05.10.2017

Verkehrsrechtliche Anordnungen wegen Behinderungen der Zu- und Abfahrt

Eine enge Straßenstelle i.S.v. § 12 Abs. 1 Nr. 1 StVO ist nicht (nur) unter Berücksichtigung von Abbiegevorgängen und Schleppkurven zu bestimmen (VG Regensburg, Urteil vom 13.07.2017, Az. RO 5 K 16.497).

Behinderung Zufahrt Abfahrt

Der Kläger begehrt die Anordnung eines eingeschränkten Halteverbots (Zeichen 286) im Bereich von 20 m beidseitig einer Gasse mit genauerer Bereichsbezeichnung.

Dem Antrag ging ein monatelanges Hin und Her zwischen Anliegern, Behörden und Polizei voraus. Landwirtschaftliche Fahrzeuge, Müllabfuhr, Rettungsfahrzeuge hatten nach Ansicht des Klägers wegen des Parkverkehrs keine Möglichkeit, in die Fahrgasse im Bedarfsfall hineinzukommen. Die Behörden hofften immer wieder auf eine Einsicht der betroffenen Parker – erfolglos. Weiter waren die Behörden auch der Auffassung, dass es sich um eine enge Straßenstelle i.S.d. § 12 Abs. 1 Nr. 1 SVO handele und damit die Anordnung von Verkehrszeichen überflüssig sei; Ordnungswidrigkeiten könnten zur Anzeige gebracht werden.

Mit der Klage beim Verwaltungsgericht verfolgt der Kläger die Verpflichtung der Gemeinde, ein eingeschränktes Halteverbot anzuordnen, und erhielt teilweise recht.

Entscheidungsgründe

  • Der Beklagte wird verpflichtet, eine Grenzmarkierung und ein eingeschränktes Halteverbot (wurde örtlich näher bestimmt) anzuordnen.
  • Die zulässige Klage ist teilweise begründet, da dem Kläger ein Anspruch auf Beschränkung der Nutzung eines Bereichs der betroffenen Gasse nach § 45 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 45 Abs. 9 Satz 1 StVO zusteht.
  • Nach § 45 Abs. 1 Satz 1 StVO können die zuständigen Straßenverkehrsbehörden die Benutzung bestimmter Straßen oder Straßenstrecken aus Gründen der Sicherheit oder Ordnung des Verkehrs beschränken oder verbieten oder den Verkehr umleiten. Nach § 45 Abs. 9 Satz 1 StVO sind Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen nur dort anzuordnen, wo dies aufgrund der besonderen Umstände zwingend geboten ist. „Zwingend geboten“ ist ein Verkehrszeichen nur dann, wenn das Verkehrszeichen die unbedingt erforderliche und allein in Betracht kommende Maßnahme ist. Das ist nicht der Fall, wenn die allgemeinen und besonderen Verhaltensregeln der Straßenverkehrsordnung – wie z.B. die Regelung über das Halten und Parken in § 12 StVO – mit hinreichender Wahrscheinlichkeit einen sicheren und geordneten Verkehrsablauf gewährleisten.
  • Ein sicherer und geordneter Verkehrsablauf ist unter Einbeziehung der örtlichen Gegebenheiten nicht mehr gewährleistet und die angeordneten Zeichen der StVO die einzige in Betracht kommende Maßnahme, sodass das grundsätzliche Ermessen hier auf null reduziert ist und dem Kläger ein Anspruch erwächst.
  • Nicht einzubeziehen in die Beurteilung der engen Straßenstelle sind Schleppkurven von Gespannen bzw. Abbiegevorgänge an Kreuzungen überhaupt. Dies liegt darin begründet, dass es sich bei § 12 Abs. 1 Nr. 1 StVO um ein gesetzliches Halteverbot handelt, also der Verkehrsteilnehmer beim (beabsichtigten) Halten seines konkreten Fahrzeugs beurteilen können muss, ob er von diesem Verbot ohne weitere Beschilderung betroffen ist, um sich normgerecht verhalten zu können. Eine enge Stelle muss danach zu beurteilen sein, ob ein dem Straßenverlauf folgendes Fahrzeug maximal zulässiger Breite (regelmäßig 3,05 m) gefahrlos vorbeifahren kann.
  • Um Abbiegevorgänge zu ermöglichen, trifft jedoch § 12 Abs. 3 Nr. 1 StVO die (pauschalierende) Regelung, einen 5-m-Bereich an Kreuzungen und Einmündungen frei zu halten, was im Bedarfsfall durch die Behörde verlängert werden kann. Dieses Ermessen der Behörde verdichtet sich hier zu einem Anspruch des Klägers auf eine entsprechende Regelung.
  • Insgesamt liegen besondere Umstände vor, die eine verkehrsrechtliche Anordnung zwingend geboten erscheinen lassen. Der Kläger ist durch die Landwirtschaft am Ende der Gasse hinreichend konkret in seinen Belangen betroffen, dass die Einwirkungen des (ruhenden) Verkehrs ihn in einer Weise beeinträchtigen, die das zumutbare Maß übersteigen.
  • Eine Regelung durch Verkehrszeichen ist nötig, damit die Polizei wieder rechtssicher tätig werden und Ordnungswidrigkeiten ahnden kann. Dies war durch die vielfachen divergierenden Beurteilungen der Vergangenheit erschwert worden.
Autor*in: Georg Huttner (Oberamtsrat a.D. Georg Huttner ist Autor für die Titel Ordnungsamts- und Gewerbeamtspraxis.)