30.08.2023

So verhindern Sie verdeckte Gewinnausschüttungen schon bei der Lohnabrechnung

Vorbeugen ist besser als heilen. Sie als Lohnabrechner Ihres GmbH-Geschäftsführers handeln bei Vermutung einer vGA danach: weisen Sie den Prüfer darauf frühzeitig hin. Dann braucht das Finanzamt es nicht erst später umständlich zu heilen über Ihren Einkommensteuerbescheid.

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Wie sähe eine solche Heilung über den Einkommensteuerbescheid aus? 

Das Finanzamt würde Ihre Einkünfte im Einkommensteuerbescheid umstrukturieren und korrigieren. Nehmen Sie mal an, endlich kommt der Steuerbescheid vom Finanzamt zurück, und es gibt eine Rückzahlung. Was nun, wenn der Prüfer eine vGA feststellt, eine verdeckte Gewinnausschüttung. Dann strukturiert er um und korrigiert den Bescheid, und plötzlich wird aus einer üppigen Rückzahlung eine geringe oder sogar unerwartet wird eine Nachzahlung fällig? Dann kann es zu einer Verböserung führen. Das heißt, wenn das Finanzamt merkt, dass es sich zu Ihren Gunsten vertan hatte und das obendrein, weil Sie als Lohnabrechner es nicht auf eine vermutete vGA hingewiesen haben, kann es den Steuerbescheid so korrigieren, dass Sie daraus einen Nachteil haben. Wollen Sie das? Na, sehen Sie.  

Wieso wäre eine vGA so schlimm? 

In der Summe der steuerlichen Änderungen ist die vGA im Regelfall nachteilig, weil es sich dabei um eine Vermögensminderung oder verhinderte Vermögensmehrung handelt mit folgenden Wesensmerkmalen: 

  • Sie wirkt sich auf die Höhe des Jahresüberschusses aus.  
  • Sie beruht nicht auf einem den gesellschaftsrechtlichen Vorschriften entsprechenden Gewinnverteilungsbeschluss.  
  • Sie ist durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst.  

Was heißt veranlasst? 

Eine Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis ist gegeben, wenn die Vermögensminderung oder verhinderte Vermögensmehrung bei der Körperschaft zugunsten einer nahestehenden Person erfolgt. Im Verhältnis zwischen Ihrer Gesellschaft und Ihrem beherrschendem Gesellschafter ist eine Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis selbst dann anzunehmen, wenn es an einer zivilrechtlichen wirksamen Vereinbarung über die Höhe eines Entgelt für eine Leistung Ihres Gesellschafters fehlt. Zur Wirksamkeit einer solchen Vereinbarung wäre sie normalerweise: 

  • klar,  
  • eindeutig und 
  • im Voraus abgeschlossen. 

Aber auch eine unklare Vereinbarung zwischen Ihnen als Gesellschafter und Ihrer Gesellschaft wäre für gewöhnlich eine vGA. Sie als Gesellschafter können mit Ihren Mitgesellschaftern jederzeit beschließen, Gewinn auszuschütten. Da greift kein Rückwirkungsverbot.  

Was heißt Rückwirkungsverbot? 

Es besagt, dass zu einem späteren Zeitpunkt erlassene Gesetze nicht auf einen früher stattgefundenen Sachverhalt angewendet werden dürfen. Es beruht auf dem Rechtsstaatsprinzip, Art. 20 Abs. 1, 3 Grundgesetz (GG). Dabei unterscheidet man zwischen: 

  • echter Rückwirkung: durch ein Gesetz sollen rückwirkend bestimmte Rechtsfolgen eintreten, obwohl der betreffende Sachverhalt bereits abgeschlossen ist; ist in erster Linie relevant im Strafrecht 
  • unechte Rückwirkung: ein Gesetz soll auf noch nicht abgeschlossene Sachverhalte angewendet werden und somit zukünftige Rechtsfolgen setzen. 

Im Strafrecht gilt das absolute Rückwirkungsverbot. Was zur Zeit der Tatbegehung nicht strafbar war, kann nicht im Nachhinein mit Strafe bedroht werden. Dafür sorgt die Garantiefunktion des Strafrechts (Art. 103 Abs. 2 GG, Art. 7 Europäische Menschenrechtskonvention EMRK). 

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Außerhalb des Strafrechts gilt nicht das absolute Verbot der Rückwirkung, sondern es wird lediglich eine echte Rückwirkung untersagt. Die unechte Rückwirkung bleibt zulässig. Die unechte Rückwirkung hinsichtlich Steuergesetzen hat laut Wissenschaftlichem Dienst des Deutschen Bundestages das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) in einem Beschluss vom 10. Oktober  2012 dahingehend modifiziert, dass unechte Rückwirkungen nicht grundsätzlich unzulässig seien, jedoch dem Fall der echten Rückwirkung derart nahe stünden, dass sie besonderen Anforderungen im Hinblick auf Vertrauensschutz und Verhältnismäßigkeit genügen müssten. Allerdings sei auch hier im Einzelfall eine Verhältnismäßigkeitsprüfung anzulegen. 

Wie kann sich eine vGA steuerlich für Sie als GmbH auswirken?  

Stellt sich nachträglich bei einer Prüfung durch das Finanzamt heraus, dass es sich bei einem Lohnbestandteil Ihres Gesellschafter-Geschäftsführers um eine vGA handelt, passiert grob folgendes: 

  • Der bisherige Lohnabzug ist keine Betriebsausgabe mehr,  
  • der Gewinn Ihrer GmbH wird erhöht.  
  • Entsprechende Mehrsteuern fallen an bei der Körperschaft- und Gewerbesteuer einschließlich Nachzahlungszinsen. 
  • Die Einkommensteuerbescheide des Gesellschafters werden geändert:  
  • Die Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit werden in Höhe der vGA gestrichen  
  • dafür haben sie als Gesellschafter jetzt Einkünfte aus Kapitalvermögen.  
  • Kapitalertragsteuer wird nachträglich bei dem Gesellschafter erhoben,  
  • dafür wird der Lohnsteuerabzug gutgeschrieben. 

Sind Lohnbestandteile vGA? 

Ja, aber sie sind es dann nicht, wenn sie insgesamt angemessen sind, also einem Fremdvergleich standhalten und aufgrund einer im Voraus getroffenen, klaren und eindeutigen Vereinbarung gezahlt werden. Typische, in Prüfungen vorkommende Problemfälle wären z.B.: 

  • Monatliches Gehalt: Prüfer greifen monatliches Gehalt mit dem Argument an, dass es für die Branche unüblich hoch sei. Zum Beleg verweisen sie dann gerne auf externe Daten aus Branchenvergleichen oder intern auf Vergleich mit leitenden Angestellten. Nehmen wir an, Sie sind Alleingesellschafter einer kleinen Elektrohandwerk-GmbH mit fünf Angestellten. Sie zahlen sich ein Gehalt von 500.000 Euro pro Jahr. Ihre GmbH selbst erwirtschaftet vor Abzug Ihres Geschäftsführer-Gehalts einen Gewinn von 510.000 Euro. Der Prüfer behauptet nun, dass ein Branchendurchschnittsgehalt in dieser GmbH-Größe bei etwa 150.000 Euro jährlich zu veranschlagen sei. Einem fremden Dritten hätten Sie als Gesellschafter diese Gehaltshöhe nicht gewährt. Die Differenz zum bisherigen Gehalt von 350.000 Euro will er als vGA beurteilen. Der Prüfer würde vor Gericht Recht bekommen. Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Urteil vom 11.02.1987 (Az.: I R 177/83) den Fremdvergleich angezogen und entschieden, dass eine vGA vorliegt, wenn ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter die Vermögensminderung gegenüber einer Person, die nicht Gesellschafter ist, unter sonst gleichen Umständen nicht hingenommen hätte. 
  • Tantieme: Typischerweise handelt es sich dabei um Provisionen auf Basis von Gewinn oder Umsatz. Umsatztantiemen sind steuerlich verdeckte Gewinnausschüttungen, die den Gewinn schmälern. Das Finanzamt erkennt sie deswegen nur in Ausnahmefällen an. Ausnahmen gibt es nur während der Startphase, wenn die Umsatzausweitung notwendig ist, um das Unternehmen überlebensfähig zu machen. Deshalb finden sich in der Praxis fast ausschließlich Tantiemen auf Gewinnbasis. Dieser Gewinn wird teilweise modifiziert, z.B. „Gewinn aller Geschäfte in Österreich“, „Gewinn vor Abzug von anderen Geschäftsführergehältern“. 

Wie  hoch können Tantiemen ausfallen? 

Soviel vorweg: Alle Regeln zur Bestimmung einer vGA bei Tantiemen sind weiche Regeln. Das bedeutet: In Einzelfällen, die aber sehr gut begründeten sein müssen, kann hiervon abgewichen werden, weil die Gerichte die einzelnen Regeln nur als Indiz nehmen und die Umstände des Einzelfalls bewerten.  

Grundsätzlich gilt:  

  • Sie müssen angemessen sein  
  • im Vorfeld vertraglich vereinbart sein.  

Dabei ist gerade die Angemessenheit immer wieder Gegenstand von Betriebsprüfungen und Rechtsprechung. 2002 hat die Finanzverwaltung in einem nach wie vor gültigen Schreiben die steuerliche Anerkennung von Tantiemen präzisiert (Bundesfinanzministerium Schreiben vom 01.02.2002, Az.: IV A 2 – S 2742 – 4/02). 

Wie wirken sich Tantiemen auf den Jahresüberschuss aus? 

Grundsätzlich führen zu einer vGA  

  • Tantiemen-Zusagen von insgesamt mehr als 50 Prozent des handelsrechtliche Jahresüberschusses vor Abzug der Gewinntantieme und der ertragsabhängigen Steuern an:  
  • mehrere Gesellschafter-Geschäftsführer oder  
  • einen Gesellschafter-Geschäftsführer  
  • Tantiemen-Zusagen an den Gesellschafter-Geschäftsführer  
  • wenigstens zu 75 Prozent aus einem festen und  
  • höchstens zu 25 Prozent aus erfolgsabhängigen Bestandteilen, der eigentlichen Tantieme bestehen. 

Beispiel: Sie sind Gesellschafter-Geschäftsführer und sollen eine angemessene Gesamtausstattung von 160.000 Euro erhalten, die sich wie folgt zusammensetzt: 

  • Festgehalt: 60 000 Euro 
  • Tantieme: 100 000 Euro 

Der durchschnittlich erzielbare Jahresüberschuss vor Abzug der Tantieme und der ertragsabhängigen Steuern wird mit 400.000 Euro angenommen:  

  • angemessene Tantieme beträgt 25 Prozent von 160.000 Euro = 40.000 Euro. 
  • vGA: 100.000 Euro abzüglich 40.000 Euro = 60.000 Euro. 

Zur Überprüfung der 50-Prozent-Grenze setzen Sie den sich aus der Aufteilung ergebenden absoluten Betrag der angemessenen Tantieme in eine Beziehung zu dem durchschnittlich erzielbaren Jahresüberschuss vor Abzug der Tantieme und der ertragsabhängigen Steuern von 400.000 Euro in unserem Beispiel. Aus diesem Vergleich ergibt sich der angemessene Tantiemen-Satz durch folgende Rechnung: 

40.000 Euro × 100 / 400.000 Euro = 10 Prozent 

Dieser angemessene Tantiemen-Satz ist bis zum nächsten Zeitpunkt der Überprüfung der Angemessenheit der gezahlten Tantieme maßgebend. 

Gelten Tantiemen-Zusagen denn nicht unbeschränkt? 

Nein, Sie als GmbH überprüfen Tantieme anlässlich jeder Gehaltsanpassung, spätestens jedoch nach Ablauf von drei Jahren auf ihre Angemessenheit. Sie können sie auf einen absoluten Betrag begrenzen. Bei der Ermittlung der angemessenen Höhe der Tantieme gehen Sie von der angemessenen Gesamtausstattung des Gesellschafter-Geschäftsführers aus. 

Wie stuft das Finanzamt Nur-Tantiemen ein? 

In voller Höhe als vGA, wenn die Vergütung Ihres Gesellschafter-Geschäftsführers ausschließlich aus einer Tantiemen-Zusage besteht. Es handelt sich um eine im Fremdvergleich unübliche Gestaltung. 

In der Praxis finden sich immer wieder Fälle, in denen die Tantiemen-Regeln – 25 Prozent / 75 Prozent, vorab fixierte schriftliche Vereinbarung – zwar eingehalten, aber tatsächlich nicht umgesetzt werden, z.B.  

  • deutlich verspätete Zahlung der Tantieme,  
  • ein Jahr wird ohne Weiteres ausgesetzt wegen Liquiditätsengpässen.  

In solchen Fällen liegt ein Verstoß gegen die eigenen vertraglichen Vereinbarungen und damit insgesamt eine vGA vor, weil der Fremdvergleich nicht mehr standhält.  

Autor*in: Franz Höllriegel