09.11.2023

Arbeitsschutz bei Kälte

Klimawandel ist nicht einfach Hitze oder Trockenheit. Er bedeutet vor allem auch, dass das Wetter unberechenbar wird und Extremwetterereignisse massiv zunehmen. Deshalb ist der richtige Arbeitsschutz bei Kälte gerade jetzt ein wichtiges Thema. Rechnen Sie also damit, dass Kälte am Arbeitsplatz auch ganz plötzlich eintreten kann, und bereiten Sie sich auf solche Wetterkapriolen entsprechend vor.

Arbeiten bei Kälte

Früh zu warnen, ist ganz besonders wichtig

Arbeitsschutz bei Kälte beginnt damit, dass die Beschäftigten frühzeitig gewarnt werden, um sich auf die veränderten Bedingungen einstellen und sich und andere schützen zu können.

Wird ein Temperatursturz angezeigt, sollten die Beschäftigten zumindest mit einer Rund-Mail darüber informiert und um entsprechende individuelle Vorbereitung gegen Kälte am Arbeitsplatz gebeten werden. Ein weiteres Frühwarnsystem betrifft Führungskräfte von Teams, die im Freien arbeiten. Diese sollten aufgefordert werden, entsprechende persönliche Schutzausrüstung (PSA) und Aufwärmräume vorzubereiten und die Arbeitsplanung auf die Kälteperiode einzustellen.

Erst die Summe mehrerer Faktoren ergibt ein vollständiges Bild

Um festzustellen, wie hoch die Belastung oder Gefährdung durch Kälte am Arbeitsplatz ist, genügt es nicht, bei der Gefährdungsbeurteilung nur die Temperatur zu beachten. Vielmehr müssen mehrere Klimaparameter sowie personenbezogene Faktoren berücksichtigt werden.

Zusammen ergeben sich daraus sog. Klimasummenmaße, in denen mehrere Klimaparameter (z.B. Lufttemperatur, Luftfeuchte, Windgeschwindigkeit und Strahlung) mit personenbezogenen Parametern (z.B. Arbeitsschwere, Akklimatisationsgrad, Bekleidungssituation und Expositionszeit) zusammengefasst werden.

Zusätzlich sind in der Gefährdungsbeurteilung Umweltbedingungen zu berücksichtigen, die eine gesundheitsgefährdende Wirkung haben können. Dazu gehören: Zugluft, kalte Fußböden, kalte Wand- und Fensterflächen.

Und noch ein Punkt, der zum wirksamen Arbeitsschutz bei Kälte in die Gefährdungsbeurteilung gehört: die Möglichkeit unsicheren Verhaltens (z.B. Fehlbedienung von Maschinen) durch die psychische Belastung.

Wie Arbeit bei Kälte krank machen kann und was dagegen hilft

Kälte am Arbeitsplatz kann die Gesundheit auf vielfältige Weise gefährden: Die Anfälligkeit für Infektionen steigt, es kann zu chronischen Krankheiten an Atemwegen und Gelenken kommen und auch zu Erfrierungen.

Bei Kälteeinbrüchen haben viele Beschäftigte nicht sofort kältetaugliche Kleidung zur Verfügung. Je nach Gefährdungsbeurteilung sollten die Beschäftigten knöchelhohe Sicherheitsschuhe (S3) nutzen, die sich auch mit dicken Socken bequem tragen lassen. Vom ersten Arbeitstag einer Kälteperiode an sollte anpassbare Wetterschutzkleidung bereitstehen (Zwiebelprinzip).

Insbesondere bei schnellen Temperaturstürzen sollten die Beschäftigten von den Führungskräften Anweisungen für verlängerte Aufwärmphasen erhalten bzw. diese gewährt bekommen:

  • 5 bis +15 °C: höchstens 150 Minuten Kälteexposition und 10 Minuten Aufwärmzeit
  • bis –18 °C: höchstens 90 Minuten Kälteexposition und 15 Minuten Aufwärmzeit
  • unter –18 °C: höchstens 90 Minuten Kälteexposition und 30 Minuten Aufwärmzeit

Die Aufenthalts- und Pausenräume sollten mit ca. 21 °C beheizt, gut belüftet und mit Stühlen und Tischen ausgestattet sein. Um die nach dem Hygienekonzept vorgesehenen Mindestabstände einhalten zu können, muss ausreichend Platz zur Verfügung stehen.

Spinde zur Aufbewahrung von Wechselkleidung, Möglichkeiten, feuchte Kleidung zu trocknen, warme Getränke und beheizbare Toiletten mit warmem Wasser zur Händereinigung sind für die körperliche Gesundheit wie auch zur Erhaltung der psychischen Stabilität der Beschäftigten wichtig.

Vorsicht bei Alleinarbeit!

Sind auch Innenräume von Kältephasen betroffen, sollte Alleinarbeit vermieden werden. Ab Kältebereich II (+10 °C bis –5 °C) sollten Beschäftigte in kältebelasteten Innenräumen stets mindestens zu zweit arbeiten und dabei Sichtkontakt halten. Auf Bodenniveau sollten Notrufknöpfe eingerichtet werden.

Mobilität bei Kälteeinbrüchen

Starke Kälteeinbrüche gehen vor allem auch im Verkehr mit Risiken und Gefährdungen einher: Bei Vereisung, starkem Regen und Raureif können Verkehrswege und Arbeitsplätze nicht mehr sicher begangen werden. Starke Winde können Fahrzeuge vom Weg abbringen. Starker Nebel schränkt die Sicht ein.

Zum Arbeitsschutz bei Kälte gehört es deshalb auch, dass bei Temperaturstürzen und ungünstiger Witterung Arbeits- und Dienstwege angepasst werden. So kann der Arbeitsbeginn flexibilisiert werden, um Beschäftigte nicht zu schnellem Fahren bei Glatteisbildung zu verleiten.

Verlangsamen längere und beschwerlichere Wege die Arbeitsausführung, weil z.B. Material und Werkzeuge nicht im Freien gelagert werden können oder Arbeitsgänge nur auf überdachten Arbeitsplätzen möglich sind, muss das eingeplant werden. Auch das An- und Ablegen von PSA bzw. das Arbeiten damit kostet zusätzliche Zeit.

Und selbstverständlich muss auch der Fuhrpark auf extreme Kälteperioden vorbereitet sein. Dazu gehören eine entsprechende Bereifung, die Kontrolle von Wischblättern und Frostschutzmittel.

Ein Kapitel für sich: Arbeiten in der Höhe

Wird in der Höhe gearbeitet, besteht bei Glätte eine erhöhte Absturzgefahr. In Vorbereitung auf plötzliche Kälteeinbrüche mit Schnee und Glättebildung auf Gerüsten und Dächern sind Materialien und Arbeitsmittel bereitzuhalten, mit denen die Verkehrswege von Eis und Feuchtigkeit befreit und gestreut werden können. Gegebenenfalls sind zusätzliche Absturzsicherungen bereitzuhalten und anzubringen. Nicht durchsturzsichere Bauteile müssen in Vorbereitung auf Witterungsumschwünge sorgfältig abgesperrt und gekennzeichnet werden bzw. durch Abdeckungen oder mit darunter gespannten Seilen gesichert werden.

 

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Autor*in: Markus Horn