FAQ zum § 4 VOB/B. Bauausführung: häufige Fehler
Bei jeder Bauphase passieren immer wieder tückische Fehler. Jetzt werden Sie gezielt auf die häufigsten Fehler bei der Bauausführung aufmerksam gemacht. Die allgemeine Vertragsbedingungen für die Ausführung von Bauleistungen werden im § 4 VOB/B (Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen) dargestellt.

Die Phase der Bauausführung im Bauprozess folgt der Bauplanung und endet mit der Abnahme des Bauwerkes durch die Bauleitung oder den Bauherrn. Erfahren Sie, was muss bei dieser Phase beachtet werden, was sind die häufigsten Fehler, die man berücksichtigen soll und wie man die vermeiden kann.
Beschaffung von Baugenehmigungen für die Bauausführung ist Sache des Auftraggebers
Viele Auftragnehmer sind der Auffassung, sie seien als ausführendes Unternehmen per se zur Beschaffung der für das Bauen notwendigen Genehmigungen verantwortlich. Das ist indes nicht richtig. Die Grundregel beim VOB/B lautet, dass der Auftraggeber für alle notwendigen Baugenehmigungen zu sorgen hat (VOB/B § 4 Abs. 1 Nr. 1).
Das kann natürlich vertraglich anders geregelt sein. Das ist aber auch heute noch immer der Ausnahmefall.
Fehlen Ihnen also zur Bauausführung notwendige Genehmigungen, so bitten Sie Ihren Auftraggeber, diese zu beschaffen. Melden Sie notfalls Behinderung an, wenn Sie ohne die Baugenehmigung nicht bauen können.
Auftragnehmer baut nicht vereinbartes sondern gleichwertiges Material ein
Ein weiterer häufiger Fehler bei der Bauausführung besteht darin, dass der Auftragnehmer nicht das vereinbarte, sondern ein gleichwertiges Material einbaut.
Mit Ausnahme des öffentlichen Auftraggebers steht es jedem Bauherrn frei, ganz bestimmte Produkte auszuschreiben, ohne den Einbau eines gleichwertigen Produkts zu erlauben. In einem solchen Fall sollten Sie nicht ohne Zustimmung des Auftraggebers vom ausgeschriebenen Produkt abweichen.
Bauen Sie ein anderes Produkt ein, so kann der Auftraggeber dessen Ausbau und den Einbau des vereinbarten Produkts verlangen. Es kommt dabei nicht darauf an, ob das tatsächlich eingebaute Produkt dem ausgeschriebenen technisch gleichwertig ist.
Häufig wird ein auf seinen Vorteil bedachter Auftraggeber in einer solchen Situation rein taktisch vorgehen: Er wird zum Schein den Austausch des Produkts verlangen, ggf. auch mit einigem Nachdruck. Scheinbar großzügig bietet er dann aber an, das Problem finanziell – nämlich über eine Minderung – zu lösen.
Den Minderungsbetrag bemisst der Auftraggeber dann allerdings häufig so großzügig, dass dieser gegenüber dem Austausch gerade noch einen geringen Vorteil für den Auftragnehmer bedeutet. Mit anderen Worten: Bauen Sie das falsche Produkt ein, so kann der Auftraggeber Sie zumindest finanziell unter Druck setzen und letztendlich eine Minderung in einer Höhe, die objektiv gar nicht gerechtfertigt ist, durchsetzen.
Bedenkenanmeldung bei der Bauausführung erfolgt nicht schriftlich
Wenn Bedenken nicht schriftlich angemeldet werden, birgt dies die große Gefahr, dass sich die Bedenkenanmeldung später nicht beweisen lässt.
Eine der zentralen Pflichten des Auftragnehmers besteht darin, gegen die mangelhafte Planung des Auftraggebers oder gegen ungeeignete Vorleistungen Bedenken anzumelden. Das ist mittlerweile zwar Allgemeinwissen, dennoch kommt es hier immer wieder zu Fehlern mit teuren Folgen.
So beschränken sich manche Auftragnehmer darauf, Bedenken mündlich – etwa in einer Baubesprechung – anzumelden. Das birgt die große Gefahr, dass sich die Bedenkenanmeldung später nicht beweisen lässt. Das gilt auch dann, wenn die Bedenkenanmeldung zumindest stichwortartig in das Baubesprechungsprotokoll aufgenommen wird. Auch dann muss der Auftragnehmer im Nachhinein nämlich beweisen, dass seine Bedenkenanmeldung umfassend war und er den Auftraggeber insbesondere auch auf die drohenden Risiken hingewiesen hat.
Noch gefährlicher ist die Sachlage, wenn die Bedenkenanmeldung für die Bauausführung ausschließlich mündlich, d. h. auch nicht in einem Protokoll, erwähnt wird. Dann kann der Auftragnehmer ein gefährliches „Eigentor“ schießen.
Beispiel: Der Auftragnehmer hat gegen die von Auftraggeber geplante Ausführung Bedenken angemeldet, allerdings nur mündlich. Der Auftraggeber hat auf der geplanten Ausführung bestanden. Es kommt – wie vom Auftragnehmer befürchtet – zu Mängeln. Der Auftraggeber fordert den Auftragnehmer zur Mängelbeseitigung auf. Dieser verweist auf seine Bedenkenanmeldung. Die Sache geht vor Gericht.
Dort trägt der Auftragnehmer vor, er sei bereits vor der Ausführung auf das Problem gestoßen und habe auch Bedenken angemeldet. Die mündliche Bedenkenanmeldung kann er jedoch nicht beweisen, weil der Auftraggeber Gegenzeugen stellt. Das Gericht wird dem Auftragnehmer daraufhin eine erhebliche Mitverantwortung für den Mangel zusprechen. Denn aus dem Vortrag des Auftragnehmers ergibt sich, dass dieser das Problem erkannt hatte, sich des Risikos also voll bewusst war.
Die haftungsbefreiende Bedenkenanmeldung konnte der Auftragnehmer indes nicht beweisen. Die Behauptung der Bedenkenanmeldung (und die damit verbundene Kenntnis des Risikos) wird für ihn also zum Bumerang.
Deshalb gilt: Bedenken unbedingt schriftlich anzeigen. Achten Sie zudem darauf, dass Sie den Zugang der Bedenkenanmeldung beim Auftraggeber auch beweisen können. Hier empfiehlt sich entweder die Unterschrift des Auftraggebers unter der Bedenkenanmeldung oder die Versendung als Einwurf/Einschreiben.
Die Frage der Planung wird nicht eindeutig geregelt
Jetzt werden Sie als Auftragnehmer gezielt auf einen der häufigsten Fehler bei der Ausführung aufmerksam gemacht: Wer ist bei einem VOB/B-Vertrag für die Planung verantwortlich?
Bei einem VOB/B-Vertrag obliegt die Planung regelmäßig dem Auftraggeber (§ 3 Abs. 1 VOB/B). Das kann jedoch im Einzelfall anders sein. Heißt es im Bauvertrag z.B., dass der Auftragnehmer eine Leistung „schlüsselfertig“ oder „fix und fertig“ erbringt, so kann das auch etwaig notwendige Planungsleistungen umfassen. Das gilt gerade dann, wenn sich aus dem Bauvertrag nicht eindeutig ergibt, dass der Auftraggeber selbst Pläne erstellt hat oder erstellen wird.
Achten Sie deshalb möglichst darauf, dass die Frage, wer die Pläne erstellt, schon bei Vertragsabschluss eindeutig geregelt wird. Im Regelfall sollten Sie die Planung dem Auftraggeber überlassen, um die damit unzweifelhaft verbundenen Risiken zu vermeiden.
Planungsaufgaben sollten Sie nur dann selbst übernehmen, wenn Sie entweder über entsprechend qualifiziertes Personal verfügen oder auf ein fachlich versiertes und erfahrenes Ingenieurbüro zurückgreifen können.
In der Angebotsphase wird kalkulatorisch geprüft
In der Errichtungsphase treffen den Auftragnehmer naturgemäß umfassende Pflichten, deren Verletzung zu schweren, vor allem finanziellen Nachteilen führen kann. Den Fehler der kalkulatorischen Prüfung in der Angebotsphase sollten Sie daher im Rahmen der Bauausführung möglichst vermeiden.
Folgender Fall spielt sich nahezu alltäglich auf deutschen Baustellen ab: Der Auftraggeber hat eine Bauleistung ausgeschrieben. In der Errichtungsphase wird klar, dass stattdessen anders als ausgeschrieben gebaut werden muss bzw. zusätzliche Maßnahmen notwendig sind. Den daraufhin gestellten Nachtrag weist der Auftraggeber mit dem Argument zurück, der Auftragnehmer hätte „als Fachbetrieb“ schon bei Kalkulation seines Angebots erkennen müssen, dass tatsächlich nicht so wie ausgeschrieben gebaut werden könne. Jetzt sei es „zu spät“, dafür einen Nachtrag zu fordern.
Die Argumentation des Auftraggebers ist in aller Regel nicht haltbar. Denn der Auftragnehmer muss bei der Kalkulation, also vor Vertragsabschluss überhaupt nicht im Detail prüfen, ob die vom Auftraggeber ausgeschriebene Ausführungsvariante technisch überhaupt richtig oder machbar ist. Der Auftragnehmer muss sich in der Angebotsphase (im eigenen Interesse) letztlich nur bewusst darüber werden, ob und wie er die ausgeschriebenen Leistungen kalkulieren kann. Ob die Ausschreibung technisch tatsächlich richtig ist, kann er regelmäßig im Rahmen der relativ kurzen Angebotsfrist gar nicht abschließend beurteilen.
Etwas anderes gilt nur bei offensichtlichen Ausschreibungsfehlern, die dem Auftragnehmer schon bei der Kalkulation so ins Auge springen mussten, dass man sie schlichtweg nicht übersehen konnte (Beispiel: die Stärke einer Bodenplatte wird mit 0,2 mm ausgeschrieben).
Dieser Ausnahmefall darf jedoch von der oben genannten Regel nicht ablenken. Im Regelfall besteht eben gerade keine Pflicht zum Hinweis auf technische Bedenken. Lassen Sie sich von der gegenteiligen Argumentation des Auftraggebers nicht „ins Bockshorn“ jagen.