05.07.2018

Glockenläuten: Klageerzwingungsverfahren im Bußgeldverfahren möglich?

Gegen die (Nicht-)Bearbeitung einer Ordnungswidrigkeitenanzeige kann keine Klageerzwingung gerichtlich beantragt werden (OVG Saarland, Beschluss vom 29.03.2018, Az. 2 D 5/18).

Glockenläuten Klageerzwingung Bußgeld

Der Antragsteller begehrt vom Antragsgegner die Bearbeitung einer Anzeige wegen einer Ordnungswidrigkeit aufgrund des Glockenläutens einer benachbarten Kirche. Die zuständige Behörde teilte dem Antragsteller mit, dass sie nicht beabsichtige, ein Bußgeld zu verhängen, weil ihrer Ansicht nach keine Ordnungswidrigkeit vorliege. Mit Eilantrag an das Verwaltungsgericht beantragte der Antragsteller, den Verfahrensgegner zur amtlichen Tätigkeit gerichtlich zu zwingen und seine Eingabe wegen Lärmbelästigungs-OWiG zu bearbeiten.

Das Verwaltungsgericht wies den Antrag zurück. Zur Begründung ist in dem Beschluss ausgeführt, der Antragsteller könne keinen Anspruch gegen den Antragsgegner auf Einleitung eines Ordnungswidrigkeitenverfahrens verwaltungsgerichtlich geltend machen. Insoweit sei maßgeblich, dass dem Ordnungswidrigkeitenrecht eine Beteiligung des gestörten Nachbarn fremd sei. Deshalb könne das begehrte repressive Einschreiten gegen das nach Ansicht des Antragstellers rechtswidrige Glockenläuten durch Prüfung und Erlass von Verwarnungen oder Bußgeldbescheiden nach dem OWiG nicht im Wege des gerichtlichen Rechtsschutzes durchgesetzt werden. Denn im Ordnungswidrigkeitenrecht gebe es anders als im Strafverfahren keine Beteiligung des Verletzten und auch kein „Ahndungserzwingungsverfahren“. Auch sonst korrespondiere den objektiv-rechtlichen Verpflichtungen der Bußgeldbehörde bei Eingang einer Anzeige kein subjektives Recht des Anzeigeerstatters.

Die Beschwerde des Antragstellers hiergegen ergab nichts anderes.

Entscheidungsgründe

  • Die zum Erlass einer einstweiligen Anordnung gemäß § 123 Abs. 1 VwGO erforderliche Antragsbefugnis setzt zum Zweck des Ausschlusses von Popularklagen analog § 42 Abs. 2 VwGO voraus, dass der Antragsteller die zumindest mögliche Verletzung eigener Rechte geltend macht. Nicht ausreichend sind dagegen lediglich ideelle, wirtschaftliche oder ähnliche Interessen.
  • Es fehlt an einem subjektiv öffentlichen Recht des Antragstellers für das Klageverfahren. Ein Anzeigeerstatter hat keinen durchsetzbaren Anspruch auf Tätigwerden der Bußgeldbehörde. Das Ordnungswidrigkeitenrecht kennt anders als das Strafverfahrensrecht keine subjektiven Rechtspositionen von Anzeigeerstattern, die auf eine Pflicht zur Bearbeitung, Durchführung eines Verfahrens und Ahndung eines festgestellten Verstoßes gerichtet wären. Insbesondere gibt es kein dem strafrechtlichen Klageerzwingungsverfahren entsprechendes „Ahndungserzwingungsverfahren“ (§ 46 Abs. 3 Satz 3 OWiG). Das Beschwerdevorbringen gibt zu keiner anderen Betrachtung Anlass.

Der Beschluss ist abrufbar unter https://recht.saarland.de/bssl/document/MWRE180001232

Autor*in: Georg Huttner (Oberamtsrat a.D. Georg Huttner ist Autor für die Titel Ordnungsamts- und Gewerbeamtspraxis.)