15.01.2018

Nutzungsentgelt für Obdachlosenunterkunft bei Schimmel

Entspricht die als öffentliche Einrichtung betriebene Obdachlosenunterkunft nicht den Mindestanforderungen an eine menschenwürdige Unterbringung, finden nicht die Vorschriften über die Mängelgewährleistung des Mietrechts Anwendung. Der Eingewiesene kann aber gerichtlich die Herstellung menschenwürdiger Zustände verlangen. Die Pflicht zur Entrichtung der Benutzungsgebühr für eine Obdachlosenunterkunft entfällt, wenn diese Mängel aufweist, grundsätzlich nicht (VGH Mannheim, Beschluss vom 19.09.2017, Az. 1 S 1975/17).

Obdachlosenunterkunft Nutzungsentgelt Schimmel

Schimmelbildung im Wohnraum

Die Kläger beantragten Prozesskostenhilfe für einen noch zu stellenden Antrag auf Zulassung der Berufung gegen ein Urteil des Verwaltungsgerichts. Hierbei ging es um eine festgesetzte Benutzungsgebühr von 100 Euro/Monat für die Benutzung eines Wohnplatzes für Obdachlose. Die Kläger waren der Meinung, wegen Schimmelbildung in dem Wohnraum müsse die Benutzungsgebühr nicht entrichtet werden.

Das Verwaltungsgericht und der Verwaltungsgerichtshof lehnten den Antrag ab.

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Entscheidungsgründe des Gerichts

  • Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe ist abzulehnen, weil die Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet.
  • Bereits das Verwaltungsgericht hat im angefochtenen Urteil entschieden, dass die Festsetzung einer Gebühr aufgrund der städtischen Satzung i.H.v. 100 EUR je Monat und Wohnplatz rechtmäßig ist und die Kläger nicht in ihren Rechten verletzt werden.
  • Ohne Erfolg machen die Kläger geltend, dass sie die Zahlung der Benutzungsgebühren wegen Schimmelbildung in der Unterkunft, die sie seit dem Jahr 2010 der Beklagten als Mangel angezeigt hätten, ausgesetzt haben.
  • Handelt es sich – wie hier – bei einer gemeindeeigenen Obdachlosenunterkunft um eine öffentliche Einrichtung im Sinne der Gemeindeordnung, wird mit der Zuweisung einer solchen Unterkunft ein öffentlich-rechtliches Benutzungsverhältnis begründet mit der Folge, dass das von der Gemeinde geforderte Benutzungsentgelt eine Gebühr im Sinne des Kommunalabgabengesetzes ist.
  • Entspricht die Obdachlosenunterkunft nicht den Mindestanforderungen an eine menschenwürdige Unterbringung, finden daher nicht die Vorschriften über die Mängelgewährleistung des Mietrechts Anwendung. Vielmehr kann der in die Obdachlosenunterkunft Eingewiesene in einem solchen Fall – gegebenenfalls gerichtlich – die Herstellung menschenwürdiger Zustände verlangen. Die Pflicht zur Entrichtung der Benutzungsgebühr entfällt jedoch grundsätzlich nicht. Diese kann allenfalls dann entfallen, wenn das – aus dem rechtsstaatlichen Verhältnismäßigkeitsgrundsatz folgende – kommunalabgabenrechtliche Äquivalenzprinzip verletzt ist. Dafür ist hier jedoch nichts ersichtlich.

Der Beschluss ist abrufbar unter http://www.landesrecht-bw.de/jportal/?quelle=jlink&docid=MWRE170007805&psml=bsbawueprod.psml&max=true&doc.part=L&doc.norm=all

Autor*in: Georg Huttner (Oberamtsrat a.D. Georg Huttner ist Autor für die Titel Ordnungsamts- und Gewerbeamtspraxis.)