18.09.2023

Schadenersatz nach Sturz mit dem Fahrrad über eine Teererhöhung?

Wird mit einer Ableitung von Oberflächenwasser von der Fahrbahn die Verkehrssicherungspflicht verletzt (LG Köln, Urteil vom 16.05.2023, Az. 5 O 16/23)?

Schwere Verletzungen nach meterlangem Sturz

Eine Radfahrerin befuhr eine untergeordnete Verbindungsstraße zwischen zwei Orten. Im Übergang zu einer Ortsstraße befindet sich eine Teererhöhung, die sich quer über die gesamte Fahrbahn zieht und Oberflächenwasser ableitet. Als sie mit dem Rad über die Teererhöhung fuhr, stürzte sie nach vorn über ihr Fahrrad und fiel in einigen Metern Entfernung auf die Straße. Dabei verletzte sie sich schwer.

Die Radfahrerin verlangt von der Kommune als Straßenträger die Zahlung eines angemessenen Schmerzensgelds sowie die Anerkennung einer umfänglichen Schadenersatzverpflichtung. Die Teererhöhung, begründete sie ihr Verlangen, hätte sie wegen der gleichfarbigen Fahrbahndecke nicht rechtzeitig erkennen können. Die in Anspruch genommene Stadt lehnte dies ab. Daraufhin klagte die Radfahrerin.

Inhalt der Verkehrssicherungspflicht ist es, …

Das Gericht prüfte einen Anspruch aus der Amtshaftung (§ 839 Abs. 1 Satz 1 BGB i.V. mit Art. 34 GG). Unstreitig ist die Stadt nach dem Landesstraßengesetz (hier: §§ 9, 9a StrWG NRW) als Trägerin der Straßenbaulast verkehrssicherungspflichtig. Im Rahmen ihrer Verkehrssicherungspflicht hat sie die Verkehrsteilnehmer vor den Gefahren zu schützen, die von der zweckgerechten Benutzung der Straße ausgehen. Zudem hat sie dafür Sorge zu tragen, dass die Straße sich in einem dem regelmäßigen Verkehrsbedürfnis genügenden Zustand befindet, der eine möglichst gefahrlose Benutzung zulässt. Dies bedeutet aber nicht, schloss sich das LG der Rechtsprechung des BGH an, dass Straßen immer gefahrlos und frei von allen Mängeln sein müssen. Eine vollständige Gefahrlosigkeit kann mit zumutbaren Mitteln nicht erreicht werden. Ein Benutzer muss sich vielmehr den gegebenen Verhältnissen anpassen und die Straßen und Wege so hinnehmen, wie sie sich ihm erkennbar darbieten.

… nicht oder nicht rechtzeitig erkennbare Gefahren auszuräumen

Das LG blieb auf der Linie des BGH und erklärte, der Straßenverkehrssicherungspflichtige hat diejenigen Gefahren auszuräumen, die für einen sorgfältigen Benutzer der Straße nicht oder nicht rechtzeitig erkennbar sind und auf die er sich nicht oder nicht rechtzeitig einrichten kann. Bei Radwegen können insbesondere gefährliche Vertiefungen und sonstige Hindernisse, mit denen der sorgfältige Radfahrer nicht zu rechnen braucht, zu einer Haftung wegen Verletzung der Verkehrssicherungspflicht führen.

War die Gefahrenstelle ohne Weiteres wahrnehmbar?

Weil die Stadt die Örtlichkeit genau dokumentiert hat, sah es das LG als erwiesen an, dass ein aufmerksamer Radfahrer das Hindernis erkennen musste, das als Bodenwelle einzuordnen ist. Bei reduzierter Geschwindigkeit kann diese gefahrlos von einem Fahrradfahrer überquert werden.

Für das Gericht war es daher zweifelhaft, ob die Teererhöhung überhaupt als Gefahrenstelle anzusehen ist, zumal die Straße kein Fahrradweg ist. Fahrradfahrer können somit nicht erwarten, dass sie besonders für den Radverkehr ausgebaut ist; sie müssen jederzeit mit Unebenheiten rechnen. Stattdessen trifft die Radfahrerin ein Mitverschulden, das Ansprüche auf Schadensersatz ausschließt, da sie ihre Geschwindigkeit nicht dem deutlich zu erkennenden Hindernis angepasst hat.

Ergebnis

Der Stadt kann keine Verletzung der Verkehrssicherungspflicht vorgeworfen werden. Die Klage der Radfahrerin wurde abgewiesen.

Autor*in: Uwe Schmidt (Uwe Schmidt unterrichtete Ordnungsrecht, Verwaltungsrecht und Informationstechnik.)