10.04.2017

Dürfen Gemeinden Informationsfreiheitssatzungen erlassen?

Nachdem der Bund ein Informationsfreiheitsgesetz erlassen hatte, sind viele Gemeinden auf diesen Zug aufgesprungen und erließen selbst entsprechende satzungsrechtliche Regelungen. Die Informationsfreiheitssatzung einer bayerischen Gemeinde stand auf dem Prüfstand des VGH München (Beschl. vom 27.02.2017, Az. 4 N 16.461).

Informationsfreiheitssatzungen

Eine Gemeinde in Bayern hatte eine Informationsfreiheitssatzung erlassen. Diese erlaubt die Offenlegung von personenbezogenen Daten sowie die Preisgabe von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen. Ein in der Gemeinde tätiger Gewerbetreibender, der in einer Nachbargemeinde wohnte, verlangte Zugang zu solchen Informationen auf der Grundlage der Informationsfreiheitssatzung. Dieser wurde ihm mit der Begründung verweigert, nur Einwohner der Gemeinde könnten nach der Informationsfreiheitssatzung Zugang zu gemeindlichen Informationen erhalten. Der Gewerbetreibende klagte gegen die Satzung.

Die Gerichtsentscheidung

  • Gemeinden dürfen im Rahmen ihrer Zuständigkeit grundsätzlich freien Informationszugang gewähren und diesen Zugang auf Einwohner der Gemeinde beschränken.
  • Der Informationsfreiheitsatzung einer Gemeinde darf aber kein landesrechtliches Informationsfreiheitsgesetz entgegenstehen.
  • Die Informationsfreiheitssatzung, gegen die sich die Klage richtet, greift in ihrer konkreten Ausgestaltung in die Grundrechte der Betroffenen ein, weil sie die Offenlegung von personenbezogenen Daten sowie von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen erlaubt.
  • Für derartige Grundrechtseingriffe bedarf es nach ständiger Rechtsprechung einer besonderen gesetzlichen Ermächtigung in Form eines formellen Gesetzes. Die in der Gemeindeordnung des Landes verankerte allgemeine Befugnis von Gemeinden zum Erlass von Satzungen ist nicht ausreichend, um solche Grundrechtseingriffe zu rechtfertigen.
  • Zudem bleibt die gemeindliche Satzung hinter dem Schutzniveau des Landesdatenschutzgesetzes und anderer höherrangiger Gesetze zurück.
  • Die Revision gegen den Beschluss wurde nicht zugelassen.

Hinweis

  • Im Freistaat Bayern haben viele Gemeinden Informationsfreiheitssatzungen erlassen. Wir empfehlen diesen und auch den Gemeinden in anderen Bundesländern mit einer entsprechenden Satzung, diese eingehend anhand der Entscheidung des VGH München zu prüfen und ggf. zu ändern oder aufzuheben.

Der Volltext des Gerichtsurteils und die Informationsfreiheitssatzung der beklagten Gemeinde sind auf www.gesetze-bayern.de im Volltext zugänglich.

Autor*in: Uwe Schmidt (Uwe Schmidt unterrichtete Ordnungsrecht, Verwaltungsrecht und Informationstechnik.)