26.09.2023

Werbungskosten

Klappern gehört zum Handwerk. Das wussten schon die Väter des Grundgesetzes. Sie gestehen dem Staat Steuern nur von Einnahmen nach Abzug von Werbungskosten zu. Dies sind Ausgaben beim Arbeitslohn. Sie sind abziehbar. Sie gehen über die reine Werbung weit hinaus.

Werbungskosten

Wo können Sie Werbungkosten abziehen?

Bei der Einkunftsart, bei der sie erwachsen, hier also beim Arbeitslohn.

Wie weit gehen Werbungkosten über reine Werbung hinaus?

Zu ihnen zählt § 9 Einkommensteuergesetz (EStG) Aufwendungen für:

  • Erwerbung,
  • Sicherung und
  • Erhaltung der Einnahmen.

Sie können bei der Steuer Kosten als Werbungskosten abziehen, wenn die Aufwendungen des Arbeitnehmers dienen:

  • der Erwerbung: z.B. Bewerbungskosten
  • der Sicherung z.B. eigene Weiterbildungsmaßnahmen, die nicht Sie als Arbeitgeber tragen
  • dem Erhalt der Einnahmen z.B. Fachliteratur

Um dem Arbeitnehmer die Arbeit etwas zu erleichtern, hat der Gesetzgeber einen Pauschbetrag eingeführt, der für das Jahr 2023 1.230 Euro beträgt. Dieser Betrag wird ohnehin vom Arbeitslohn abgezogen – nur Beträge darüber hinaus wirken sich bei der Einkommensteuererklärung steuermindernd aus. Der Arbeitnehmer-Pauschbetrag wird auch dann vom Arbeitslohn abgezogen, wenn dem Arbeitnehmer gar keine Werbungskosten entstanden sind. Ersetzen Sie als Arbeitgeber Werbungskosten, kann Ihr Arbeitnehmer diese nicht geltend machen; überdies reduzieren sie die abzugsfähigen Werbungskosten.

Was ist mit Gewerkschaftsbeiträgen?

Neben der allgemeinen Definition für die Frage, was Werbungskosten sind, listet das Gesetz besondere Werbungskosten auf. Im Zusammenhang mit dem Arbeitslohn spielen dabei folgende besondere Werbungskosten des Arbeitnehmers eine Rolle:

  1. Beiträge zu Berufsverbänden und Gewerkschaften
  2. Aufwendungen für:
    • die Wege zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte,
    • Familienheimfahrten,
    • Aufwendungen für beruflich veranlasste Fahrten
  1. notwendige Mehraufwendungen für eine doppelte Haushaltsführung
  2. notwendige Mehraufwendungen für beruflich veranlasste Übernachtungen
  3. Aufwendungen für Arbeitsmittel
  4. Mehraufwendungen für Verpflegung
  5. Aufwendungen für die Berufsausbildung oder ein Studium

Für jede Position dieser besonderen Werbungskosten gelten besondere Vorschriften für die Abziehbarkeit:

  • nicht beschränkt: für Arbeitsmittel
  • eingeschränkt: für Fahrtkosten
  • unter bestimmten Bedingungen: für die Berufsausbildung

Sind Kosten der allgemeinen Lebensführung Ihres Arbeitnehmers als Werbungskosten steuerlich abziehbar?

Jedenfalls nicht in der Regel nach § 12 EStG. So sind im Regelfall nicht abzugsfähig Aufwendungen für:

  • Lebensmittel
  • Kleidung
  • private Wohnung.

Ausnahme: ausdrücklich zugelassen ist der Abzug von Mehraufwendungen z.B. für:

  • Verpflegung
  • Arbeitszimmer in der Privatwohnung

Die bisherige Homeoffice-Pauschale ist jetzt entfristet als Tagespauschale zukünftig dauerhaft ab 2023 ein Betrag von sechs Euro pro Tag und höchstens 1.260 Euro, ohne dass ein Arbeitszimmer vorliegen muss.

Lassen sich die Kosten der privaten Lebensführung und der berufliche Anteil von Kosten leicht, einwandfrei und objektiv trennen, so ist der berufliche Anteil der Kosten steuerlich abzugsfähig. In manchen Bereichen akzeptiert das Finanzamt auch Schätzungen. Unbeanstandet bleibt im Regelfall:

  • ein beruflicher Telefon- und Internetkostenanteil von 20 Euro im Monat oder
  • 20 Prozent der Rechnungssumme oder
  • ein Anteil von 16 Euro pro Jahr für Kontoführungsgebühren.

Wann machen Sie Werbungskosten geltend?

In dem Kalenderjahr, in dem sie aus dem Vermögen des Arbeitnehmers abfließen. Eine Nachholung in späteren Jahren ist nicht möglich, es sei denn, der betreffende Steuerbescheid, in dem die Ausgaben fehlen, kann noch korrigiert werden. Die Einspruchsfrist beträgt einen Monat.

Lohn- & Gehaltsprofi − Betriebsprüfungssicher abrechnen und clever sparen!

Ihr Informationsdienst für Lohn- und Gehaltsabrechnungen: Rechtliche Infos, Tipps und Expertenwissen zu Lohnsteuer, Sozialversicherung u.a.

€ 449.00Jahrespreis zzgl. € 24,95 Versandpauschale und MwSt.

Newsletter

Wer entscheidet, was Werbungkosten sind und was nicht?

Letztlich das Finanzamt aufgrund Ihrer Angaben. Es empfiehlt sich, alle Kosten geltend zu machen, die Werbungskosten sind oder sein können. Bei Unsicherheiten können Sie dies in der Steuererklärung vermerken und den Ansatz erläutern. So kann Ihnen niemand im schlechtesten Fall eine versuchte Steuerhinterziehung vorwerfen.

Müssen den Werbungskosten tatsächliche Aufwendungen zur Seite stehen?

Nein. Das hat der Bundesfinanzhof (BFH) erst kürzlich entschieden (BFH Urteil v. 29.09.2022 – VI R 34/20). Danach setzen Werbungskosten zwar eine Belastung mit Aufwendungen voraus. Davon sei auszugehen, wenn in Geld oder Geldeswert bestehende Güter aus dem Vermögen des Steuerpflichtigen abfließen. Eine endgültige Belastung verlangt der Werbungskostenbegriff aber nicht. Ausgaben und Einnahmen sind vielmehr getrennt zu beurteilen.

Worum ging es in dem Urteil konkret?

Um eine seit August 2014 tätige Rechtsanwältin. Nach Studium und zweiter juristischer Staatsprüfung war sie bis Mai 2013 an einem deutschen Gericht tätig, dann ein Jahr in einem Masterstudium in den USA (LL.M.). Hierfür erhielt sie ein Stipendium des Deutschen Akademischen Austauschdienstes e.V. (DAAD) über 9.000 Euro, zahlbar in neun monatlichen Raten von jeweils 1.000 Euro, einen Reisekostenzuschuss von 1.075 Euro, die Übernahme der Studiengebühren bis zu einer Höhe von 18.000 Euro nach Vorlage der Originalrechnung sowie eine Kranken-, Unfall- und Privathaftpflichtversicherung. Bestandteile der Zusage waren die „Allgemeinen Bedingungen für deutsche Stipendiatinnen und Stipendiaten des DAAD“ Stand 05/2013 (AB-DAAD) und die „Besonderen Bedingungen“.

In ihren Einkommensteuererklärungen und in den Erklärungen zur Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags für die Streitjahre 2013 und 2014 machte sie Aufwendungen für das Masterstudium als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit geltend. Das Finanzamt (FA) erkannte die Aufwendungen mit Ausnahme der geltend gemachten Krankenversicherungsbeiträge als vorweggenommene Werbungskosten an, zog hiervon jedoch den Reisekostenzuschuss, den Zuschuss für die Studiengebühren und die monatlichen Stipendienzahlungen des DAAD ab.

Und damit war die Rechtsanwältin nicht einverstanden?

Genau. Sie erhob hiergegen Einsprüche. Während der Einspruchsverfahren erließ das FA geänderte Einkommensteuerbescheide für die Streitjahre, mit denen es folgende Aufwendungen als Werbungskosten anerkannte (in Euro):

2013 2014
Umzugskosten 194,00
Reisekosten 1.488,97 30,37
Verpflegungsmehraufwendungen 3.228,00
Mietaufwand 3.763,88 4.184,00
sonstige Kosten 815,16
Semester‑/Studiengebühren 18.610,03 18.739,15
Arbeitsmittel 154,40 103,00
Unfallversicherung 57,50 67,13
Telefon/Internet 240,00 240,00
Kontoführung 16,00 16,00
Summe (gerundet) 28.568,00 23.380,00

Hiervon zog das FA die an die Rechtsanwältin in den Streitjahren geleisteten Zahlungen des DAAD ab und berücksichtigte dementsprechend Werbungskosten für 2013 in Höhe von 4.493 Euro und für 2014 in Höhe von 19.380 Euro. Die festgesetzte Einkommensteuer für die Streitjahre betrug jeweils 0 Euro. Jeweils auf Jahresende 2013 und 2014 stellte das FA außerdem einen verbleibenden Verlustvortrag gemäß § 10d Abs. 4 EStG gesondert fest.

Die Einsprüche der Rechtsanwältin wies das FA anschließend als unbegründet zurück.

Und damit war die Rechtsanwältin auch nicht einverstanden?

Genau. Sie klagte, allerdings auch ohne Erfolg. Gegen entsprechend ablehnende Entscheidungen ging sie in Revision vor dem BFH. Aber auch alles ohne Erfolg.

Was entschied der BFH zunächst zu den Null-Festsetzungen?

Die waren okay. Schon das Finanzgericht (FG) sei zutreffend davon ausgegangen, dass die Klage gegen die angefochtenen Einkommensteuerbescheide zulässig ist, obwohl das FA die Einkommensteuer für die Streitjahre auf jeweils 0 Euro festgesetzt hat. Die Klägerin ist ungeachtet dessen nach § 40 Abs. 2 Finanzgerichtsordnung (FGO) klagebefugt, weil die Besteuerungsgrundlagen bei der Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags gemäß § 10d Abs. 4 Satz 4 EStG zu berücksichtigen sind. Dies war zwischen den Beteiligten nicht streitig, bedurfte also keiner weiteren Begründung durch die Revision.

… und zu der Versagung des Werbungskostenabzuges durch das FG?

Beanstandete der BFH ebenfalls nicht. Die Aufwendungen der Klägerin für das Masterstudium in den USA wertete er und das FG dem Grunde nach als vorweggenommene und nicht abziehbare Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit (§ 19 EStG). Insbesondere handele es sich bei dem Masterstudiengang der Klägerin nicht um eine Erstausbildung nach § 9 Abs. 6 EStG in den in den Streitjahren geltenden Fassungen. Auch hierüber bestand zwischen den Beteiligten zu Recht kein Streit, ein Begründung erübrigte sich ebenfalls.

Entgegen der Auffassung des FG seien die Aufwendungen der Klägerin für das Masterstudium allerdings nicht bereits auf der Ebene Werbungskosten im Wege einer Saldierung um die Zahlungen des DAAD aus dem Stipendium zu kürzen. Die Klägerin hat in den Streitjahren die für ihr Masterstudium jeweils als Werbungskosten geltend gemachten Beträge tatsächlich gezahlt. Damit erfüllte sie die für den Abzug als Werbungskosten erforderliche Belastung mit Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen (§ 9 Abs. 1 Satz 1 EStG). Eine endgültige Belastung setzt der Werbungskostenbegriff entgegen der Auffassung des FG hingegen nicht voraus. Ausgaben und Einnahmen sind vielmehr getrennt zu beurteilen.

Wirkten sich die Aufwendungen der Klägerin für das Masterstudium steuermindernd aus?

Nur insoweit, als sie die der Klägerin in den Streitjahren zugeflossenen Zahlungen des DAAD überstiegen. So hatte auch das FG geurteilt. Rückfluss und Erstattung oder Ersatz von als Werbungskosten abziehbaren Aufwendungen aus in der Erwerbssphäre liegenden Gründen ist nämlich nach ständiger Rechtsprechung des BFH als Einnahme bei der Einkunftsart zu erfassen, bei der die Werbungskosten früher abgezogen worden sind.

Lagen denn die Zahlungen des DAAD an die Klägerin in der Erwerbssphäre?

Nach Auffassung von FG und BFH ja. Der DAAD erstattete der Klägerin mit den anteiligen Studiengebühren und den Reisekosten die beruflich veranlassten Aufwendungen für das LL.M.-Studium. Diese Leistungen erfolgten mit Rücksicht auf die zukünftige berufliche Tätigkeit der Klägerin, die der DAAD mit dem Stipendium für das LL.M.-Studium förderte. Zwischen beidem bestand eine innere Verknüpfung. Das ergebe sich insbesondere aus den AB-DAAD. Zweck des Stipendiums waren demnach nämlich die Durchführung des Studiums sowie die regelmäßige Teilnahme der Klägerin als Stipendiatin an den nach ihrem Lehrplan vorgesehenen Lehrveranstaltungen der Hochschule.

Autor*in: Franz Höllriegel