Kontoauszüge im Visier des Finanzamts: Was darf die Behörde, was nicht?
Hintergrund: In steuerlichen Außenprüfungen fordern Finanzämter regelmäßig nicht nur Buchhaltungsdaten, sondern auch betriebliche Kontoauszüge an. Ein aktuelles Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) hat klargestellt: Diese Praxis ist in der Regel zulässig – auch ohne ausdrückliche Einwilligung des Steuerpflichtigen. Doch welche Regeln gelten genau? Und wie weit reicht das Auskunftsrecht des Finanzamts tatsächlich?
Zuletzt aktualisiert am: 2. Oktober 2025

Was sagt § 29b AO zur Datenverarbeitung durch das Finanzamt?
Die Vorschrift regelt, wann personenbezogene Daten (wie etwa Bankdaten) im Rahmen steuerlicher Verfahren verarbeitet werden dürfen. Die zentrale Voraussetzung:
„Die Verarbeitung ist zulässig, wenn sie zur Erfüllung steuerlicher Aufgaben erforderlich ist.“
Damit wurde in deutsches Recht umgesetzt, was Art. 6 Abs. 3 DSGVO für Behörden verlangt – eine spezifische gesetzliche Grundlage für die Datenverarbeitung.
Der Streitfall: Kontoauszüge vom Finanzamt direkt bei der Bank angefordert
Ein Rechtsanwalt verweigerte während einer Betriebsprüfung die Herausgabe seiner betrieblichen Kontoauszüge. Der Prüfer besorgte sich die Unterlagen direkt bei der Bank. Daraufhin klagte der Anwalt – unter anderem mit dem Hinweis auf einen vermeintlichen Verstoß gegen die DSGVO. Er wollte die Löschung seiner Daten erwirken und die Verarbeitung untersagen lassen.
Der BFH wies die Klage ab (Urteil vom 05.09.2023, Az. IX R 32/21) und stellte klar:
Die Leitsätze des Urteils:
- § 29b AO genügt als nationale Rechtsgrundlage für Datenverarbeitung im Steuerverfahren.
- Eine Verarbeitung ohne Einwilligung ist zulässig, wenn sie der Erfüllung hoheitlicher Aufgaben dient.
- Es besteht kein Anspruch auf Löschung oder Widerspruch gegen die Verarbeitung rechtmäßig erhobener Daten.
Datenschutz bleibt wichtig – aber nicht grenzenlos
Das Urteil betont zwar die Zulässigkeit der Datenverarbeitung, stellt aber auch klar:
- Nur steuerlich relevante Unterlagen dürfen angefordert werden.
- Die Verhältnismäßigkeit muss gewahrt bleiben.
- Nicht betriebsbezogene private Kontoauszüge sind in der Regel nicht herauszugeben, es sei denn, sie enthalten steuerlich relevante Informationen (z. B. bei gemischten Konten).
Wichtig: Der Zugriff auf Kontoauszüge ist kein Freifahrtschein zur Vollüberwachung. Die Zweckbindung und die Erforderlichkeit im Einzelfall bleiben zentrale Prüfpunkte.
Was Unternehmen jetzt beachten sollten
- Kontoauszüge bereitstellen: Bei Außenprüfungen ist die Herausgabe betrieblicher Kontoauszüge regelmäßig zulässig – eine Verweigerung führt häufig zu einem direkten Zugriff durch das Finanzamt.
- Trennung von Konten: Um Diskussionen zu vermeiden, empfiehlt sich eine klare Trennung zwischen privaten und betrieblichen Konten.
- Transparente Buchführung: Eine saubere, nachvollziehbare Buchführung reduziert Rückfragen und den Umfang von Nachforderungen.
- Datenschutz-Folgenabschätzung prüfen: Bei sensiblen Daten oder gemischter Verwendung von Konten (z. B. bei Freiberuflern) kann sich eine vorherige Prüfung durch Datenschutzbeauftragte lohnen.
Fazit: Kontoauszüge sind kein Tabuthema – aber auch kein Selbstbedienungsladen
Mit dem BFH-Urteil steht fest: Das Finanzamt darf Kontoauszüge anfordern, wenn sie zur Prüfung steuerlich relevanter Sachverhalte erforderlich sind. Datenschutzargumente helfen in solchen Fällen meist nicht weiter – sofern der Zugriff verhältnismäßig und zweckgebunden erfolgt. Unternehmen tun daher gut daran, frühzeitig Ordnung zu schaffen – nicht erst bei Prüfungsbeginn.