16.02.2018

Koalitionäre einigen sich auf Kompromiss bei Befristungen

Millionen Menschen in Deutschland haben nur eine befristete Anstellung. Alles gut, wenn dies begründet ist. Doch unbegründet? Bis zum Schluss der Koalitionsverhandlungen war dies eines der Streitpunkte. Am Ende einigte man sich auf Zahlenkompromisse und gegen Kettenbefristungen.

Kompromiss bei Befristungen

Einigung zwischen SPD und Union

Vor allem junge Menschen bekommen nur eine befristete Anstellung. Sie stehen deshalb oft vor Schwierigkeiten bei der Familienplanung. Umgekehrt ist es für viele Unternehmen vor allem aus dem Mittelstand wichtig, beim Personal flexibel zu bleiben. Im Koalitionsvertrag einigten sich SPD und Unionsparteien vorige Woche auf einen „einfachen zahlenmäßigen Kompromiss“, wie die „Welt“ schreibt. Die SPD hatte ursprünglich eine vollständige Abschaffung der sachgrundlosen Befristung gefordert. Die derzeit zulässigen acht Gründe für Befristungen sowie Befristungsketten wollte sie außerdem eingeschränkt sehen, die Union sie beibehalten.

Befristeter Arbeitsvertrag nur noch für 18 Monate

Heraus kam jetzt eine Verkürzung der zulässigen Laufzeit für befristete Arbeitsverträge. Laut Vertragsentwurf soll die Befristung eines Arbeitsvertrages ohne sachlichen Grund nur noch für 18 Monate zulässig sein. Bislang sind zwei Jahre möglich. „Wir wollen nicht länger unendlich lange Ketten von befristeten Arbeitsverhältnissen hinnehmen“, beschlossen Union und SPD weiter. Eine Befristung soll außerdem gar nicht mehr zulässig sein, wenn mit dem Arbeitgeber bereits zuvor ein unbefristetes oder ein oder mehrere befristete Arbeitsverhältnisse von fünf oder mehr Jahren bestanden haben.

Sachgrundlose Befristung und Betriebsgröße

Zudem gibt es eine Beschränkung nach Mitarbeiterzahl. Arbeitgeber mit mehr als 75 Beschäftigten sollen nur noch höchstens 2,5 Prozent der Belegschaft sachgrundlos befristen dürfen. Derzeit sieht das Teilzeit- und Befristungsgesetz keine Abhängigkeit sachgrundloser Befristungen von der Betriebsgröße vor.

3,5 Millionen Befristungen

Die Zahl befristeter Verträge hat laut „Welt“ in den vergangenen 20 Jahren deutlich zugenommen. Insgesamt waren 2016 in Deutschland 4,8 Millionen Arbeitnehmer befristet angestellt – also immerhin jeder achte Beschäftigte. Allerdings sind dabei auch 1,3 Millionen Auszubildende mitgezählt, deren Verträge immer befristet sind.

Schluss mit Kettenbefristungen

Künftig soll es nur noch drei Mal hintereinander möglich sein, denselben Mitarbeiter befristet anzustellen. Kettenbefristungen sollen abgeschafft werden. Die Zahl der befristet Beschäftigten nimmt dem Zeitungsbericht zufolge nicht mehr so stark zu. In den wirtschaftlich schwierigen Jahren zwischen 1996 und 2011 hatte sich ihr Anteil von 3,7 Prozent aller Beschäftigten auf 7,6 Prozent mehr als verdoppelt. Im Aufschwung der vergangenen Jahre ging der Prozentsatz wieder leicht zurück.

Große Koalition und ihre Bedeutung für Krankenversicherte

Interessanterweise sind es weniger die privaten Unternehmen als vielmehr ausgerechnet der Staat als Arbeitgeber, der mit befristeter Anstellung von Mitarbeitern auffällt. Die aktuellsten Zahlen, die einen Vergleich zulassen, stammen aus dem Jahr 2014. Laut einer Untersuchung des IAB der Bundesagentur für Arbeit aus dem Jahre 2014 steckten damals 6,7 Prozent aller Beschäftigten in der Privatwirtschaft in einer Befristung. Im öffentlichen Dienst lag der Anteil hingegen bei 7,4 Prozent.

Rückkehrrecht zu Vollzeit

Ebenfalls eine SPD-Forderung war ein Rückkehrrecht von Teilzeitbeschäftigten in Vollzeit. Dieses Recht soll nun kommen, allerdings nur für Firmen ab 45 Mitarbeitern. Bei 45 bis 200 Mitarbeitern soll der Rückkehranspruch nur einem pro 15 Mitarbeitern gewährt werden müssen. Der Arbeitgeber kann eine befristete Teilzeit von weniger als einem Jahr oder mehr als fünf Jahren ablehnen.

Flexibilität in der Personalplanung

Befristete Arbeitsverhältnisse bieten Arbeitgebern einige Vorteile. Dazu gehören die größere Flexibilität in der Personalplanung und die sichere Beendigung des Arbeitsverhältnisses nach Ablauf der Befristung. „Lohn- & Gehaltsprofi AKTUELL“ (3/2018) hat dem Thema eine Sonderausgabe gewidmet. Darin geht der Beratungsbrief für betriebsprüfungssichere Abrechnung auf die Dinge ein, die Sie als Arbeitgeber beim Abschluss eines befristeten Arbeitsvertrags achten sollten.

 

Autor*in: Franz Höllriegel