07.09.2016

Privater Grundstücksbesitzer darf Falschparker sofort abschleppen lassen

Ein privater Grundstücksbesitzer ist in der Regel berechtigt, Falschparker sofort abschleppen zu lassen, ohne die Verhältnismäßigkeit der Maßnahme beachten zu müssen, solange die Maßnahme erforderlich ist, um die Besitzstörung zu beenden (AG München, Beschluss vom 02.05.2016, Az. 122 C 31597/15).

Abschleppen bei offenem Autofenster

Der Kläger stellte seinen PKW am Samstag, dem 24.10.2015, um 22:30 Uhr auf einer Parkfläche für Bahnbedienstete ab, die als privater Parkplatz von der beklagten Grundstücksbesitzerin gekennzeichnet ist. Als er am 25.10.2015 um 1:30 Uhr zurückkehrte, war der PKW nicht mehr da. Er wandte sich an die örtliche Polizeidienststelle und erfuhr, dass sein Fahrzeug von einem Abschleppdienst auf Veranlassung der Grundstücksbesitzerin abgeschleppt worden ist.

Zwischen der Beklagten und dem Abschleppdienst besteht eine Rahmenvereinbarung. Nach dieser Vereinbarung tritt die Grundstücksbesitzerin alle ihre Ansprüche gegen unberechtigte Parkplatznutzer auf Kostenerstattung an den Abschleppdienst ab, sodass der Abschleppdienst die Abschleppkosten erhebt. Der Kläger zahlte an den Abschleppdienst insgesamt 253 Euro, bevor er sein Fahrzeug wieder in Empfang nehmen konnte.

Kläger verlangt Abschleppkosten zurück

Der Kläger hatte hinter der Windschutzscheibe seines PKW einen Zettel mit dem Hinweis „bei Parkplatzproblemen bitte anrufen“ mit seiner Mobilfunknummer hinterlassen. Er ist der Meinung, dass das Abschleppen unverhältnismäßig gewesen sei. Er habe sich in der Nähe aufgehalten und hätte das Fahrzeug umgehend entfernen können. Das Fahrzeug habe auch niemanden behindert. Zudem seien die von ihm verlangten Kosten zu hoch. Den Aufwand für die Dokumentation (65,50 Euro) schulde er nicht, ebenso wenig den Nachtzuschlag (23 Euro). Er verlangt die Abschleppkosten zurück. Da die Grundstückseigentümerin nicht zahlte, erhob er Klage beim AG München.

Das Amtsgericht München hat die Klage abgewiesen.

Entscheidungsgründe

  • Nach Auffassung des AG hat die beklagte Grundstückseigentümerin von dem falschparkenden Kläger Schadensersatz verlangen können, sodass die Zahlung des Klägers an den Abschleppdienst mit Rechtsgrund erfolgt ist. Indem der Kläger sein Fahrzeug auf dem nicht der Öffentlichkeit gewidmeten Grundstück der Beklagten abstellte, verletzte er deren Eigentum und Besitz. Hierin liegen eine verbotene Eigenmacht und ein teilweiser Besitzentzug (§§ 858, 859 Abs. 3 BGB).
  • Der Kläger handelte auch schuldhaft (§ 823 Abs. 2 Satz 2 BGB). Dem Kläger hätte diese Verletzung des Eigentums und des Besitzes der Beklagten beim Abstellen seines Fahrzeugs auffallen müssen. Er selbst räumte ein, dass entsprechende Hinweisschilder für eine private Nutzung der Parkfläche vorhanden gewesen seien.
  • Der Schaden der Grundstücksbesitzerin liegt in den Kosten, die sie wegen des Falschparkens des Klägers hatte, also den Abschleppkosten.
  • Dabei ist die Grundstückseigentümerin – anders als eine staatliche Stelle – nicht an den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gebunden, solange ihre Maßnahmen dazu erforderlich sind, den Schaden (also die Besitzstörung durch den Falschparker) zu beseitigen.
  • Die Beklagte, die dort Parkplätze für übernachtende Bahnmitarbeiter bereithält, hat nicht mitten in der Nacht bei einem ihr völlig unbekannten KFZ-Halter anrufen müssen, mit dem sie ersichtlich in keinerlei geschäftlichem Kontakt gestanden hat (ggf. anders bei Kundenparkplätzen, wenn es um dort mutmaßlich abgestellte Kundenfahrzeuge geht).
  • Insoweit kann auch der weitere Vortrag des Klägers zu seinem allgemein gehaltenen Hinweis hinter der Windschutzscheibe als zutreffend unterstellt werden. Aus diesem Zettel ist nicht hervorgegangen, dass er sich nur wenige Minuten auf dem Parkplatz der Beklagten aufhalten will; ganz im Gegenteil suggerierte sein Hinweis, dass der Parkplatz von ihm nicht nur kurzfristig genutzt werden sollte.
  • Ebenso wenig kann dem Zettel entnommen werden, dass sich der Kläger im Fall eines Anrufs sofort wieder einfinden würde. Sein Aufenthaltsort und der Zweck seines Aufenthalts wurden darin nicht mitgeteilt.
  • Die Beklagte durfte unter diesen Umständen das ihr zur Verfügung stehende effektivste Mittel des Abschleppens wählen, um die vom Kläger verübte Eigentumsstörung und die darin liegende verbotene Eigenmacht sofort zu beenden.
  • Die reinen Abschleppkosten i.H.v. 164,50 Euro zuzüglich des Nachtzuschlags sind nicht zu beanstanden, da sie ortsüblich sind. Auch die Dokumentationskosten sind erst durch das Falschparken ausgelöst worden und daher erstattungsfähig.

Das Urteil ist rechtskräftig.

Autor*in: Georg Huttner / Uwe Schmidt