21.12.2015

Schadensprotokoll unterschrieben = Mangel anerkannt? So einfach liegt die Sache nicht

Der Fall: Der Betreiber einer Waschstraße sollte den Lack eines Autos reinigen und aufbereiten. Nach den Arbeiten wurden großflächige Lackabplatzungen festgestellt. Daraufhin forderte der Auftraggeber Schadensersatz. Durch seine Unterschrift unter ein Schadensprotokoll habe der Betrieb den Anspruch anerkannt. Im Protokoll sind der Schadensvorgang, der mögliche Verpflichtungsgrund und die geschätzte Höhe des Schadens festgehalten. Neben der Unterschrift des PKW-Besitzers ist zu lesen, dass das Protokoll nicht als Anerkenntnis zu werten ist. Das Landgericht gab der Klage des Auftraggebers nicht statt. Er ging in die Berufung.

Schadensprotokoll unterschrieben = Mangel anerkannt?

Das Urteil des OLG Hamburg:

Das Gericht weist die Berufung mit der Begründung zurück, dass es sich bei dem Schadensprotokoll nicht um ein konstitutives Anerkenntnis nach BGB §§ 780, 781 handelt. Dieses setzt nämlich voraus, dass die Parteien dem Auftraggeber einen selbstständigen Anspruch aus dem Anerkenntnis verschaffen wollen. Dem steht schon die Nennung des möglichen Verpflichtungsgrunds im Schadensprotokoll entgegen.

Es wurde auch kein Vertrag über ein deklaratorisches Schuldanerkenntnis geschlossen. Dazu hätten die Parteien erklären müssen, dass sie das Schuldverhältnis zwischen ihnen einem Streit oder der Ungewissheit entziehen wollen. Dann wäre das Anerkenntnis bindend, was aber auch bedeutet, dass Angebots- und Annahmeerklärung eindeutig feststellbar sein müssen.

Dagegen sprechen die Beschreibung des Schadensvorgangs in nur tatsächlicher Hinsicht, die Schätzung des Schadens und der Vermerk, dass das Protokoll nicht als Anerkenntnis zu werten ist. Dass ein Mitarbeiter des Fachbetriebs das Protokoll mit der Aussage überreicht hat, sein Arbeitgeber werde den Schaden ersetzen, kann der Auftraggeber bei den Gesamtumständen nicht so auslegen, dass ein über die Wirkung des Schadensprotokolls hinausgehendes Schuldanerkenntnis abgegeben werden sollte.

OLG Hamburg, Urteil vom 07.10.2014 – 8 U 138/13 (NZB zurückgenommen)

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Leitsatz:

Treten nach der Ausführung der Leistung Schäden auf und ist streitig, ob diese auf eine mangelhafte Ausführung der Arbeiten zurückzuführen sind, kann die Unterzeichnung eines „Schadensprotokolls“, in dem der Schadensvorgang spezifiziert geschildert und die Schadenshöhe geschätzt wird, nicht als Schuldanerkenntnis des Auftragnehmers gewertet werden.

 

Empfehlung für die Praxis:

Die Begründung eines konstitutiven Schuldanerkenntnisses dürfte nur in Ausnahmenfällen gelingen und ein deklaratorisches Anerkenntnis unterliegt immer noch strengen Voraussetzungen.

Das Unterschreiben eines Schadensprotokolls, das im Kern lediglich eine Bewertung des Zustands ist, begründet kein deklaratorisches Anerkenntnis. Denn dabei muss der Anspruch wenigstens dem Grunde nach anerkannt sein. Selbst wenn das der Fall wäre: Ein solches Anerkenntnis muss Beweiskraft entfalten. Das heißt, es ist für den Unterzeichner so lange bindend, bis er belegen kann, dass die Angaben im Protokoll falsch sind.

Diese Grundsätze gelten im Werkvertragsrecht allgemein, also auch (und gerade!) für Bauleistungen bzw. Stundenlohnarbeiten (BGH, IBR 2000, 307)

Autor*in: WEKA Redaktion