07.06.2017

Fachkräftemangel wird zu echtem Wachstumshemmnis

Einstellungsbereitschaft weiter hoch. Der Aufschwung verfestigt sich. Doch der Mangel an Fachkräften, die ihn weiter mittragen sollen, auch. Von einem Ansteigen des Wachstums um 0,2 Punkte auf nunmehr 1,8 Prozent geht die Konjunkturumfrage des DIHK für dieses Jahr aus. Die Einstellungsbereitschaft der Firmen bleibt hoch.

Meister-BAföG

Sicherung des Nachschubs an Fachkräften

Erstmals sorgt sich mehr als jedes zweite Unternehmen um die Sicherung des Nachschubs an Fachkräften. Betriebe in weiten Teilen Deutschlands finden nicht mehr die nötigen Leute, um Aufträge abzuarbeiten. Darüber hinaus führt der Mangel an qualifiziertem Personal dazu, dass weniger als möglich in neue Technologien investiert wird. Dieser Mangel zementiert sich nach Ansicht von Experten mittlerweile als Top-Risiko. „So wird der Fachkräftemangel zum echten Wachstumshemmnis“, warnt jetzt der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK), Martin Wansleben, in Berlin bei der Vorstellung der frühsommerlichen DIHK-Konjunkturumfrage.

Beschäftigung wächst kräftig

Allerdings wächst die Beschäftigung sonst weiter kräftig. Für 2017 erwartet der DIHK eine halbe Million neue Stellen. Zu Jahresbeginn hatte die Prognose noch bei 350.000 gelegen. Es könnten aber noch weit mehr sein, betont Wansleben unter Verweis auf den Fachkräftemangel. Eine Mehrheit der Unternehmen wolle zusätzliches Personal einstellen. Grund: Internationalen Krisen zum Trotz erwarten die Betriebe sogar nochmals bessere Geschäfte – im Inland wie im Ausland. „Die Unternehmen wollen hierzulande mehr investieren und weiter Beschäftigung aufbauen“, berichtet der DIHK-Hauptgeschäftsführer. Wenn auch viele Risiken fortbestünden, erhöht der DIHK daher seine Prognose für 2017 auf 1,8 Prozent. „Hätten wir in diesem Jahr so viele Arbeitstage wie 2016, läge das Wachstum sogar knapp über zwei Prozent“, so Wansleben.

Einstellungsmotor Industrie- und Baukonjunktur

Andere Institute kommen zu ähnlichen Ergebnissen. So attestiert das Münchner ifo-Institut deutschen Firmen eine weiterhin hohe Einstellungsbereitschaft. Das ifo Beschäftigungsbarometer sank im Mai nur leicht auf 110,8 Punkte von 111,4 Punkten im Vormonat. Laut ifo Institut sorgt die sehr gute Industrie- und Baukonjunktur dafür, dass die Einstellungsbereitschaft in diesen Branchen kontinuierlich zunimmt. Auch der Handel suche neue Mitarbeiter. Neben der Vergrößerung des Personalbestandes geben die Unternehmen an, dass sie zunehmend offene Stellen nicht besetzen können. So gaben zuletzt in der Industrie 15 Prozent der Firmen an, dass ein Fachkräftemangel die Produktionstätigkeit beeinträchtigt. Im Dienstleistungssektor waren es 26 Prozent und im Baugewerbe 9 Prozent. Alle diese Werte sind in den letzten Monaten gestiegen.

Zinsen, Öl, Wechselkurs

Der DIHK-Hauptgeschäftsführer warnte, dass die gute konjunkturelle Entwicklung kein Selbstläufer sei. Die Wirtschaft profitiere schon lange Zeit von Sonderfaktoren wie Zinsen, Öl, Wechselkurs. „Das kann sich aber schnell ins Gegenteil verkehren“, so Wansleben. Auch berge die gute Konjunktur die Gefahr, „dass wir die Verbesserung unserer Wettbewerbsfähigkeit aus dem Blick verlieren – und damit Wachstumspotenziale von morgen verspielen“.

Robuste Beschäftigungsentwicklung

Die DIHK-Konjunkturumfrage beruht auf Antworten von rund 25.000 Unternehmen. Danach trotzen die Unternehmen dem Fachkräftemangel dank einer bemerkenswert robusten Beschäftigungsentwicklung. Sie kurbele zusammen mit steigenden Löhnen den privaten Verbrauch weiter an. Unternehmen in konsumnahen Branchen zeigten sich nach zwischenzeitlichen Eintrübungen optimistischer als zu Jahresbeginn. Die Erwartungen verbesserten sich in allen industriellen Hauptgruppen. Dabei wachse besonders die Zuversicht. Die weltweite expansive Geldpolitik wirke derzeit noch als Wachstumsstütze, das Ölpreis-Doping halte an. Die Preise für Strom stiegen aber weiter an. Die Energiepreise blieben damit weiterhin das Top-Risiko für deutsche Exporteure.

Förderung von Fachkräften

Ein Mittel der Akquise von Fachkräften ist das Meister-BAföG. Seit August letzten Jahres soll dieses Aufstiegs-BAföG Fachkräfte bei der Finanzierung ihrer Fortbildung unterstützen. Als monatliche finanzielle Unterstützung wird es zum Teil staatlich bezuschusst, berichtet der Wirtschaftsbrief für das Deutsche Handwerk „Meisterbrief AKTUELL“ in seiner neuen Ausgabe (8/2017 Juni). Wer den anderen Teil trägt, wie die Regelungen lauten und ob Unternehmen oder deren Mitarbeiter Anspruch auf das BAföG haben – dazu alles Wissenswerte in dem Newsletter.

Autor*in: Franz Höllriegel