16.01.2019

EMF-Normung

Die weltweite EMF-Normung zur Thematik der Exposition von Personen in elektromagnetischen Feldern ist vergleichbar wie bei der EMV-Normung bei der Internationalen Elektrotechnischen Kommission (IEC) organisiert und wird dort im Technischen Komitee 106 „Methoden zur Bewertung elektrischer, magnetischer und elektromagnetischer Felder bezüglich der Exposition von Personen” behandelt.

elektromagnetische Felder

Normungsorganisationen

Allerdings gibt es bezüglich der Anforderungen, beispielsweise den Grenzwerten, einen erheblichen Unterschied zwischen der EMV- und der EMF-Normung. In Ersterer sind in den diversen Normen zur Störaussendung und Störfestigkeit detaillierte Grenzwerte oder Pegel als Zahlenwerte formuliert, auf die man sich im Rahmen einer internationalen Konsensbildung geeinigt hat. Bei der EMF-Normung sind keine quantitativ formulierten Anforderungen, die sich auf Vertreter der Allgemeinbevölkerung oder der Berufstätigen anwenden lassen, in den Normen aufgeführt.

Der Grund liegt darin, dass es bezüglich der Expositionsgrenzwerte, die einzuhalten sind, um mögliche Gesundheitseffekte auszuschließen, keinen internationalen Konsens gibt. Es gibt im Wesentlichen zwei internationale Organisationen, die solche Expositionsgrenzwerte erarbeitet haben: ICNIRP (International Commission on Non-Ionizing Radiation Protection) und IEEE (Institute of Electrical and Electronic Engineers). Darüber hinaus existieren noch einige nationale Regelungen.

Damit EMF-Normen und die in ihnen beschriebenen Verfahren trotzdem möglichst weltweit angewandt werden können, dürfen daher keine normativen Anforderungen mit Bezug auf solche in den verschiedenen Regionen oder Ländern gültige Expositionsgrenzwerte enthalten sein, gleichzeitig sollten die Normen aber so formuliert werden, dass sie in regionalen oder nationalen Implementierungen die zutreffenden Grenzwerte enthalten können. Diese Bedingungen gelten nicht nur für die von IEC TC 106 selbst entwickelten EMF-Normen, sondern auch für alle anderen von IEC-Produktkomitees verantworteten EMF-Produktnormen (die in der Regel in Zusammenarbeit mit TC 106 erstellt werden).

Im Fall Europas erfolgt die Berücksichtigung der hier anzuwendenden Grenzwerte in der Regel über eine gemeinsame europäische Abänderung („common modification”) der IEC-Normen, die in modifizierten EN-Normen resultieren; diese Änderungen werden von dem europäischen Spiegelkomitee CENELEC TC 106X bearbeitet. Darüber hinaus werden von ihm auch rein europäische Normen (zu erkennen an der Nummerierung EN 5XXXX) erstellt.

Die Aufgabe von IEC TC 106 besteht darin, Mess- und Berechnungsmethoden zu erarbeiten, die es ermöglichen, eine Personenexposition in elektrischen, magnetischen und elektromagnetischen Feldern zu bewerten. Diese Aufgabe beinhaltet die Erstellung von Dokumenten

  • zur Charakterisierung der elektromagnetischen Umgebungen bezüglich einer Personenexposition,
  • zu Messmethoden, Messgeräten und Messverfahren,
  • zu Berechnungsmethoden einschließlich numerischer Simulationen,
  • zu Methoden für die Bewertung einer Exposition durch spezifische Feldquellen, und
  • zur Bewertung von Unsicherheiten, die mit den obigen Methoden verbunden sind.

Für die Bewertung der Exposition wird der gesamte Frequenzbereich von 0 Hz bis 300 GHz abgedeckt. Neben den von elektromagnetischen Feldern erzeugten direkten Effekte auf Personen werden auch indirekte Effekte betrachtet, beispielsweise Kontaktströme, die sich aufgrund der Induktionswirkung elektromagnetischer Felder ergeben.

Struktur von IEC TC 106

EMF-Normen werden von einer Reihe von Arbeitsgruppen innerhalb von TC 106 erarbeitet. Die Systematik dieser Normen orientiert sich an einer ähnlichen Struktur, wie sie für EMV-Normen angewandt wird. Das bedeutet, dass es auch hier einen Aufbau des EMF-Normenwerks aus Grundnormen, Fachgrundnormen und Produkt-/Produktfamiliennormen gibt. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt existieren die in Tabelle 1 zusammen mit deren Titel (deutsch/englisch) und Aufgabenstellungen aufgeführten Arbeitsgruppen.

Tab. : Arbeitsgruppen in IEC TC 106

Arbeitsgruppe Titel/Aufgabenstellung
WG 8 Befassung mit Methoden für die Bewertung von Kontaktströmen bezüglich der Exposition von Personen in elektrischen, magnetischen und elektromagnetischen Feldern
(Addressing methods for assessment of contact current related to human exposures to electric, magnetic and electromagnetic fields)(a) Identifizierung eines geeigneten Anwendungsbereichs in Dokumenten von TC 106 für Expositionsbedingungen durch Kontaktströme – Notwendigkeit einer klaren Abgrenzung von dem Gebiet der elektrischen Sicherheit und Wirkungen von Funkenentladungen, nicht enthaltend den Bereich des elektrischen Schlags(b) Bestimmung von Messmethoden für Kontaktströme – Bereitstellung unterschiedlicher Methoden in Frequenzbereichen mit Reizwirkung (beispielsweise kleiner als 10 MHz) und Erwärmungswirkung (beispielsweise größer als 100 kHz) mit anfänglichem Fokus auf den niedrigeren Frequenzbereich mit Stimulationswirkung(c) Festlegung eines elektrischen Ersatzschaltbilds, das den Eigenschaften der menschlichen Reaktion entspricht – mit einem wichtigen Eingangsdokument IEC 60990 (Methoden zur Messung von Berührungsströmen und Schutzleiterströmen)

(d) Erstellung eines geeigneten Dokuments in Form eines technischen Berichts (TR) oder vergleichbaren Dokuments, das die obigen Aspekte berücksichtigt

(e) Erwägung möglicher Zusammenarbeit mit anderen PTs oder MTs innerhalb von TC 106

WG 9 Befassung mit Methoden für die Bewertung der drahtlosen Energieübertragung (WPT = Wireless Power Transfer) bezüglich der Exposition von Personen in elektrischen, magnetischen und elektromagnetischen Felder

(Addressing methods for assessment of Wireless Power Transfer (WPT) related to human exposures to electric, magnetic and electromagnetic fields)

(a) Identifizierung der gegenwärtigen Lücken von WPT bezüglich der Personenexposition (einschließlich implantierter medizinischer Geräte) in elektrischen, magnetischen und elektromagnetischen Feldern

(b) Festlegung von Anforderungen für WPT bezüglich der Bewertung einer Exposition, wobei sowohl der Frequenzbereich mit Reizwirkung (beispielsweise kleiner als 10 MHz) als auch der mit Erwärmungswirkung (beispielsweise größer als 100 kHz) berücksichtigt werden sollen

(c) Zusammenfassung möglicher Bewertungsmethoden, die sich für die WPT-Thematik anwenden lassen

(d) Feststellung, ob eine neue IEC-Norm notwendig sein wird oder bestehende Normen angepasst werden können

(e) Erstellung eines geeigneten Dokuments in Form eines technischen Berichts (TR) oder vergleichbaren Dokuments, das die obigen Aspekte berücksichtigt

(f) Erwägung möglicher Zusammenarbeit mit anderen PTs oder MTs innerhalb von TC 106

PT 62209-3 Sicherheit von Personen in hochfrequenten Feldern von handgehaltenen und am Körper getragenen schnurlosen Kommunikationsgeräten – Körpermodelle, Messgeräte und Verfahren – Teil 3: SAR-Messungen mittels vektoriellen Sensoren (Frequenzbereich 100 MHz bis 6 GHz)

(Human exposure to radio frequency fields from hand-held and body-mounted wireless communication devices – Human models, instrumentation, and procedures – Part 3: Vector probe systems (Frequency range of 100 MHz to 6 GHz))

Standardisierung von SAR-Messungen mit vektoriellen Sensoren mit der Absicht der Standardisierung der Sensoren unter Beibehaltung des gleichen Phantommodells, wie es in IEC 62209-1 verwendet wird.

Weitere detaillierte Informationen zu den Arbeitsgruppen in der IEC TC 106 sowie zu aktuellen und geplanten Normungsdokumenten der IEC TC 106 finden Sie in unserem Produkt „Elektromagnetische Verträglichkeit.“

 

Autor*in: Bernd Jäkel (Dr. Bernd Jäkel ist als Technischer Leiter des EMV-Zentrums der Siemens AG, Digital Factory, tätig.)