12.09.2018

Mitarbeiter muss private Handynummer nicht herausgeben

Ein Arbeitgeber darf von seinen Mitarbeitern nicht die private Handynummer verlangen, um einen Notfalldienst außerhalb der Rufbereitschaft sicherzustellen. Das hat das Thüringer LAG kürzlich entschieden.

Das Thüringer LAG hat entschieden, dass Mitarbeiter ihre private Handynummer nicht herausgeben müssen.

Der Entscheidungsfall vor dem Thüringer Landesarbeitsgericht

Im Entscheidungsfall hatte ein (kommunaler) Arbeitgeber das System seiner Rufbereitschaft geändert, um einen Notdienst einzurichten. Dafür hatte er von seinen Mitarbeitern jeweils die private Handynummer eingefordert, damit sie auch außerhalb des Bereitschaftsdienstes im Notfall zu erreichen sind.

Informationelle Selbstbestimmung geht vor

Nach Ansicht des Thüringer LAG stellt die Pflicht zur Herausgabe der privaten Mobilfunknummer einen erheblichen Eingriff in das Recht der Mitarbeiter auf informationelle Selbstbestimmung dar. Der Arbeitgeber müsste schon ein besonderes Interesse vorweisen können, um den Eingriff zu rechtfertigen.

Private Handynummer gehört zur persönlichen Sphäre

Wenn man den Mitarbeiter verpflichtet, seine private Handynummer preiszugeben, greife man schon sehr stark in die persönliche Sphäre des Arbeitnehmers ein. Auf diese Weise könne sich der Mitarbeiter der ständigen Erreichbarkeit nicht mehr ohne Rechtfertigungsdruck entziehen und auch nicht zur Ruhe kommen.

Es komme auch nicht darauf an, ob der Mitarbeiter tatsächlich kontaktiert und im Notfall herangezogen werde.
Durch die Änderung des bestehenden Rufbereitschaftssystems habe der Arbeitgeber seine Problemlage selbst herbeigeführt. Um sich gegen Notfälle abzusichern, stünden ihm andere Möglichkeiten zur Verfügung (Thüringer LAG, Urteile vom 16.05.2018, Az. 6 Sa 442/17 und 6 Sa 444/17).

So ist die Rufbereitschaft gesetzlich geregelt

Rufbereitschaft ist dadurch gekennzeichnet, dass der Arbeitnehmer sich nicht an einer vom Arbeitgeber bestimmten Stelle bereithalten muss, sondern nur jederzeit erreichbar sein muss, um seine beruflichen Aufgaben auf Abruf unverzüglich wahrnehmen zu können. Der Arbeitnehmer kann sich innerhalb eines zuvor vereinbarten Gebiets an einem Ort seiner Wahl aufhalten, der dem Arbeitgeber anzuzeigen ist oder von dem aus er über Piepser oder Handy jederzeit erreichbar ist.

Der Arbeitnehmer kann während seiner Rufbereitschaft durchaus zum Essen ins Restaurant gehen und ein Handy mitnehmen oder im Betrieb eine Erreichbarkeitsnotiz hinterlassen. Die Wahl des Aufenthaltsorts ist aber so zu treffen, dass im Bedarfsfall die rechtzeitige Arbeitsaufnahme möglich ist.

Die Flexibilität der Rufbereitschaft

Die deutsche Wirtschaft unterliegt im Zuge der fortschreitenden Öffnung der Märkte einem erhöhten Wettbewerbsdruck. Um zu bestehen, ist es oftmals entscheidend, wie schnell ein Unternehmen auf bestimmte Entwicklungen reagieren kann und in welcher Zeit Probleme gelöst werden können. Daher verpflichten Arbeitgeber ihre Arbeitnehmer in zunehmendem Maße zur Verfügbarkeit auf Abruf.

Solche Rufbereitschaften erstrecken sich zumeist auf Zeiten außerhalb der betrieblichen Arbeitszeit. Die Dauer erstreckt sich in der Praxis häufig über längere Zeiträume, sie kann durchaus auch Monate betragen.

Maximale Entfernung oder Zeiträume vereinbaren

Achten Sie darauf, dass Sie in Ihren Rufbereitschaftsvereinbarungen die maximale Entfernung zum Arbeitsort oder Zeiträume für die Arbeitsaufnahme vereinbaren. So herrscht Klarheit für alle Beteiligten.

Mehr Informationen inkl. Rechtshintergrund zu Themen wie Rufbereitschaft, Arbeitszeit, Arbeitnehmerüberlassung, Kündigung finden Sie im Online-Titel „Die GmbH von A-Z“. Alles, was Arbeitgeber wissen müssen: Jetzt für 30 Minuten online, live und kostenlos testen!

Autor*in: Dr. Stephanie Kaufmann-Jirsa