17.12.2009

Absender einer Briefsendung darf sich auf Postlaufzeiten verlassen

Die Deutsche Post AG ist nach der Post-Universaldienstleistungsverordnung verpflichtet, im Jahresdurchschnitt 80 % aller eingelieferten Briefsendungen bereits am nächsten Werktag beim Empfänger abzuliefern. Kann sich ein Briefschreiber darauf verlassen, wenn gesetzliche Fristen zu beachten sind? (OLG Hamm vom 17.02.2009, Az. 3 Ws 37/09).

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Die Deutsche Post AG ist nach der Post-Universaldienstleistungsverordnung verpflichtet, im Jahresdurchschnitt 80 % aller eingelieferten Briefsendungen bereits am nächsten Werktag beim Empfänger abzuliefern. Kann sich ein Briefschreiber darauf verlassen, wenn gesetzliche Fristen zu beachten sind? (OLG Hamm vom 17.02.2009, Az. 3 Ws 37/09).

§ 2 Nr. 3 Satz 1 der Post-Universaldienstleistungsverordnung (PUDLV) vom 15.12.1999 bestimmt für Inlandsdienstleistungen, dass von den an einem Werktag eingelieferten inländischen Briefsendungen – mit Ausnahme der Sendungen, die eine Mindesteinlieferungsmenge von 50 Stück je Einlieferungsvorgang voraussetzen – im Jahresdurchschnitt mindestens 80 v.H. an dem ersten auf den Einlieferungstag folgenden Werktag und 95 v.H. bis zum zweiten auf den Einlieferungstag folgenden Werktag ausgeliefert werden müssen.

Dies verinnerlicht, wurde eine Beschwerde einen Tag vor dem Fristablauf bei der Post eingeliefert. Der Postlauf dauerte aber zwei Tage und die Beschwerde erreichte den Empfänger erst einen Tag nach dem Fristablauf.

Die Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand wurde abgelehnt. Daher klagte der Betroffene zunächst erfolglos vor dem Landgericht Bielefeld und dann vor dem OLG Hamm.

Der Beschluss des Oberlandesgerichts Hamm

Das Gericht stellte zunächst fest, dass die Beschwerde verspätet eingelegt worden ist. Dann prüfte das OLG, ob dem Beschwerdeführer von Amts wegen gemäß §§ 44, 45 Abs. 2 Satz 2 StPO Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand gegen die Versäumung der Frist zum Erheben einer Beschwerde zu gewähren war. Dies setzt voraus, dass das Versäumen der Frist nicht auf einem Verschulden des Betroffenen beruht, sondern auf einer von ihm nicht vorhersehbaren Verzögerung der Postbeförderung.

Die Frage war: Durfte der Beschwerdeführer darauf vertrauen, dass seine Briefsendung am folgenden Werktag, also noch vor Ablauf der Beschwerdefrist, den Empfänger erreichen würde?

Absender darf auf Postlaufzeit vertrauen

Die PUDLV ist ein im Bundesgesetzblatt veröffentlichtes Gesetz, stellte das OLG Hamm fest. Durch die gesetzlich bestimmten Zustellungsquoten wird die Erwartung begründet, dass die Postlaufzeiten eingehalten werden. Daher kann der Absender einer Briefsendung grundsätzlich davon ausgehen, dass, wenn keine Besonderheiten vorliegen, Postsendungen im Inland, die an einem Werktag aufgegeben werden, am folgenden Werktag beim Empfänger eingehen (vgl. BGH, Beschluss vom 13.05.2004, Az. V ZB 62/03). Dies gilt auch für Einschreibesendungen, weil § 1 Abs. 2 PUDLV festgelegt, dass die Briefbeförderung auch die Sendungsform der Einschreibesendung umfasst.

Somit war dem Beschwerdeführer von Amts wegen gemäß §§ 44, 45 Abs. 2 Satz 2 StPO Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand gegen die Versäumung der Frist zum Erheben einer Beschwerde zu gewähren.

Hinweis für die Praxis

Den vom OLG Hamm entwickelten Vertrauensgrundsatz können Sie auch bei Entscheidungen über die Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand nach folgenden Vorschriften anwenden:

  • § 32 VwVfG bzw. entsprechende landesrechtliche Regelung (bei Fristen im Verwaltungsverfahren)
  • § 60 VwGO (bei Fristen im Rechtsbehelfs- bzw. Verwaltungsgerichtsverfahren)
  • § 52 OWiG (bei einem befristeten Rechtsbehelf gegen den Bescheid der Verwaltungsbehörde im Ordnungswidrigkeitenverfahren)
Autor*in: WEKA Redaktion