04.10.2022

Welche Unterlagen müssen bei der Sozialversicherungsprüfung vorgelegt werden?

Nicht zu wenig? Die richtigen Meldungen an die richtige Behörde? Sie als Arbeitgeber haben eine Menge zu tun, wenn es um die Sozialversicherung geht. Denn die will vorher alles ganz genau wissen. Dafür benötigt Sie von Ihnen eine Reihe von Unterlagen, die Sie möglichst vollständig vorlegen.

Sozialversicherungsprüfung

Wer ist der für die Sozialversicherung zuständige Versicherer?

Zwei Institutionen:

  • für die Prüfung die Deutsche Rentenversicherung (DRV); sie führt sie seit über 20 Jahren außerdem durch für
    • die Künstlersozialkasse und
    • die Unfallversicherung.
  • für den Einzug die gesetzliche Krankenkasse

Wann steht die Prüfung durch die DRV an?

Grundsätzlich mindestens alle vier Jahre wegen der kurzen regelmäßigen Verjährungsfrist. Ansprüche auf Beiträge in der Sozialversicherung verjähren grundsätzlich vier Jahre nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem sie fällig geworden sind. Bei vorsätzlich vorenthaltenen Beiträgen beträgt die Verjährungsfrist 30 Jahre. Wenn Sie als Arbeitgeber es wünschen, z.B. weil Sie über die Versicherungspflicht bestimmter Mitarbeiter unsicher ist, können Sie auch eine vorzeitige Betriebsprüfung beantragen. Hierdurch erreichen Sie eine schnellere Rechtssicherheit und vermeiden hohe Beitragsnachforderungen über mehrere Jahre. Gemäß § 42f Abs. 4 EStG können Sie als Arbeitgeber verlangen, dass Finanzbehörden und DRV Lohnsteueraußenprüfung bzw. Sozialversicherungsprüfung zur selben Zeit durchführen.

Kommt der Prüfer auch so überraschend wie der vom Finanzamt?

Nein, jedenfalls nicht, wenn Sie als Arbeitgeber eine reine Weste haben. Dann muss die DRV Prüfungen vorab anmelden, normalerweise schriftlich mit Angabe von

  • Prüfungsort, in der Regel Standort Ihres Betriebes, auf Ihren Wunsch auch bei Ihrem Steuerberater,
  • Prüfungstermin und
  • Zeitraum, auf den sich die Prüfung erstreckt.

§ 7 Abs. 1 der Beitragsverfahrensverordnung (BVV) schreibt vor, Ihnen als Arbeitgeber oder Ihrem Steuerberater Betriebsprüfungen möglichst einen Monat, spätestens jedoch 14 Tage, vorher anzukündigen. Doch wehe, Sie könnten als Arbeitgeber Beiträge hinterzogen haben oder Schwarzarbeiter beschäftigen, dann kennt das Gesetz kein Pardon. Unter anderem solche Fälle meint § 98 Abs. 1 Satz 4 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch mit der Formulierung „wenn besondere Gründe eine Prüfung in den Geschäftsräumen des Arbeitgebers gerechtfertigt erscheinen lassen“. Dann gilt das Wahlrecht nach Satz 3 dieser Vorschrift nicht und die DRV führt Prüfungen unangekündigt durch.

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Wann erfahren Sie als Arbeitgeber das Ergebnis der Prüfung?

In einem sogenannten Schlussgespräch am Ende der Prüfung. Dabei erfahren Sie als Arbeitgeber alles und können sich zu einzelnen Sachverhalten äußern wie z. B. Statusfragen. Sie bekommen dann noch schriftlich endgültig das Ergebnis der Prüfung innerhalb von zwei Monaten nach Abschluss der Prüfung mitgeteilt. Hat die Prüfung keine Beanstandungen ergeben, erhalten Sie als Arbeitgeber lediglich eine sogenannte Prüfungsmitteilung; wenn nicht, ergeht ein förmlicher Bescheid.

Was prüft die DRV?

Sie prüft, ob:

  • Sie als Arbeitgeber die Sozialversicherungsbeiträge in der richtigen Höhe entrichtet und
  • die Meldungen erstattet haben.

Sie berücksichtigt dabei eine ganze Reihe von Aspekten, u.a.:

  • ob Sie als Arbeitgeber alle Beschäftigungsverhältnisse sozialversicherungsrechtlich korrekt beurteilt haben,
  • ob vorliegt:
    • Versicherungsfreiheit oder
    • Versicherungspflicht,
  • ob Sie als Arbeitgeber richtig berechnet haben:
    • Sozialversicherungsbeiträge aus Löhnen und Gehältern einschließlich der Beitragszuschläge für Kinderlose in der Pflegeversicherung,
    • Beitragsabrechnungen,
  • Ob weiter korrekt sind
    • Ihre Meldungen an die Einzugsstelle,
    • Ihre gesetzlich vorgeschriebenen Aufzeichnungen,
    • Ihre Umlageberechnungen U1 und U2 nach dem Aufwendungsausgleichsgesetz (AAG),
    • Ihre meldepflichtigen Entgelte zur Unfallversicherung einschließlich der Zuordnung zur Gefahrtarifstelle,
    • Ihre Insolvenzsicherung von Zeitwertguthaben,
    • Ihre Meldung und Abführung der Künstlersozialabgabe.

Wie berechnen Sie als Arbeitgeber Ihre Beiträge?

Als in der Regel beitragspflichtig in der Sozialversicherung berücksichtigen Sie Arbeitsentgelt, das Ihre Arbeitnehmer aus einem Beschäftigungsverhältnis heraus erzielen. Sie als Arbeitgeber berechnen diese Beiträge und führen sie ab. Unterlaufen Ihnen hierbei Fehler, kann der Sozialversicherungsträger Beiträge bei Ihnen nachfordern. Grundlage für die Berechnung der Beiträge zur Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung (Gesamtsozialversicherungsbeitrag) der Beschäftigten sind:

  • Arbeitsentgelt,
  • Beitragssatz und
  • Beitragszeit.

Die Beitragsberechnung erfolgt grundsätzlich nach dem tatsächlich erzielten centgenauen Arbeitsentgelt. Ausnahme Beitragsermittlung im Niedrigentgeltbereich; hier gilt sie nicht für:

  • Personen in Berufsausbildung,
  • Versicherte in einem freiwilligen sozialen oder ökologischen Jahr,
  • im Bundesfreiwilligendienst,
  • Umschüler sowie
  • Beschäftigte in Altersteilzeit.

Seit Juli 2019 gilt ein Übergangsbereich und erstreckt sich auf Arbeitsentgelte von 450,01 Euro bis 1.300,00 Euro.

Was bedeutet Übergangsbereich?

Früher hieß er Gleitzone und beschreibt den Entgeltbereich zwischen:

  • einem Minijob auf der einen und
  • einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung auf der anderen Seite.

Die Gleitzone wurde 2003 für den sogenannten Niedriglohnbereich der Midijobber eingeführt. Seit 2013 bis Ende Juni 2019 galt sie für ein regelmäßiges Arbeitsentgelt von 450,01 Euro bis 850,00 Euro pro Monat.

Für den Übergangsbereich gelten zwei Voraussetzungen:

  • Ihre Arbeitnehmer sind versicherungspflichtig beschäftigt.
  • Sie liegen innerhalb bestimmter Entgeltgrenzen.

Innerhalb des Übergangsbereiches ziehen Sie als Arbeitgeber als Summe aus allen versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnissen für den Arbeitnehmer nicht das volle Arbeitsentgelt, sondern einen geringeren Betrag zur Beitragsberechnung heran. Arbeitnehmer rutschen innerhalb des Übergangsbereiches langsam in die volle Beitragsbelastung ab einem Arbeitsentgelt von 1.300,00 Euro.

Was geschieht nach Ende des Übergangsbereiches?

Für Sie als Arbeitgeber gilt dann:

  • Sie errechnen erst den Lohnabzug für den Arbeitnehmeranteil.
  • Das erzielte beitragspflichtige Arbeitsentgelt multiplizieren Sie mit der Hälfte des in Betracht kommenden Beitragssatzes.
  • Der Gesamtbetrag ergibt sich grundsätzlich durch Verdoppelung des gerundeten Arbeitnehmeranteils.

Wegen der Disparität der Beitragsanteile ermitteln Sie die Arbeitnehmer- und Arbeitgeberanteile getrennt:

  • zur Pflegeversicherung für Kinderlose,
  • zur Pflegeversicherung in Sachsen, wo ein anderer Beitragssatz gilt,
  • zur Rentenversicherung für geringfügig entlohnt Beschäftigte und
  • zur knappschaftlichen Rentenversicherung.

Gilt der Übergangsbereich auch für Sie als Arbeitgeber?

Nein. Sie tragen Ihren Beitragsanteil stets aus dem vollen Arbeitsentgelt.

Welche Unterlagen legen Sie als Arbeitgeber zur Kontrolle vor?

Gemäß § 11 Abs. 1 Satz 2 Beitragsverfahrensverordnung (BVV) legen Sie als Arbeitgeber oder die von Ihnen beauftragte Steuerkanzlei die in den §§ 8 Abs. 2 und 9 BVV aufgeführten Unterlagen unverzüglich im Original oder als lesbare Reproduktion vor.

Welche Entgeltunterlagen legen sie als Arbeitgeber vor?

Zusätzlich zu den bisherigen Unterlagen nennt die DRV folgende Informationen:

  • Unterlagen, die Aufschluss über die Zuordnung der unfallversicherungspflichtigen Arbeitsentgelte zu den unfallversicherungsträgerspezifischen Gefahrtarifstellen geben
  • Bescheide der Unfallversicherungsträger, also den Veranlagungsbescheid sowie um Bescheide über die letzte Prüfung.

Zu den Entgeltunterlagen gemäß § 8 Abs. 2 BVV gehören u.a. folgende:

  • Entgeltunterlagen gemäß § 8 Abs. 2 BVV Überblick (auszugsweise)
  • 1 alle Unterlagen, mit denen man die Versicherungsfreiheit oder die Befreiung von der Versicherungspflicht belegen kann
  • (weggefallen)
  • 3 die Daten der erstatteten Meldungen
  • 3a die Daten der von den Krankenkassen übermittelten Meldungen, die Auswirkungen auf die Beitragsberechnung des Arbeitgebers haben
  • 4 die Erklärung des geringfügig Beschäftigten gegenüber dem Arbeitgeber, dass auf Versicherungsfreiheit in der Rentenversicherung verzichtet wird
  • 4a der Antrag auf Befreiung von der Versicherungspflicht bei geringfügig entlohnten Beschäftigten, auf dem der Tag des Eingangs beim Arbeitgeber dokumentiert ist
  • 6 die Niederschrift nach § 2 Nachweisgesetz über die vereinbarten Arbeitsbedingungen
  • 7 Erklärung des kurzfristig geringfügig Beschäftigten über weitere kurzfristige Beschäftigungen
  • 8 Anträge an die Clearingstelle und Bescheide der Clearingstelle

Sind darüber hinaus noch gesonderte Unterlagen notwendig?

Grundsätzlich nicht. Alle weiteren erforderlichen Daten hat die DRV bereits über das maschinelle Meldeverfahren erhalten. Bereits vor Beginn der Prüfung sollten Sie dem Betriebsprüfer die letzten Prüfberichte des Finanzamts, insbesondere die Lohnsteuerhaftungsbescheide, vorlegen.

Die Betriebsprüfer der DRV dürfen zudem über die Lohn- und Gehaltsabrechnung hinaus einen Blick in Ihr Rechnungswesen werfen. Dazu gehören alle Unterlagen der Finanzbuchhaltung. Als Arbeitgeber legen Sie dabei den Sozialversicherungsprüfern zur Kontrolle vor:

  • Kontenrahmen
  • Kontenplan
  • Sachkostenlisten
  • betriebswirtschaftliche Auswertungen
  • Summen- und Saldenlisten
  • Sachkonten
  • Kassenbücher.

Ferner können die Beamten einzelne Belege anfordern, um sich einen Überblick zu verschaffen.

Was bedeutet das für Ihre Praxis bei der Prüfung?

Besonders gerne beschäftigen sich die Prüfer aktuell mit folgenden Themen:

  • Abgrenzung zwischen abhängiger Beschäftigung und selbstständiger Tätigkeit
  • Beschäftigung von Studierenden: Studierende jobben oft neben ihrem Studium. Wie alle Arbeitnehmer unterliegen Werkstudierende der Versicherungspflicht in allen Sozialversicherungszweigen. Vorsicht ist geboten, wenn diese während der Vorlesungszeit mehr als 20 Stunden in der Woche arbeiten. Entscheidend ist, dass Zeit und Arbeitskraft der Studierenden überwiegend durch das Studium in Anspruch genommen werden. Verlangen Sie von jedem Studierenden bei Aufnahme der Arbeit in Ihrem Betrieb lückenlos die Studienbescheinigungen für jedes Semester und führen Sie für ihn unbedingt Stundenaufzeichnungen.
  • Beschäftigung von Praktizierenden: Hier kommt es darauf an:
    • besteht Lohnsteuer- und Sozialversicherungspflicht?
    • Ist der Mindestlohn gezahlt, soweit er gezahlt werden muss?

Ihrem Unternehmen liegt noch kein Veranlagungsbescheid vor?

Das kann beispielsweise der Fall sein, wenn Sie Ihr Unternehmen gerade erst gegründet haben. Dabei veranlagt es Ihr Unfallversicherungsträger. Er erklärt sich für Ihr Unternehmen für zuständig und teilt Ihnen in einem Veranlagungsbescheid die maßgeblichen Gefahrtarifstellen mit, unter Umständen auch ein Aktenzeichen, die Mitglieds- oder eine Kundennummer. Wenn das noch nicht geschehen ist, sollten Sie mit der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung e. V. (DGUV) Kontakt aufnehmen, etwa über deren Homepage oder unter der kostenlosen Infoline: 0800/6050404. Sind Ihre Unfallversicherungsunterlagen nicht aufzufinden, erhalten Sie Hilfe von der für Ihr Unternehmen zuständigen Berufsgenossenschaft. Auch die Kontaktinformationen dazu finden Sie bei der DGUV.

Was gilt für Sonntagsarbeit und ähnliches?

Wenn Ihr Mitarbeiter am Sonntag nicht arbeitet, zahlen Sie als Arbeitgeber besser seine Beiträge weiter – sonst kann es für Sie teuer werden. Möglicherweise interessant dürfte für Sie als Arbeitgeber zudem sein die Altersvorsorge für Ihre Mitarbeiter. Zur Durchführung der Altersvorsorge für Ihre Mitarbeiter bieten sich Ihnen als Arbeitgeber als geeignete Wege an: Pensionszusage, die beiden, wenn gleich unterschiedlichen, Kassen zur Unterstützung und der Pension, die Versicherung und der Pensionsfonds.

Autor*in: Franz Höllriegel