02.11.2020

Wie Sie die Gefährdungen alternierender Telearbeit vermindern

Die Corona-Pandemie scheint der Telearbeit zum Durchbruch zu verhelfen. Doch so paradox es scheint: Corona wird das Pendeln vom Wohnort zum Betrieb und zurück intensivieren. Gerade weil Arbeitnehmer bei alternierender Telearbeit nicht mehr an allen Tagen pendeln müssen, werden sie längere Strecken in Kauf nehmen. Das bringt neue Gefährdungen mit sich.

Autos im Berufspendelverkehr: Die Länge der Pendelstrecke wird durch alternierende Telearbeit wohl zunehmen

Die alternierende Telearbeit, bei der jeweils ein Teil der Arbeitsleistung zuhause und ein anderer Teil im Betrieb erbracht wird, schneidet in puncto „persönliche Zufriedenheit der Mitarbeiter“ gut ab. Aus Arbeitsschutz-Sicht gibt es bei der alternierenden Telearbeit jedoch altbekannte und sogar ganz neue Probleme.

Alternierende Telearbeit macht das Pendeln seltener, die Pendelstrecke aber länger

Generell ist die Corona-Pandemie ein Durchbruch für die Telearbeit. Und auch wenn es auf den ersten Blick ein Widerspruch zu sein scheint, werden dadurch die Fahrten vom Wohnort in den Betrieb und zurück zu einem noch stärkeren Belastungsfaktor werden. Denn viele der Arbeitnehmer arbeiten nicht zu 100 % zu Hause, sondern alternierend: Einen Teil der Arbeit erledigen Sie von zu Hause aus, einen anderen im Betrieb.

In Zukunft werden Arbeitgeber verstärkt versuchen, Arbeitnehmer in weiterer Entfernung zu gewinnen. Umgekehrt werden immer mehr Beschäftigte sich einen Wohnort in weiter Entfernung suchen, um den hohen Miet- und Kaufpreisen der Ballungsräume zu entkommen.

Das Ergebnis: Die Zahl der Fahrten wird wegen alternierender Telearbeit abnehmen, die Zahl der gefahrenen Kilometer aber voraussichtlich zunehmen. So ist damit zu rechnen, dass es wohl bald schon weit mehr Fern- und Wochenendpendler geben wird. Als Fernpendler gilt, wer auf einfacher Strecke mindestens 60 Minuten oder mehr jeweils vom Wohnort zum Betrieb und zurück braucht.

Allgemeine Gefährdungen durch das Pendeln

Die Gefährdungen alternierender Telearbeit sind im wesentlichen die typischen Gefährdungen des Pendelns. Vor allem das Pendeln per Auto kann gesundheitlich sehr ungünstig sein. Stressfaktoren sind lange Strecken und unvorhergesehene Ereignisse wie Staus. Ergonomisch ist das lange Sitzen im Auto ungünstig (Rückenschmerzen). Dazu kommen oft allgemeiner Bewegungsmangel und falsche Ernährung, Stichwort: kalorienreiche Snacks während der Fahrt.

Fern- bzw. Wochenendpendeln: das ist der Haken an der Sache

Fernpendler schätzen ihren Gesundheitszustand häufig als schlechter und ihren Stress als höher ein als Beschäftigte, die geringere Entfernungen und Fahrtzeiten in Kauf nehmen müssen. Fernpendler werden auch mit höherer Wahrscheinlichkeit arbeitsunfähig und in Unfälle verwickelt. Je länger die Strecke, desto größer der Anteil der Beschäftigten, die über gesundheitliche Beschwerden klagen.

Bei Beschäftigten, die gleichzeitig pendeln und Schicht arbeiten, sind Beschwerden wie Herzprobleme, Kopfschmerzen, Müdigkeit, Nervosität und Schlafstörungen deutlich stärker verbreitet als bei Kollegen, die zwar ebenfalls Schicht arbeiten, aber Nahpendler sind.

Bei Wochenendpendlern ist die Wirkung je nach Lebenssituation und Beschäftigter sehr unterschiedlich. Eine Gruppe findet die Trennung von der gewohnten Umgebung und der Familie sowie den Zwang, alles genau planen zu müssen, belastend. Die andere Gruppe der Beschäftigten beschreibt es als entlastend, sich im Betrieb voll auf die Arbeit konzentrieren zu können und sich dann in der gewohnten Umgebung ein Wochenende oder länger erholen zu können.

Mit diesen Maßnahmen machen Sie Pendlern das Leben leichter

Die negativen Auswirkungen weiter Pendelfahrten sind kein Naturgesetz. Denn durch einen klugen Mix unterschiedlicher Maßnahmen lassen sich gesundheitliche Risiken stark vermindern. Dann überwiegen unter dem Strich die eindeutigen Vorteile alternierender Telearbeit machen diese neue Arbeitsform noch attraktiver.

Setzen Sie zum Beispiel folgende Maßnahmen einzeln oder als Paket um:

  • Prüfen Sie, ob Sie Pendlern Angebote für Fahrten mit dem Zug machen können. Dazu gehören Jobtickets, aber z. B. auch die Möglichkeit, mit einem Fahrdienst die „letzte Meile“ vom Bahnhof bis z. B. in ein Gewerbegebiet zurückzulegen.
  • Es gibt viele organisatorische Details, die Pendler bewältigen müssen. Bieten Sie hier Unterstützung bei der Erledigung solcher Angelegenheiten, um die Beschäftigten zu entlasten.
  • Für die Pendler ist es besonders wichtig, dass die Fahrten zum Betrieb und wieder nach Hause möglichst vorhersehbar und damit planbar sind. Deshalb sollten keine plötzlichen Anforderungen entgegen der Arbeitsroutine gestellt werden. So sollte nur in echten Notfällen an einem Telearbeitstag kurzfristig die Anwesenheit im Betrieb eingefordert werden.
  • Wochenendpendler sollten am letzten Arbeitstag der Woche den Arbeitsplatz früher verlassen können. Insbesondere sollten Besprechungen und andere Termine so gelegt werden, dass einer früheren Heimfahrt nichts im Wege steht. Vielleicht lassen sich Fahrzeiten im Zug als Arbeitszeit anrechnen.

Weitere Gefährdungen durch alternierende Telearbeit

Bei alternierender Telearbeit entstehen gesundheitliche Belastungen nicht nur durch das unter Umständen weite Pendeln, sondern auch durch die Arbeit im Homeoffice. Notwendig sind klare Regelungen zur Erreichbarkeit und definierte Arbeitszeiten. Arbeitsplatz und Wohnbereich sollten räumlich getrennt sein. Zusätzlich müssen bei mehreren Tagen Telearbeit pro Woche psychische Faktoren des Alleinarbeitens berücksichtigt werden. Angebote zur sozialen Einbindung in das Team, digital und persönlich, können die Vereinzelung abmildern.

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Dieser Text ist ein Auszug aus der aktuellen Sonderausgabe „Zeit- und ortsflexibel arbeiten“ des Fachmagazins Arbeitsschutz-Profi AKTUELL.

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Autor*in: Markus Horn