Überstunden sind kommunizierte Ziele für das Unternehmen und die Führungskräfte.
  • Neben verstärkten Anstrengungen zur Personalbeschaffung und zur Ausweitung der Arbeitszeit der bestehenden in Teilzeit arbeitenden Belegschaft können technische und organisatorische Lösungen die Folgen des Personalmangels lindern (z.B. die Einrichtung alternsgerechter Arbeitsplätze).
  • Beschäftigte sollten unterwiesen werden, wie sie am Arbeitsplatz, aber auch im Privatleben ihre Gesundheit fördern können.
  • Mit Aktionen wie „bewegte Pause“, Sporttreffs, Wandertagen und Zuschüssen fürs Fitnessstudio lässt sich für mehr Bewegung sorgen.
  • Gesunde Ernährung durch ein gutes Kantinenangebot sowie durch Ernährungstipps und die Empfehlung von Kochrezepten sicherstellen.
  • Verstärkte Etablierung und Anreize zur Wahrnehmung von freiwilligen Vorsorgeuntersuchungen.
  • Intensivierung und Optimierung der betrieblichen Wiedereingliederung nach Krankheit.
  • Einrichtung einer betrieblichen Sozialberatung (z.B. Unterstützung bei pflegebedürftigen Angehörigen) inklusive psychosozialer Beratung.
  • Schulungen der Führungskräfte hinsichtlich gesunder Führung und sozialer Zuwendung.
  • Ausbau der BGM-Teams, mehr Angebote durch den Betriebsarzt und Etablierung des „gesunden Unternehmens“ als strategisches Unternehmensziel.

 

 

Autor*in: Martin Buttenmüller