16.07.2021

Selbst- und Schnelltests in Unternehmen erfolgreich durchführen

Das Ziel von Corona-Schnelltests in Unternehmen ist klar: Sie verringern die Ansteckungsgefahr, geben der Belegschaft ein Stück mehr Sicherheit und flankieren die grundlegenden Schutzmaßnahmen (Abstand, Hygiene, Masken, Lüften). Weniger klar ist alles andere rund um diese Schnelltests herum: wie sie sicher durchzuführen sind, welche Folgen ein positives Testergebnis hat, welche Tests überhaupt zum Einsatz kommen dürfen, ... Dieser Beitrag beantwortet deshalb die wichtigsten Fragen zu den neuen "verpflichtenden Testangeboten" und gibt viele Hinweise, die bei der Durchführung helfen.

Zwei Corona-Schnelltests in Unternehmen: ein positives und ein negatives Testergebnis

Welche Pflichten haben Arbeitgeber?

Die Corona-Arbeitsschutzverordnung bringt „verbindliche Testangebote“ in die Betriebe. Das bedeutet: Unternehmen sind verpflichtet, allen Beschäftigten, sofern sie nicht ausschließlich im Homeoffice arbeiten, mindestens zweimal je Kalenderwoche einen Corona-Test anzubieten. Sowohl Selbst- als auch Schnelltests in Unternehmen sind möglich.

Verstöße werden nach den bisherigen Regularien der Arbeitsschutzverordnung (Bußgelder bis zu 30.000 Euro oder theoretisch auch die Schließung des Betriebs) geahndet.

Hinweis: Selbst- und Schnelltests in Unternehmen dokumentieren

Da es sich um eine Angebotspflicht handelt, müssen Unternehmen die Durchführung auch dokumentieren. Dabei geht es nicht darum, die Durchführung der Corona-Tests in Unternehmen und die Ergebnisse detailliert aufzuzeichnen. Allerdings müssen Betriebe Nachweise zur Beschaffung von Tests oder Verträge mit Dienstleistern vorhalten und bei Kontrollen vorlegen.

Was tun bei Lieferengpässen?

Aller guter Wille nützt nichts, wenn keine Tests beschafft und keine Dienstleister verpflichtet werden können. Für diesen Fall sichert das BMAS zu, dass Betriebe nicht schließen müssen und auch keine Bußgelder erhoben werden. Allerdings muss das Unternehmen nachweisen, dass es entsprechende Anstrengungen unternommen hat. Deshalb sind Bestellnachweise und abschlägig beschiedene Anfragen von Dienstleistern aufzubewahren und bei Kontrollen vorzuweisen.

Welche Pflichten haben Arbeitnehmer?

Aus der Angebotspflicht des Arbeitgebers entsteht keine Testpflicht des Arbeitnehmers: Ob Arbeitnehmer das Angebot an Selbst- und Schnelltests in Unternehmen annehmen, bleibt ihnen überlassen.

Hier sollten Betriebe aber die von den Landesregierungen durchgeführten Maßnahmen im Auge behalten. So kann es besondere Regelungen für Beschäftigte geben, z.B. in der Gastronomie und im Handel, in Pflegeeinrichtungen und in Krankenhäusern, die einen Test verpflichtend vorschreiben. Verweigern in diesem Fall die Beschäftigten einen Test, können sie unter Umständen ohne Lohn freigestellt werden.

Besteht ein bestimmter Verdacht auf eine Infektion mit dem Coronavirus, kann der Arbeitgeber einen Beschäftigten anweisen, sich zu testen oder testen zu lassen. Da dies einen Eingriff in die Grundrechte des Arbeitnehmers darstellt, kann eine rechtmäßige Anweisung des Arbeitgebers nach gängiger Rechtsmeinung nur bei Durchführung entsprechender Symptome (Husten, Fieber) erfolgen.

Eine weitere Änderung ergibt sich beim Thema Homeoffice. Wie bisher auch müssen die Arbeitgeber wo immer dies möglich ist den Beschäftigten das Arbeiten von Zuhause aus ermöglichen. Was sich geändert hat: die Arbeitnehmer müssen das Angebot nun akzeptieren, sofern dem keine zwingenden Gründe entgegenstehen. Diese Gründe sind jedoch nicht weiter definiert, auch ist für eine Weigerung keine Sanktion vorgesehen. Entsprechend handelt es sich hier um einen Appell.

Welche Testvarianten sind möglich?

  • Die neuen Pflichten können Unternehmen sowohl unter Zuhilfenahme von medizinischem Personal sowohl als Schnelltest als auch per Selbsttest, der von den Beschäftigten selbst durchgeführt wird, erfüllen.
  • Eine Variante könnte auch sein, dass ein räumlich nahe gelegener Dienstleister (z.B. eine Apotheke) die Beschäftigten testet.
  • Eine andere Möglichkeit besteht darin, den Beschäftigten auf Rechnung des Betriebs zu ermöglichen, sich während der Arbeitszeit in einem nahe gelegenen Impfzentrum oder bei einem Hausarzt testen zu lassen.
  • Im einfachsten Fall kann ein Betrieb auch Selbsttests im Eingangsbereich bei Arbeitsantritt oder durch Mitnahme nach Feierabend anbieten, damit die Beschäftigten am nächsten Tag zu Hause testen, bevor sie sich auf den Weg in den Betrieb machen.

Wie die Schnelltests in Unternehmen sicher durchführen?

Zu Schnelltests im Unternehmen gehören ein Aufklärungsgespräch, die Entnahme, die Analyse der Probe und die Mitteilung des Ergebnisses. Alle, die am Schnelltest beteiligt sind, müssen in allen Phasen geschützt sein.

Relevant für die betrieblichen Antigentests („Schnelltests“) ist der Beschluss 6/2020 des Ausschusses für Biologische Arbeitsstoffe (ABAS). Mit den dort aufgeführten Arbeitsschutzmaßnahmen sollen probennehmende Beschäftigte vor Infektionen geschützt werden.

Die wesentlichen Schutzmaßnahmen sind:

  • Fachkundige Personen sollen die Proben entnehmen.
  • Ist dies nicht möglich, sollen fachkundige Personen diejenigen ohne Fachkunde beaufsichtigen.
  • Probennehmende Personen sind zu Beginn der Tätigkeit und dann in regelmäßigen Abständen mündlich zu unterweisen.
  • Basis der Unterweisung ist eine auf Grundlage einer tätigkeitsbezogenen Gefährdungsbeurteilung erstellte Betriebsanweisung.
  • Beim Testabstrich müssen diejenigen, die den Test durchführen, mindestens FFP2-Masken sowie geeignete Schutzhandschuhe, Schutzkittel und Schutzbrillen bzw. Schutzvisiere tragen.
  • Die durchführenden Personen sind immer wieder anzuhalten, den Probenabstrich korrekt zu entnehmen und die Ablesezeiten einzuhalten.
  • Der Raum, in dem die Probenentnahme stattfindet, sollte leicht zu lüften und zu reinigen sein und die Möglichkeit bieten, unbeteiligte Personen fernzuhalten.

Worüber sollten Sie aufklären, wenn in Ihrem Unternehmen Selbsttests eingesetzt werden sollen?

Wenn Sie im Betrieb keine Schnelltests einsetzen möchten, geben Sie den Beschäftigten im Rahmen einer Unterweisung folgende Hinweise zur Anwendung von Selbsttests:

  • Die Anleitung soll vor Testbeginn sorgfältig und vollständig gelesen werden.
  • Für die Durchführung des Selbsttests eignet sich eine saubere, helle Arbeitsfläche, die Platz für alle Utensilien bietet.
  • Neben dem Test-Kit sollen auch Uhr und Spiegel bereitgelegt werden. Was sonst noch benötigt werden könnte, steht in der Anleitung.
  • Vor dem Test gründlich Hände waschen oder desinfizieren.
  • Bei Gurgeltests sollen sich wegen einer möglichen Aerosolbildung keine anderen Personen im Raum aufhalten. Dieser muss anschließend gelüftet werden.
  • Ist das Testergebnis positiv oder unklar, muss man sich isolieren und einen PCR-Test machen lassen.

Tipp

Das Bayerische Staatsministerium für Gesundheit und Pflege hat einen Kurzfilm zum Thema Selbsttests erstellt, den Sie auch zu Unterweisungszwecken einsetzen können.

Sie sollten ferner

  • auf die Notwendigkeit hinweisen, auch weiterhin alle bisherigen Infektionsschutzmaßnahmen strikt einzuhalten.
  • darüber informieren, dass ein negatives Testergebnis eine Corona-Infektion keineswegs zuverlässig ausschließt, sondern dass es damit lediglich weniger wahrscheinlich ist, dass eine Infektion vorliegt.
  • darauf hinweisen, dass die Aussagekraft eines solchen Tests auch zeitlich sehr begrenzt ist: Schon am Folgetag kann ein weiterer Test ergeben, dass doch eine Infektion vorliegt.

Welche Probleme können sich bei Selbsttests ergeben?

Corona-Tests, die von den Beschäftigten selbst durchgeführt werden, sind für Unternehmen kostengünstiger als Schnelltests und können ggf. auch zu Hause eingesetzt werden. Dabei bleibt aber ein Unsicherheitsfaktor: Werden die Beschäftigten bei einer angezeigten Infektion korrekt handeln (Verifizierung des Selbsttests durch einen von medizinisch geschultem Personal durchgeführten Schnelltest, Isolierung bis zum Vorhandensein eines Testergebnisses, bei nachgewiesener Infektion Quarantäne)? Appellieren Sie deshalb bei der Einführung des Testangebots, sich gegenüber Kollegen und dem Unternehmen solidarisch und damit sicher zu verhalten.

Wer trägt die Kosten für die Corona-Tests in Unternehmen?

Die Unternehmen müssen die Kosten für die Corona-Tests selbst tragen, da dies nach Argumentation des BMAS (Bundesministerium für Arbeit und Soziales) zur Fürsorge der Arbeitgeber für ihre Beschäftigten gehört. Zumindest können Unternehmen die Beschaffungskosten steuerlich geltend machen. Die tatsächlichen Kosten hängen davon ab, wie viele Beschäftigte das Angebot wie oft nutzen werden. Zu Buche schlagen neben den Beschaffungskosten auch die Beanspruchung von Arbeitszeit und ggf. die Kosten für Fachpersonal.

Was tun bei positivem Testergebnis?

Ist ein Schnell- oder ein Selbsttest positiv, muss der so Getestete unmittelbar darauf isoliert werden bzw. sich selbst isolieren. Er muss auch seinen Arbeitgeber informieren, damit dieser Schutzmaßnahmen einleiten kann. Beispiele für Schutzmaßnahmen sind die

  • Anordnung von Homeoffice,
  • Tests bei direkten Kollegen oder
  • die Information anderer Personen, mit denen die positiv getesteten Beschäftigten Kontakt hatten.

Das positive Testergebnis ist durch einen PCR-Test zu überprüfen und bei Schnelltests dem Gesundheitsamt zu melden. Bei Selbsttests ist keine Meldung erforderlich.

Hinweis: Datenschutz und positives Testergebnis

Dabei ist der Datenschutz der Beschäftigten zu beachten: Grundsätzlich sollten so wenig Personen wie möglich von dem positiven Test Kenntnis erlangen. So sollen die Beschäftigten eine spezielle E-Mail-Adresse und eine Telefonnummer erhalten, bei der sie ein positives Testergebnis melden können. Die annehmende Stelle soll die betroffenen Beschäftigten genau instruieren, wie die sichere Vorgehensweise ist. Die direkte Führungskraft wird informiert, dass die Beschäftigten krankheitsbedingt nicht zur Arbeit antreten werden. Die Daten sind sicher und vertraulich zu speichern. Dafür ist ein Zugriffs- und Berechtigungskonzept zu entwickeln. Vorbild kann hier die Vorgehensweise beim betrieblichen Eingliederungsmanagement sein. Ein Vermerk in der Personalakte ist nicht zulässig. Alle Daten sind nach vier Monaten zu löschen.

Darf der Betriebsrat mitbestimmen?

Ob der Betriebsrat bei der Umsetzung der Testpflicht ein Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 7 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) hat, hängt vom Regelungsspielraum ab. Je konkreter z.B. länderspezifische Vorschriften die Umsetzung regeln, desto kleiner ist der betriebliche Regelungsspielraum und desto weniger ist der Betriebsrat einzubeziehen.

Davon unbenommen kann es von Vorteil sein, den Betriebsrat in die Umsetzung einzubeziehen, um die Kooperation der Beschäftigten sicherzustellen.

Können Unternehmen Beschäftigte zur Durchführung von Corona-Tests zwingen?

In der Regel ist es sinnvoll, die Angebotspflicht und sinnvolle Testungen im Einvernehmen mit den Beschäftigten durchzuführen. Wichtig ist aber, die Rechtslage bei Konflikten zu kennen, um bei Verweigerungshaltung reagieren zu können.

So gibt es zwar keine generelle Pflicht für Beschäftigte, sich auf das Coronavirus testen zu lassen, jedoch Umstände, die die Durchführung von Selbst- und Schnelltests in Unternehmen erforderlich machen können. Diesen Umständen entsprechend muss der Arbeitgeber eine Verhältnismäßigkeitsprüfung durchführen. Dies kann z.B. bedeuten, dass er bei sehr hohen Inzidenzwerten oder bei einem lokalen Infektionsgeschehen Tests im Rahmen seines Direktionsrechts anordnen kann. Verweigern sich einzelne Beschäftigte, kann er diese sanktionieren.

So können Unternehmen z.B. nicht getesteten Beschäftigten den Zutritt zum Arbeitsplatz untersagen und, sofern diese Beschäftigten nicht im Homeoffice arbeiten können, den Lohn verweigern.

Auch hier ist wichtig, die Verordnungen der Länder zu beachten, da der Ermessensspielraum des Arbeitgebers durch weitergehende Länderregelungen kleiner sein kann.

Ein wertvolles Extra zur Unterstützung Ihrer Test-Strategie

Unser Download „Die aktuellen rechtlichen Regelungen durch die SARS-CoV-2-Arbeitsschutzverordnung“. Nutzen Sie Ihre Log-in-Daten von der Titelseite der aktuellen Mai-Ausgabe.

Autor*in: Martin Buttenmüller