Holzkohlegrill im Restaurant und Geruchsbelästigungen
Müssen Anwohner unzumutbare Geruchsbelästigungen bis zum Abschluss von Widerspruchs- bzw. Klageverfahren hinnehmen (VGH Mannheim, Beschl. vom 19.08.2024, Az. 10 S 232/24)?
Zuletzt aktualisiert am: 23. Mai 2025

Orientierungswert für Gerüche überschritten
In einem Grillrestaurant werden Speisen auf einem Holzkohlegrill zubereitet. Die Abluft wird über einen Schornstein abgeführt. In den vergangenen Jahren kam es deswegen wiederholt zu Anwohnerbeschwerden aufgrund von Geruchs- und Rauchbelästigungen. Ein von der Immissionsschutzbehörde beauftragtes Gutachten kam zu dem Ergebnis, dass der Orientierungswert zur Ermittlung schädlicher Umwelteinwirkungen nach der TA-Luft von 10 % der Jahresstunden für den Gebietstyp eines urbanen Gebiets überschritten wird. Danach wurde für das Grillrestaurant eine „Geruchsimmissionsprognose im Innenstadtbereich zur Ermittlung der Geruchsstundenhäufigkeiten erstellt.
Nach erfolgter Anhörung wurde dem Gastwirt u.a. aufgegeben, die durch Abluftanlagen erfassten Rauch- und Geruchsemissionen des zur Speisezubereitung genutzten Holzkohlegrills bis zum Ablauf von sechs Monaten nach Eintritt der Vollziehbarkeit der Anordnung dauerhaft auf den nach dem Stand der Technik möglichen Wert von mindestens 90 % zu vermindern. Der Gastwirt war uneinsichtig und beantragte die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs.
GastG des Bundes und BImSchG stehen auf gleicher Stufe
Nach § 24 Satz 1 BImSchG kann die zuständige Behörde im Einzelfall die zur Durchführung von § 22 BImSchG und der hierzu erlassenen Rechtsverordnungen erforderlichen Anordnungen treffen. Unabhängig von der Erlaubnispflicht nach § 2 GastG des Bundes hat der Betreiber sein Gaststättengewerbe nach § 22 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 1 und 2 BImSchG so zu führen, dass schädliche Umwelteinwirkungen i.S. des BImSchG verhindert werden, die nach Stand der Technik vermeidbar sind. Unvermeidbare schädliche Umwelteinwirkungen sind nach dem Stand der Technik auf ein Mindestmaß zu beschränken. Der Regelungsbereich des BImSchG steht gleichrangig neben demjenigen des Gaststättenrechts.
Auslegung des technischen Regelwerks …
Die von dem Holzkohlegrill im Grillrestaurant – als nicht genehmigungsbedürftiger Anlage – ausgehenden Geruchsemissionen sind, soweit sie als Immissionen zu der Allgemeinheit und der Nachbarschaft gelangen, geeignet, erhebliche Belästigungen herbeizuführen, sodass von dem Holzkohlegrill aller Voraussicht nach eine schädliche Umwelteinwirkung (§ 22 Abs. 1 Satz 1, § 3 Abs. 1 BImSchG) in Form von erheblichen Geruchsbelästigungen ausgeht.
Die Frage, ob Geruchsbelästigungen als erheblich und damit als schädliche Umwelteinwirkungen anzusehen sind, hängt nicht nur von der jeweiligen Immissionskonzentration, sondern insbesondere von der Geruchsqualität (es riecht nach …), der Geruchsintensität, der Hedonik (angenehm, neutral oder unangenehm), der tages- und jahreszeitlichen Verteilung der Einwirkungen, dem Rhythmus, in dem die Belästigungen auftreten, und der Nutzung des beeinträchtigten Gebiets ab.
Eine Geruchsimmission ist in der Regel als erheblich anzusehen, wenn die Gesamtbelastung die angegebenen Immissionswerte für verschiedene Nutzungsgebiete (Wohn‑/Mischgebiete, Kerngebiete mit Wohnen, urbane Gebiete, Gewerbe‑/Industriegebiete, Kerngebiete ohne Wohnen, Dorfgebiete) überschreitet. Dies ist hier der Fall, entschied das Gericht und stützte sich dabei auf den Gutachter.
… mit der Folge
Wenn Anwohner seit Jahren einer unzumutbaren Situation ausgesetzt sind, in der sie durch erhebliche Geruchsbelästigungen in ihrem Eigentum oder Besitz beeinträchtigt werden und nicht auf die Möglichkeit des Selbstschutzes verwiesen werden können, besteht regelmäßig ein besonderes Interesse an einer alsbaldigen Minderung der Belästigungen.
Ergebnis
Der Antrag des Gastwirts auf Wiederherstellen der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs wurde abgewiesen, weil die Interessen der Nachbarn schwerer wiegen als die des Gastwirts.