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Stören Lärmemissionen eines Protestcamps?

Darf ein Protestcamp in der Nähe von Regierungsgebäuden verlegt werden, weil von ihm ein erheblicher Geräuschpegel ausgeht (VG Berlin, Beschl. vom 15.07.2025, VG 1 L 634/25)?

Lauter Protest

Von einem seit einem Monat bestehenden Protestcamp in der Nähe von Regierungsgebäuden ging erheblicher Lärm aus. Die Versammlungsbehörde sah die Regierung in ihrer Arbeit beeinträchtigt und ordnete das Verlegen des Camps an. Dessen Aktivisten beantragten Eilrechtsschutz.

Camp als Versammlung

Das VG sah das Protestcamp als Versammlung an. Rechtsgrundlage für das Verlegen des Protestcamps ist daher das Versammlungsgesetz (hier § 14 Abs. 1 VersFG BE). Danach kann die Versammlungsbehörde die Durchführung einer Versammlung unter freiem Himmel beschränken, wenn nach den zur Zeit des Erlasses der Maßnahmen erkennbaren Umständen die öffentliche Sicherheit bei Durchführung der Versammlung unmittelbar gefährdet ist.

Gefahrenprognose bestätigt

Das VG bestätigte die Gefahrenprognose, nach der das Camp am Versammlungsort mit hoher Wahrscheinlichkeit die Arbeitsfähigkeit von Regierungsorganen – auch wegen der Dauer –beeinträchtigen wird.

Die TA Lärm ist wegen ihres Anlagenbezugs nicht unmittelbar anwendbar, fuhr das VG fort. Bei dem Bestimmen von Grenzwerten wäre aber zu berücksichtigen, dass die Emissionen des Camps dauerhaft sind.

Ist die Verlegung des Camps verhältnismäßig?

Die Wahl des Versammlungsorts gehört zum Kernbereich der Versammlungsfreiheit, kam das Gericht zum Kern seiner Ausführungen: Das Verlegen des Ortes einer Versammlung ist ein gravierender Eingriff in das Grundrecht. Obwohl mit der Dauer des Camps die Eingriffsschwelle sinkt, wäre eine Auflage zur Lärmreduktion milder und gleichwohl zielführend gewesen.

Ergebnis

Bevor die Versammlungsbehörde ein Protestcamp aufgrund von Lärmstörungen an einen anderen Ort verlegen darf, muss sie als milderes Mittel grundsätzlich eine Beschränkung der Versammlung in Erwägung ziehen, die sich gezielt gegen die Lärmemissionen richtet.

Das VG stellte die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs wieder her und betonte, dass Hilfsmittel aller Art zum Erzeugen oder Verstärken akustischer Emissionen untersagt sind.

Das OVG Berlin-Brandenburg bestätigte am 18.07.2025, Az. OVG 4 S 26/25, diese Entscheidung.

Autor*in: Uwe Schmidt (Uwe Schmidt unterrichtete Ordnungsrecht, Verwaltungsrecht und Informationstechnik.)