04.10.2018

Muss Straßenverkehrsbehörde gemeindlichen Lärmaktionsplan umsetzen?

Das Verkehrsrecht verpflichtet die zuständige Behörde, einen Lärmaktionsplan zur Minimierung der Geschwindigkeit auf einer Straße auf 30 km/h umzusetzen (VGH Mannheim, Urteil vom 28.08.2018, Az. 10 S 2449/17).

Straßenverkehrsbehörde Lärmaktionsplan

Die Gemeinde klagte gegen das Land, weil dieses sich geweigert hatte, straßenverkehrsrechtliche Festlegungen aus ihrem Lärmaktionsplan umzusetzen. Der Lärmaktionsplan, den der Gemeinderat beschlossen hatte, sieht für Ortsdurchfahrten von Teilorten der Gemeinde an einer Landesstraße (Hauptverkehrsstraße mit erheblichem Verkehrsaufkommen) als Lärmminderungsmaßnahme eine Geschwindigkeitsbegrenzung auf 30 km/h in den Nachtstunden von 22:00 Uhr bis 6:00 Uhr vor. Die Straßenverkehrsbehörde lehnte eine Geschwindigkeitsbegrenzung ab.

Bauliche Maßnahmen wie der Einbau eines lärmoptimierten Straßenbelags ließen sich kurzfristig nicht realisieren.

Das Verwaltungsgericht war davon ausgegangen, dass es der Gemeinde an der notwendigen Klagebefugnis fehle, weil sie mangels einer eigenen Rechtsposition die Umsetzung der von ihr festgelegten Lärmminderungsmaßnahme generell nicht einklagen könne.

Der Verwaltungsgerichtshof hat im Berufungsverfahren der Gemeinde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Recht gegeben.

Entscheidungsgründe

  • Die Gemeinde kann vom Land die Umsetzung der festgelegten Lärmminderungsmaßnahme einfordern. Die zur Umsetzung berufenen Fachbehörden, hier die Straßenverkehrsbehörde, ist nach § 47d Abs. 6 i.V.m. § 47 Abs. 6 Satz 1 BImSchG an die Festlegungen in Lärmaktionsplänen gebunden. Sie können insbesondere nicht das Planungsermessen der Gemeinde durch ihr eigenes ersetzen. Die Bindung besteht nur dann nicht, wenn die Anordnungsvoraussetzungen des Fachrechts, hier des Straßenverkehrsrechts, nicht erfüllt sind oder die Festlegung im Lärmaktionsplan nicht ordnungsgemäß erfolgt ist.
  • Zur ordnungsgemäßen Festlegung gehört neben der Beachtung der verfahrensrechtlichen Vorgaben auch eine hinreichende Abwägung der durch die festgelegte Maßnahme betroffenen Belange Dritter, hier also der Verkehrsteilnehmer. Die Lärmminderungsmaßnahme muss unter Berücksichtigung dessen insbesondere auch verhältnismäßig sein.
  • Weitergehenden Bindungen unterliegen die Gemeinden aber nicht. Sie müssen auch kein Einvernehmen mit den Straßenverkehrsbehörden herstellen. Die Weigerung, eine im Lärmaktionsplan rechtmäßig festgelegte Lärmminderungsmaßnahme umzusetzen, verletzt mit der Planungshoheit ein der Gemeinde im Rahmen der Selbstverwaltungsgarantie zustehendes Recht. Die Lärmaktionsplanung betrifft mit der Bewältigung des Umgebungslärms eine Angelegenheit der örtlichen Gemeinschaft, auch wenn dieser maßgeblich vom Durchgangsverkehr (mit) verursacht wird.
  • Es kann offenbleiben, ob daneben auch der europarechtliche Effizienzgrundsatz die Annahme einer eigenen Rechtsposition der Gemeinden verlangt.

Hinweis

Autor*in: Georg Huttner (Oberamtsrat a.D. Georg Huttner ist Autor für die Titel Ordnungsamts- und Gewerbeamtspraxis.)