02.04.2018

Energieeinkauf: Vor- und Nachteile verschiedener Beschaffungsarten

Wer seinen Energieeinkauf neu organisieren will, wird von den Möglichkeiten förmlich erschlagen. Über 1.000 Anbieter wetteifern inzwischen darum, Kunden in Deutschland mit Energie zu beliefern. Dieser Grundlagenbeitrag will das Chaos ordnen. Er zeigt unterschiedliche Herangehensweisen auf, zwischen denen Unternehmen hier wählen können.

Energieeinkauf

Es erscheint fast absurd, weil die Möglichkeiten für den Energieeinkauf so unübersichtlich sind, aber: Wie viel Energie eigentlich kostet, hängt nicht von der Wahl des Anbieters ab. Der Preis bildet sich in einem transparenten Marktplatz, z.B. auf der Leipziger Strombörse EEX.

Energieeinkauf an der Börse: Beispiel EEX

Die EEX verkauft Strom für den kurzfristigen Bedarf (sprich: ein bis zwei Tage) auf dem Spotmarkt. Der Preis verändert sich hier relativ schnell mit Angebot und Nachfrage. Wenn etwa an einem Tag sowohl die Sonne scheint als auch ein starker Wind weht, steigt das Angebot an Strom aus erneuerbaren Energien, der Preis fällt.

Strom für den langfristigen Bedarf (bis zu sechs Jahre) wird auf dem Terminmarkt gehandelt. Dort kostet ein und dieselbe Menge Strom, die für ein und denselben definierten Zeitraum in der Zukunft geliefert wird, unterschiedlich viel – je nachdem, wann sie gekauft wird.

In der Theorie können Unternehmen ihren Strom direkt an der EEX beziehen, praktisch ist das aber mit erheblichem Aufwand verbunden: Ein Mitarbeiter müsste sich zum EEX-Händler ausbilden lassen; und um hier einigermaßen intelligent agieren zu können, braucht er tief gehende Fachkenntnisse. Für die meisten Unternehmen rentiert sich diese Möglichkeit schlichtweg nicht. Auch wir betrachten sie in diesem Beitrag nicht weiter. Neben der Direktkauf-Option gibt es aber viele weitere Möglichkeiten, um Strom einzukaufen.

Festpreismodell

Wer sich für das Festpreismodell entscheidet, kauft die gesamte benötigte Energiemenge zu einem vereinbarten festen Preis. In der Regel schließt ein Unternehmen hier einen Energieliefervertrag über eine Laufzeit von 12, 24 oder 36 Monaten ab. Auch wenn Energie innerhalb der Vertragslaufzeit billiger werden sollte oder sich das Verbrauchsverhalten des Unternehmens ändert, zahlt es den Preis, der zum Stichtag vereinbart wurde.

Das Festpreismodell eignet sich eher für kleine bis mittlere Abnahmemengen sowie für Unternehmen mit einer geringen Abhängigkeit von den Energiekosten.

Vorteile: Planungssicherheit, geringer Einsatz von unternehmensinternen Ressourcen (Personal, Know-how)

Nachteile: intransparente Preiszusammensetzung (Energielieferpreis, Deckungsbeitrag, Risiken), Unternehmen kauft gesamten Strombedarf u.U. zu einem ungünstigen Zeitpunkt

Tranchenbeschaffung

Hier kauft das Unternehmen zu mehreren Zeitpunkten mehrere Teilmengen seines Energiebedarfs ein. Der Gesamtpreis ergibt sich als Mittel aus den beschafften Teilmengen. Der Käufer kann die Einkaufszeitpunkte selbst bestimmen und damit auch die Zahl der Trancheneinkäufe. Alternativ delegiert er diese Aufgabe ein seinen Energieversorger oder Dienstleister. Grundlegend gilt: Je höher die Zahl der Tranchen, desto höher die Risikostreuung.

Die Tranchenbeschaffung kann eine Option für energieintensive Betriebe sein.

Vorteile: Reduzierung des Preisrisikos, transparentere Preiszusammensetzung (Energiepreis und Dienstleistungsentgelt muss der Versorger getrennt ausweisen).

Nachteile: U.U. Fachwissen im eigenen Unternehmen erforderlich, höherer administrativer und personeller Aufwand,

Einkaufsgemeinschaften

Je mehr, desto billiger: Einkaufsgemeinschaften setzen auf einen Mengenrabatt beim Energieeinkauf. Sie schließen Rahmenverträge mit einheitlichen Strompreisen für ihre Mitglieder ab.

Vorteile: günstigerer Gesamtpreis möglich durch Mengenrabatte

Nachteile: einzelne Mitglieder finanzieren u.U. den günstigen Strompreis anderer Mitglieder, mangelnde Transparenz

Portfoliomanagement

Diese Beschaffungsvariante unterscheidet sich von anderen Einkaufsstrategien primär durch ihren verstärkten Dienstleistungscharakter. Beim Portfoliomanagement zerlegt der Energiehändler die Lastprofile des Unternehmens für Erdgas und Strom in großhandelsfähige Produkte. Dies geschieht für gewünschte Lieferperioden. Einkaufszeitpunkte kann ein Unternehmen selbst bestimmen und damit schnell reagieren. Mit Über- oder Unterdeckung des Verbrauchs handelt der Dienstleister am Spotmarkt.

Da bei dieser Art des Energieeinkaufs bestimmte Mindestvolumina einzuhalten sind, eignet sich das Portfoliomanagement vor allem für Kunden mit hohem Strombedarf oder für Unternehmen mit mehreren Standorten.

Vorteile: Höhere Chance auf günstige Preise, Zugang zum freien Energiemarkt ohne Aufbau einer eigenen Handelsabteilung, transparente Preisbildung

Nachteile: Aufwand im Unternehmen selbst, kontinuierliche Bindung von Ressourcen, Einsparpotenziale nur bei großem Energiebedarf

Autor*in: WEKA Redaktion