Kann ein Fußgänger verkehrsregelnde Maßnahmen verlangen?
Der VGH Mannheim hatte zu prüfen, ob ein Verkehrsteilnehmer eine Beschilderung in seinem Sinn erzwingen kann (Beschl. vom 27.02.2025, Az. 13 S 15/25).
Zuletzt aktualisiert am: 17. April 2025

Verlangen auf Beschilderung eines Fuß- und Radwegs
Ein Fußgänger nutzt regelmäßig einen Fuß- und Radweg. Er verlangte, diesen mit den Zeichen 239 (Gehweg) und 1022-10 StVO (Fahrräder frei) zu beschildern. Er begründete sein Verlangen mit § 45 Abs. 1 StVO. Die Vorschrift vermittelt ihm ein subjektives Recht, so der Fußgänger, weil das vorhandene Verbot für Kraftfahrzeuge (Zeichen 260) nicht ausreichen würde, um die vom Radverkehr ausgehenden Gefahren für Fußgänger wie ihn auszuschließen.
Die Straßenverkehrsbehörde ging darauf nicht ein. Das VG Stuttgart gab seiner Klage statt. Der VGH Mannheim musste über die Beschwerde der Behörde entscheiden.
Vermittelt § 45 Abs. 1 StVO subjektive Rechte?
Subjektive Rechte vermitteln nur solche Rechtsvorschriften, bekundete der VGH eine andere Auffassung als das VG, die nicht ausschließlich der Durchsetzung von Interessen der Allgemeinheit, sondern zumindest auch dem Schutz individueller Rechte dienen. Solche Vorschriften müssen das individuell geschützte private Interesse, die Art seiner Verletzung und den Kreis der unmittelbar geschützten Personen hinreichend deutlich klarstellen und abgrenzen. Drittschutz wird damit nur dann gewährt, wenn in qualifizierter und zugleich individualisierter Weise auf schutzwürdige Interessen eines erkennbar abgegrenzten Kreises Dritter, wie z.B. Fußgänger, Rücksicht zu nehmen ist.
Keine Regel …
Nach § 45 Abs. 1 Satz 1 StVO können die Straßenverkehrsbehörden die Benutzung bestimmter Straßen oder Straßenstrecken aus Gründen der Sicherheit oder Ordnung des Verkehrs beschränken oder verbieten oder den Verkehr umleiten. Die Vorschrift ist damit grundsätzlich auf den Schutz der Allgemeinheit und nicht auf die Wahrung der Belange Einzelner im Straßenverkehr gerichtet. Es reicht insoweit nicht aus, dass Anordnungen nach § 45 Abs. 1 StVO andere Verkehrsteilnehmer mittelbar begünstigen, um den Schutz von Individualinteressen anzunehmen.
… ohne Ausnahme
Nur ausnahmsweise kann § 45 Abs. 1 StVO dem Schutz von Individualinteressen dienen und dem Einzelnen ein subjektives Recht auf eine fehlerfreie Ermessensentscheidung vermitteln. Dies ist der Fall, wenn Betroffene vor Einwirkungen des Straßenverkehrs zu schützen sind, die nach allgemeiner Anschauung das zumutbare Maß übersteigen.
Liegt ein solcher Ausnahmefall vor?
Nun entwirrte der VGH das entstandene Knäuel: Die Situation des Fußgängers ist mit dieser Ausnahme nicht vergleichbar, weil er sich lediglich auf die regelmäßige Nutzung des Weges beruft. Ein persönliches Nutzungsverhalten führt aber nicht dazu, dass Nutzer, die weder Anlieger noch aus sonstigen Gründen auf die Nutzung einer Straße oder eines Weges angewiesen sind, zu einem Personenkreis mit individuell geschützten Interessen gehören. Sie sind lediglich Teil des Verkehrs und damit der Allgemeinheit, deren Belange im Rahmen von § 45 Abs. 1 Satz 1 StVO mit dem Ziel der Sicherheit und Ordnung des Verkehrs abgewogen werden.
Ergebnis
Die regelmäßige Nutzung einer Straße oder eines Wegs als bloßer Verkehrsteilnehmer kann grundsätzlich keinen Anspruch auf eine ermessensfehlerfreie Entscheidung über ein verkehrsregelndes Einschreiten nach § 45 Abs. 1 Satz 1 StVO begründen. Der VGH gab der Beschwerde gegen die Entscheidung des VG Stuttgart statt.