18.09.2023

Eichenprozessionsspinner: Verantwortlichkeit des Eigentümers

Durch den Klimawandel dringt der Eichenprozessionsspinner stetig weiter nach Norden vor. Mit Urteil vom 03.08.2023, Az. 2 A 137/22, entschied das OVG Saarlouis über die Rechtmäßigkeit einer Beseitigungsanordnung und zum Az. 2 A 138/22 über die Kosten der Ersatzvornahme.

Gesundheitliche Beschwerden von Anwohnern

Auf einem Grundstück befinden sich zwischen zwei Einmündungen von Straßen mehrere als Naturdenkmäler ausgewiesene Eichenbäume. Die Ordnungsbehörde stellte den Befall der Bäume mit dem Eichenprozessionsspinner fest. Daraufhin forderte sie den Eigentümer des Grundstücks auf, die Eichenprozessionsspinner von den befallenen Eichen bis innerhalb zweier Wochen „abzusaugen oder durch andere geeignete Maßnahmen zu beseitigen“. Für den Fall der Zuwiderhandlung wurde die Ersatzvornahme angedroht.

Mehrere Personen, die in Kontakt mit Brennhaaren gekommen seien, mussten ärztlich behandelt werden, begründete die Ordnungsbehörde ihren Bescheid. Der Eigentümer des Grundstücks habe dafür zu sorgen, dass von diesem keine Gefahr ausgehe. Die untere Naturschutzbehörde habe mitgeteilt, dass gegen eine „baumschonende“ Beseitigung der Gespinste der Tiere durch eine Fachfirma keine Bedenken bestünden.

Der Eigentümer erhob Widerspruch, klagte anschließend und zog sich auf die Position zurück, von den Eichen gehe keine Gefahr für Personen oder Sachen aus. Die Gesundheitsgefahren würden nicht von den Bäumen, sondern von den Nestern des Eichenprozessionsspinners hervorgerufen. Die Gefahr, dass sich Tiere in Bäumen niederließen, stelle nur eine latente Gefahr dar, die zum allgemeinen Lebensrisiko gehöre.

Die Ersatzvornahme wurde durchgeführt und dem Eigentümer anschließend Kosten in Höhe von 2.151,52 Euro in Rechnung gestellt.

Wehrt sich der Eigentümer zu Recht?

Nach dem der Eigentümer sowohl im Widerspruchsverfahren als auch vor dem Verwaltungsgericht unterlag, belehrte ihn das OVG:

  • Entgegen der Auffassung des Eigentümers, dass sich bei dem Befall der Bäume mit dem Eichenprozessionsspinner lediglich eine Naturgefahr realisiert, für die er nicht in Anspruch genommen werden kann, wird seine Verantwortlichkeit bei sogenannten „Naturereignissen“ gerade nicht von vorneherein ausgeschlossen.
  • Die Haftung des Zustandsstörers ist nicht nur auf typische und zufällige Gefahren begrenzt, sondern erfasst auch Fälle, in denen ein Tierbefall, also letztlich höhere Gewalt, für den niemand eine Verantwortung trägt. Die Annahme einer Polizeigefahr setzt in diesen Fällen allerdings voraus, dass die Sache, hier die Bäume, die ursächliche Quelle der Gefahr sind und die Gefahr unmittelbar mit dem Zustand der Sache in Verbindung steht. Dies ist der Fall.
  • Die Zustandsverantwortlichkeit, die generell und abstrakt die Pflicht des Eigentümers begründet, von seinem Grundstück ausgehende Gefahren für die Allgemeinheit zu beseitigen, gilt im konkreten Fall ungeachtet der durch die Unterschutzstellung der Bäume ausgelösten Veränderungsverbote.
  • Nach der Rechtsprechung des BVerfG ist die in dem Zusammenhang von der Behörde zu beachtende Zumutbarkeitsgrenze für die polizeirechtliche Inanspruchnahme des Grundstückseigentümers (Opfergrenze) regelmäßig überschritten, wenn die Kosten für die Gefahrenabwehr oder Störungsbeseitigung die Höhe des Verkehrswerts des Grundstücks erreichen. Dies ist aber hier, so das OVG, bei Kosten von rund 2.150 Euro nicht der Fall.

Ergebnis

Wie in den vorangegangenen Verfahren bestätigte das OVG die Anordnung der Ordnungsbehörde als rechtmäßig.

Autor*in: Uwe Schmidt (Uwe Schmidt unterrichtete Ordnungsrecht, Verwaltungsrecht und Informationstechnik.)