11.02.2019

Wo liegt das Ende einer Geschwindigkeitsbeschränkung?

Im Rahmen eines Rechtsbeschwerdeverfahrens gegen einen Beschluss des Amtsgerichts hat das Beschwerdegericht ausführlich auf das rechtliche Ende einer Geschwindigkeitsbegrenzung hingewiesen (OLG Celle, Beschl. v. 08.11.2018, Az. 3 Ss (OWi) 190/18).

Ende der Geschwindigkeitsbeschränkung

Die Betroffene wandte sich gegen einen Beschluss des Amtsgerichts, wonach ihr wegen Überschreitung einer durch Verkehrszeichen 274 angeordneten Geschwindigkeitsbegrenzung auf 80 km/h eine Überschreitung um etwa 90 % (72 km/h) vorgeworfen wurde.

Darum verwirft das OLG die Rechtsbeschwerde

Rechtsbeschwerde unbegründet

Die Rechtsbeschwerde der Betroffenen gegen den Beschluss des AG wird als unbegründet verworfen. Die Nachprüfung des Beschlusses aufgrund der Rechtsbeschwerderechtfertigung hat keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Betroffenen ergeben.

Den Beschlussgründen ist zweifelsfrei zu entnehmen, dass das Amtsgericht eine „vorwerfbare Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 72 km/h“ festgestellt hat.

Der Senat ist in der Lage, anhand der Akten zu überprüfen, dass ausweislich des Messfotos die gemessene Geschwindigkeit nach Toleranzabzug 152 km/h betrug.

Wirksamkeit der Verkehrszeichen

Zutreffend hat die Generalstaatsanwaltschaft auch bereits darauf hingewiesen, dass es für die bußgeldrechtliche Ahndung allein auf die Wirksamkeit der Verkehrszeichen ankommt und nicht etwa auf deren Rechtmäßigkeit und die ihnen zugrunde liegende verkehrsbehördliche Anordnung. Die Sicherheit des Straßenverkehrs erfordert, dass Verkehrszeichen, die von den hierzu befugten Behörden angebracht worden sind, bis zu ihrer Beseitigung Beachtung finden und befolgt werden; dementsprechend unterliegt die Missachtung eines Verkehrszeichens selbst dann der Ahndung als Ordnungswidrigkeit, wenn der Täter gegen das Verkehrszeichen Rechtsmittel eingelegt hat und es später im gerichtlichen Verfahren aufgehoben wird. Nur im Fall der Nichtigkeit ist ein Verkehrszeichen unbeachtlich; ein solcher Fall liegt aber – abgesehen vom Anbringen durch Unbefugte – nur bei offensichtlicher Willkür, Sinnwidrigkeit oder bei objektiver Unklarheit, die sich auch im Wege der Auslegung nicht beheben lässt, vor. Der Mangel muss so schwerwiegend und bei verständiger Würdigung so offenkundig sein, dass sich die Fehlerhaftigkeit des Zeichens ohne Weiteres aufdrängt. Ein derartiger Ausnahmefall liegt hier nicht vor.

Ende einer streckenbezogenen Geschwindigkeitsbeschränkung

Soweit die Rechtsbeschwerde geltend macht, das durch Zeichen 274 angeordnete Streckenverbot habe bereits vor der eingerichteten Messstelle geendet, kann ihr ebenfalls nicht gefolgt werden.

Maßgeblich für das Ende einer streckenbezogenen Geschwindigkeitsbeschränkung ist die Erläuterung Lfd. Nr. 55 der Anlage 2 zu § 41 Abs. 1 StVO. Danach gilt der Grundsatz, dass das Ende einer streckenbezogenen Geschwindigkeitsbeschränkung gekennzeichnet ist durch die Zeichen 278 bis 282. Eine Kennzeichnung erfolgt nicht, wenn auf einem Zusatzzeichen die Länge des Verbots angegeben ist. Schließlich ist das Ende des Streckenverbots auch dann nicht gekennzeichnet, wenn das Verbotszeichen zusammen mit einem Gefahrzeichen angebracht ist und sich aus der Örtlichkeit zweifelsfrei ergibt, von wo an die angezeigte Gefahr nicht mehr besteht. Keine der Ausnahmen greift hier.

Streckenverbot endete mit Aufhebung der Geschwindigkeitsbegrenzung

Zwar ergibt sich aus den Akten, dass auf der Verkehrsbeeinflussungsanlage – anders als bei der neben der Strecke zusätzlich angebrachten Blechbeschilderung – das Zeichen 274 zusammen mit dem Gefahrzeichen 101 angezeigt wurde. Es fehlt aber an der weiteren Voraussetzung, dass sich aus der Örtlichkeit zweifelsfrei ergab, von wo an die angezeigte Gefahr nicht mehr bestand. Denn das Zeichen 101 bezeichnet eine Gefahrstelle nur allgemein, ohne sie näher zu spezifizieren. Im vorliegenden Fall ergibt sich aus den Akten, dass die Geschwindigkeitsbeschränkung wegen des schlechten Erhaltungszustands der Fahrbahn in diesem Streckenabschnitt angeordnet worden ist. Anders als etwa bei einer Kombination des Zeichens 274 mit dem Gefahrzeichen 103, das eine Kurve als Gefahr bezeichnet, oder mit dem Gefahrzeichen 123 für eine Baustelle ergibt sich bei Gefahrzeichen 101 wegen Fahrbahnschäden aus der Örtlichkeit nicht zweifelsfrei, von wo an die angezeigte Gefahr nicht mehr besteht. Das Streckenverbot endete dementsprechend erst mit der Aufhebung der Geschwindigkeitsbegrenzung, die nach den Feststellungen des Amtsgerichts und ausweislich der Akte erst nach der Messstelle angezeigt wurde.

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Der Beschluss ist abrufbar unter https://voris.wolterskluwer-online.de/browse/document/cb179723-5de0-418f-8b48-46504b4d4366

Autor*in: Georg Huttner (Oberamtsrat a.D. Georg Huttner ist Autor für die Titel Ordnungsamts- und Gewerbeamtspraxis.)